Dornenschwestern (German Edition)
ihr Haushalt. Es werden keine Nachrichten weitergereicht, keine Hausierer oder Kesselflicker zu ihr gelassen. Jeder, der kommt und geht, wird durchsucht. Sie empfängt niemanden, sie spricht mit niemandem. Verstanden?»
«Ja, Euer Gnaden.»
«Sie ist eine Verräterin und eine Lügnerin. Sie ist unsere Widersacherin. Sie ist die Feindin des Herzogs und meine Feindin und die unseres kostbaren Sohnes. Der Herzog ist hart gegen seine Feinde. Und fortan bist du hart zu ihr.»
Middleham Castle, Yorkshire
Frühjahr 1475
I ch glaube, ich werde zu einer Frau mit einem Herz aus Stein. Aus dem Mädchen, das sich einst vor der mütterlichen Missbilligung fürchtete, sich an seine große Schwester klammerte und seinen Vater vergötterte, ist eine achtzehnjährige Herzogin geworden, die ihrem Haushalt befiehlt, ihre Mutter wie eine Feindin zu bewachen, und mit großer Sorgfalt an ihre Schwester schreibt. Richard warnt mich, dass sein Bruder George sich zu einem gefährlich unverhohlenen Kritiker des Königs entwickele und Isabel uneingeschränkt hinter ihm stehe. Wir müssen achtgeben, dass wir nicht mit ihnen in einen Topf geworfen werden.
Er muss mich nicht überzeugen. Wenn sie ein solches Wagnis eingehen, möchte ich nicht mit ihnen in Verbindung gebracht werden. Als Isabel mir schreibt, sie bereite sich auf ihre Niederkunft vor und hätte mich gern bei sich, schlage ich aus. Abgesehen davon kann ich Isabel nicht in die Augen sehen, solange unsere Mutter in meiner Obhut ist, eingesperrt für den Rest ihres Lebens. Ich wage es nicht, Isabel von den schrecklichen Drohungen meiner Mutter zu erzählen, die mir noch in den Ohren hallen und Nacht für Nacht durch meine Träume geistern. Isabel weiß inzwischen, dass wir Mutter für tot haben erklären lassen, damit wir ihren Besitz an uns bringen und unseren Gemahlen geben konnten. Ich fühle mich wie eine Mörderin, als hätten wir beide Blut an den Händen. Und was würde ich antworten, wenn Isabel mich fragte, ob meine Mutter gut versorgt ist? Ob sie ihre Gefangenschaft mit Geduld erträgt? Was, wenn sie mich bäte, unsere Mutter gehen zu lassen?
Niemals würde ich zugeben, dass meine Mutter in ihrem Turm eingesperrt ist, damit sie nicht über meine Ehe sprechen kann. Ich kann Isabel nicht sagen, dass unsere Ehemänner nicht nur unsere Mutter für tot erklärt haben, sondern dass ich wünschte, sie sei tatsächlich tot oder würde wenigstens für immer schweigen.
Ich habe Angst davor, was Isabel denkt. Hat sie das Dokument, das meine Mutter für tot erklärt, mit derselben Sorgfalt gelesen? Hat sie einen Verdacht geschöpft wegen meiner Heirat? Womöglich erzählt George herum, ich sei die Metze des Herzogs so wie Elizabeth Woodville die Hure des Königs, und es gebe nur einen Sohn von York mit einer rechtmäßig angetrauten Gemahlin. Deshalb schreibe ich Isabel, ich könne ihr bei der Geburt nicht beistehen, die Zeiten seien zu schwierig.
Isabel antwortet im März, es tue ihr leid, dass ich nicht habe kommen können, und dass sie gute Nachrichten habe. Endlich hat sie einen Sohn und Erben geboren. Auch er wird Edward getauft und nach seinem Geburtsort und der Grafschaft seines Großvaters benannt. Er heißt Edward of Warwick, und sie hofft, dass ich mich für sie freue. Ich versuche es. Doch ich kann nur daran denken, dass George, wenn er einen Vorstoß auf den Thron macht, allen Verrätern, die sich mit ihm zusammentun, seine persönliche königliche Familie präsentieren kann: einen Anwärter und jetzt auch einen Erben. Ich schreibe Isabel, dass ich mich für sie und ihren Sohn freue und ihr alles Gute wünsche. Doch ich schicke keine Geschenke, und ich bitte auch nicht um die Patenschaft. Ich habe Angst, was George für den kleinen Jungen plant, diesen neuen Warwick, den Enkel von Warwick, dem Königsmacher.
Während mich die Worte meiner Mutter und meine Ängste um meinen Sohn quälen, hat sich das Land in halsbrecherischem Tempo in einen Krieg gegen Frankreich hineinmanövriert, und der Frieden ist vergessen, denn Steuern müssen erhöht, Soldaten rekrutiert, Waffen geschmiedet, Schuhe geflickt und Uniformen genäht werden. Richard ist damit beschäftigt, eine Armee aufzustellen und Pächter, Gefolgsleute, Diener und alle, die ihm ihre Loyalität angetragen haben, einzuberufen. Die Edelleute müssen ihre eigenen Pächter von ihren Gütern zur Verfügung stellen, Städte Kapital aufbringen und Lehrlinge schicken. In großer Eile zieht Richard seine Männer ein und
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