Dornenschwestern (German Edition)
verloren», sage ich. «Ich bin mit meinem Retter verheiratet. Ich habe keine Macht, so wenig wie Isabel, so wenig wie du. Ich kann nichts für dich tun, was gegen den Willen meines Gemahls wäre. Du musst – genau wie ich und Isabel – deinen Frieden damit machen, geschlagen worden zu sein.»
Farleigh Hungerford Castle, Somerset
14 . August 1473
I ch bin unendlich erleichtert, dass ich die Burg und meine schwermütige Mutter hinter mir lassen und zu Isabel nach Norton St. Philip in Somerset reisen kann, um ihr bei der Geburt ihres Kindes beizustehen. Isabel ist bereits im rituellen Rückzug, als ich ankomme, und ich geselle mich in den abgedunkelten Gemächern zu ihr. Das Kind kommt früh, und die zwei Tage Wehen bereiten ihr keine allzu schlimmen Schmerzen, auch wenn sie am Ende sehr erschöpft ist. Die Hebamme reicht mir das Kind.
«Ein Mädchen.»
«Ein Mädchen!», rufe ich aus. «Schau, Iz, was für eine hübsche Tochter du hast!»
Sie würdigt das perfekte Gesicht der Kleinen kaum eines Blickes, dabei ist es so glatt und blass wie eine Perle, und sie hat dunkle Wimpern.
«Oh, ein Mädchen», sagt sie bedrückt.
«Beim nächsten Mal habt Ihr mehr Glück», bemerkt die Hebamme trocken, als sie die blutbefleckten Laken zusammenrafft, sich die Hände an der schmutzigen Schürze abwischt und sich nach einem Glas Ale umsieht.
«Aber es ist doch schon das größte Glück!», protestiere ich. «Sieh doch nur, wie schön sie ist, Iz! Schau sie dir an, sie weint nicht einmal!»
Das kleine Mädchen öffnet den Mund und gähnt und ist reizend wie ein junges Kätzchen. Iz streckt nicht die Arme nach ihr aus.
«George wollte unbedingt einen Jungen», sagt sie nur. «Dafür wird er mir nicht danken. Er wird es als Versagen betrachten.»
«Vielleicht wird es das nächste Mal ein Junge?»
«Und
sie
kriegt eins nach dem anderen», sagt Isabel gereizt. «George sagt, gewiss werde bald ihre Gesundheit darunter leiden. Sie kriegen fast jedes Jahr eins. Irgendwann bringt sie doch sicher mal eines im Wochenbett um, oder?»
Ich bekreuzige mich angesichts ihrer bösartigen Bemerkung. «Fast immer Mädchen», erwidere ich, um sie zu trösten.
«Einen Jungen haben sie bereits, und damit einen Prince of Wales, und das Nächste erwarten sie diesen Monat. Was ist, wenn sie einen zweiten Jungen unter dem Herzen trägt? Dann hat sie zwei Söhne, die den Thron erben können, den ihr Vater an sich gerissen hat. Wie soll George je auf den Thron kommen, wenn sie noch mehr Söhne gebiert?»
«Scht», sage ich augenblicklich. Die Hebamme hat uns den Rücken gekehrt, und die Amme kommt gerade herein, während die Magd die Leinentücher wegräumt und die Laken am großen Bett umschlägt. Ich habe trotzdem Angst, man könnte uns belauschen. «Isabel, sag so etwas nicht. Besonders nicht in Gegenwart anderer.»
«Warum nicht? George war Edwards Erbe. Darauf hatten sie sich geeinigt. Doch sie kriegt ein Kind nach dem anderen, als wollte sie gar nicht mehr damit aufhören, wie eine ferkelnde Sau. Warum schenkt Gott ihr einen Sohn? Warum macht er sie so fruchtbar? Warum lässt er nicht die Pest auf sie niederregnen und fegt sie und ihr Kind in die Hölle?»
Ich bin so bestürzt über diesen plötzlichen boshaften Ausbruch so kurz nach der Geburt, dass ich keinen Ton herausbringe und mich von ihr abwende, um das Mädchen der Amme zu reichen. Sie lässt sich in einem Schaukelstuhl nieder, nimmt die Kleine an die Brust und streicht über das Köpfchen mit dem dunklen, weichen Flaum. Mit grimmiger Miene helfe ich Isabel in das große Bett.
«Ich weiß, dass das weder deine noch Georges Worte sind», sage ich entschieden. «Denn es ist Hochverrat, gegen den König und seine Familie zu sprechen. Du bist müde von der Geburt und trunken vom Bier. Iz, du darfst so etwas nie wieder sagen, nicht einmal zu mir.»
Sie winkt mich näher und flüstert mir ins Ohr. «Unser Vater hätte sicherlich gewollt, dass George seinen Bruder herausfordert, die Krone übernimmt und mich zur Königin macht. Dein Gemahl wäre dann der Nächste in der Thronfolge. Dieses Kind ist ein Mädchen, es zählt nicht. Unser Vater hat sich doch nichts sehnlicher gewünscht, als dass eine von uns Königin von England wird und sein Enkelsohn Prince of Wales.»
Ich löse mich von ihr. «Es hat ihn das Leben gekostet», versetze ich barsch. «Er ist in den Tod geritten. Und unsere Mutter ist eine Gefangene, und wir beide sind mehr oder weniger Waisen.»
«Wenn George siegen
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