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Dornenschwestern (German Edition)

Dornenschwestern (German Edition)

Titel: Dornenschwestern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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würde, wäre das das Einzige, wofür sich die ganze Plackerei gelohnt hätte», entgegnet sie stur. «Wenn George Anspruch auf den Thron erheben würde, würde Vater Frieden finden.»
    Ich fahre zusammen bei dem Gedanken, mein Vater könnte keinen Frieden finden.
    «Nicht, Iz», sage ich hastig. «Ich lasse in allen unseren Kirchen Messen für seine Seele lesen. Sag so etwas nicht. Schau, ich lass dich jetzt ein wenig ruhen. Das Bier ist dir in den Kopf gestiegen. Du solltest so etwas nicht sagen, und ich will es nicht hören. Ich bin mit einem treuen Bruder des Königs verheiratet, genau wie du. Belass es dabei. Alles andere würde uns nur in Gefahr bringen und in einer Niederlage enden. Es wäre ein Schwertstoß ins Herz.»

    Wir erwähnen das Gespräch nie wieder, und als ich sie verlasse und George mir persönlich aufs Pferd hilft und sich bei mir für meinen Beistand bedankt, wünsche ich ihm viel Glück und dass das Kind gesund heranwächst.
    «Vielleicht bekommt sie das nächste Mal einen Jungen», sagt er. Ein unzufriedener Ausdruck liegt auf seinem hübschen Gesicht, sein Charme wird überschattet von diesem Rückschlag. Er hat die Mundwinkel nach unten gezogen, wo er doch gemeinhin so gern lächelt. Er schmollt wie ein verwöhntes Balg.
    Einen Moment möchte ich ihn daran erinnern, dass sie einen wunderschönen kleinen Jungen zur Welt gebracht hat, ihren Erben, der jetzt mit seinen drei Jahren munter durch die Halle hätte rennen können. «Vielleicht das nächste Mal», versuche ich ihn zu trösten. «Aber es ist ein sehr hübsches Mädchen und trinkt gut und ist kräftig.»
    «Kräftiger als dein Junge?», fragt er gehässig. «Wie nennst du ihn noch: Edward? In Erinnerung an deinen toten Gemahl? Seltsamer Tribut.»
    «Natürlich nach König Edward», sage ich und beiße mir auf die Lippe.
    «Und ist unsere Kleine kräftiger als dein Sohn?»
    «Ja, ich glaube schon.» Es schmerzt mich, es einzugestehen, doch die kleine Margaret ist ein munteres, hungriges Baby, das von Anfang an gut gedeiht, während mein Junge still ist und nur langsam heranwächst.
    Er zuckt die Achseln. «Na, es ist egal. Ein Mädchen taugt nichts. Ein Mädchen kann nicht den Thron übernehmen.» Er wendet sich ab.
    Einen Augenblick überlege ich, ihn zu warnen, dass solches Gerede Verrat ist. Doch dann fasse ich mit meinen kalten Händen die Zügel. Besser, ich reite nach Hause.

Baynard’s Castle, London

Sommer 1473
    I ch treffe Richard in Baynard’s Castle, dem Londoner Heim seiner Familie, und zu meiner Erleichterung weilt der Hof nicht in London, und in der Stadt herrscht Ruhe. Elizabeth, die Königin, hat sich für die Geburt ihres Kindes – des zweiten Sohnes, wie Isabel befürchtete – nach Shrewsbury zurückgezogen, und der vernarrte König ist ihr gefolgt. Gewiss werden sie fröhlich die Geburt eines weiteren Sohnes feiern, der ihre Linie sichert. Mir ist es egal, ob sie noch einen Sohn bekommt oder zwanzig – Richard ist drei Schritte vom Thron entfernt, ein vierter ändert da nicht viel. Einen Anflug von Gereiztheit angesichts ihrer nicht nachlassenden Fruchtbarkeit kann ich jedoch nicht verhehlen.
    Zu Ehren seines Großvaters und seines Onkels, meines Gemahls, nennen sie ihn Richard. Richard freut sich für sie, weil er seinem Bruder so zugetan ist. Ich bin nur froh, dass sie weit fort in Shrewsbury sind und ich nicht mit den übrigen Hofdamen aufgefordert werde, mich über die Wiege zu beugen und ihr zu einem weiteren kräftigen Jungen zu gratulieren. Ich wünsche ihr und ihrem Neugeborenen alles Gute, wie jeder Frau im Kindbett. Doch ich will nicht sehen, wie sie triumphiert.
    Die übrigen Lords und Höflinge sind über den Sommer auf ihren Besitzungen, niemand will während der heißen Pestmonate in London sein. Also werden Richard und ich nicht lange bleiben, sondern uns bald auf die lange Reise gen Norden nach Middleham machen. Zu unserem Sohn.
    Am Tag der geplanten Abreise gehe ich zu Richard, um ihm zu sagen, dass ich in einer Stunde fertig sein kann. Ich finde ihn in seinem Audienzzimmer, die Tür ist geschlossen. Hier nimmt Richard Petitionen entgegen, hier bitten die Leute ihn um sein Urteil oder seine Großzügigkeit. Als Zeichen, dass er ein guter Herrscher sein will, ist die Tür immer offen. Es ist sein Thronsaal, der allen geöffnet ist, denn die Menschen sollen dem jüngsten Sohn von York dabei zusehen können, wie er sich kümmert und das Reich regiert. Ich öffne die Tür und gehe hinein. Die

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