Dornenschwestern (German Edition)
angehört», gestehe ich. «Weil ich an der Tür gelauscht habe. Es geht nicht um das Geld, Iz, Mutters Erbe. Es ist schlimmer.» Ich senke die Stimme. «Ich hege die starke Befürchtung, dass George den König herausfordern will.»
Sie sieht sich augenblicklich um, doch in dem lärmenden Hof beachtet uns niemand. «Hat er das zu Richard gesagt? Bist du dir sicher?»
«Hast du das nicht gewusst?»
«Die ganze Zeit kommen Männer zu ihm, er schart seine Leute um sich, er zieht Astrologen zurate. Aber ich dachte, es ginge um die Invasion Frankreichs. Er hat mehr als tausend Männer mitgenommen. Er und Richard haben die größte Armee, zahlenmäßig der des Königs weit überlegen. Ich dachte, George würde die Männer für seinen Bruder Edward einziehen. Wenn er eine Armee aufgestellt hat, um Edward zu unterstützen, wird er wohl kaum Anspruch auf den Thron erheben, oder?»
«Glaubt er wirklich, Edward habe keinen rechtmäßigen Anspruch auf den Thron?», frage ich neugierig. «Denn das hat er zu Richard gesagt.»
Isabel zuckt die Achseln. «Wir wissen alle, was geredet wird. Edward sieht seinem Vater überhaupt nicht ähnlich, und er wurde außerhalb des Landes geboren in einer Zeit, als sein Vater gegen die Franzosen kämpfte. Es gab immer schon Gerüchte um ihn.» Sie schaut zur königlichen Familie hinüber. Die Königin sitzt inmitten ihrer wunderschönen Kinder und lacht über etwas, was ihre Tochter Elizabeth gesagt hat. «Und was die Eheschließung angeht: Niemand hat sie bezeugt. Woher wollen wir wissen, dass sie wirklich vor einem richtigen Priester geschlossen wurde?»
Ich bringe es nicht über mich, mit Isabel über ungültige Ehen zu sprechen. «Davon will mein Gemahl kein Wort hören», sage ich. «Ich kann nicht darüber reden.»
«Erzählt deine Schwester dir alles über ihr Neugeborenes?», ruft die Königin uns quer durch den Raum zu. «Wir haben ja so viele Edwards, nicht wahr? Jetzt haben wir alle einen Edward.»
«Viele Edwards, doch nur einen Prinzen», erwidert meine Schwester würdevoll. «Und du und Euer Gnaden, der König, seid mit vielen Kindern gesegnet.»
Selbstgefällig betrachtet Königin Elizabeth die Mädchen, die mit ihrem Bruder, dem Prince of Wales, spielen. «Gott segne sie alle», sagt sie freundlich. «Ich hoffe, so viele zu bekommen wie meine Mutter, sie hat ihrem Gemahl vierzehn Kinder geschenkt. Lasst uns alle hoffen, so fruchtbar zu sein wie unsere Mütter!»
Isabel erstarrt, das Lächeln verschwindet von ihrem Gesicht. Die Königin wendet sich ab, um das Wort an jemand anderen zu richten.
«Was ist los, Iz?», frage ich drängend.
«Sie hat uns gerade verflucht», flüstert sie mit dünner Stimme. «Hast du gehört? Sie hat uns verflucht, Kinder zu bekommen wie unsere Mutter. Zwei Mädchen.»
«Das hat sie nicht», erwidere ich. «Sie hat nur von den vierzehn Kindern ihrer Mutter gesprochen.»
Isabel schüttelt den Kopf. «Sie weiß, dass George den Thron erbt, wenn ihre Söhne sterben. Und sie will nicht, dass mein Junge ihn beerbt. Sie hat gerade unsere Söhne verflucht und ihnen den Tod gewünscht.»
Isabel ist sehr erschüttert, und ich führe sie hinter ein paar Leute, die laut einen neuen Tanz einüben, wo die Königin sie nicht sehen kann. Niemand achtet auf uns. An einem offenen Fenster bleiben wir stehen, bis ihre Wangen wieder Farbe haben.
«Iz, du brauchst doch nicht solche Angst vor der Königin zu haben», sage ich besorgt, «und hinter allem, was sie sagt, Flüche und Hexenwerk zu vermuten. Du darfst sie nicht die ganze Zeit verdächtigen und deine Ängste laut aussprechen. Wir haben uns darauf geeinigt, dass der König George vergeben hat. Und unser Vermögen haben wir bekommen. Richard und George mögen eine Auseinandersetzung über die Zukunft führen, doch wir sollten in Frieden leben.»
Immer noch ängstlich, schüttelt sie den Kopf. «Du weißt, dass wir keinen Frieden haben. Was wohl im Augenblick in Frankreich geschieht? Ich dachte, mein Gemahl hätte eine Armee aufgestellt, um seinen Bruder, den König, zu unterstützen. Doch er befehligt tausend Mann, und sie werden tun, was er will. Was ist, wenn George sich gegen den König wendet? Womöglich hat er es die ganze Zeit geplant. Was ist, wenn er Edward in Frankreich tötet und zurückkommt, um den Rivers den Thron zu entreißen?»
Die darauffolgenden Wochen warten Isabel und ich ängstlich, während wir uns fragen, ob die englische Armee nicht gegen die Franzosen, sondern gegen sich
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