Dornenschwestern (German Edition)
burgundischen Verwandten gegen seine ureigenen Interessen verstoßen. Zu allem Überfluss will König Edward seine Schwester Margaret mit dem Herzog von Burgund verheiraten. Die ganze Arbeit meines Vaters mit der Großmacht Frankreich ist zunichtegemacht durch diese plötzliche Freundschaft mit dem Feind. Edward verscherzt es sich mit Frankreich, und die Bemühungen meines Vaters, freundschaftliche Bande zu knüpfen, waren vergebens.
Und was für Ehen die Königin schmiedet, um ihre Familie ganz nach oben zu bringen! Kaum ist sie gekrönt, verheiratet sie fast alle hochgeborenen wohlhabenden jungen Männer in England mit ihren unzähligen Schwestern. Der junge Henry Stafford, der Duke of Buckingham, den meine Eltern für mich ausgewählt hatten, wird von ihr in die Ehe mit ihrer Schwester Katherine gedrängt – dem kleinen Mädchen, das beim Krönungsmahl an unserem Tisch saß. Dieses Kind, geboren und aufgewachsen in einem Landhaus in Grafton, wird Herzogin. Obwohl die beiden nicht älter sind als ich, verheiratet die Königin sie miteinander, zieht sie in ihrem Haushalt als ihre Mündel groß und nutzt das Stafford-Vermögen zu ihrem eigenen Vorteil. Meine Mutter sagt, dass die stolzen Staffords ihr das nie verzeihen werden – und wir auch nicht. Der kleine Henry ist so kränklich, als hätte ihn jemand vergiftet. Er kann seine Abkunft bis zu den Königen von England zurückverfolgen, und er wird mit der kleinen Katherine Woodville verheiratet und bekommt einen gewöhnlichen Gutsherrn zum Schwiegervater.
Ihre Brüder verheiratet sie mit allen, die Geld besitzen oder einen Titel. Ihr gutaussehender Bruder Anthony bekommt eine Gemahlin, deren Titel ihn zum Baron Scales macht; doch uns schlägt die Königin keine Heirat vor. Es ist, als hätten wir in dem Augenblick für sie aufgehört zu existieren, da Vater ablehnte, uns an ihren Hof zu schicken. Sie sucht weder Isabel noch mir einen passenden Gemahl. Meine Mutter bemerkt meinem Vater gegenüber, dass wir uns niemals zu einem von den Rivers herabgelassen hätten – mögen sie sich auch noch so hoch hinaufschwingen –, doch das alles bedeutet, dass für mich noch keine Heirat arrangiert ist, obwohl ich im Juni zwölf werde, und für Isabel ist es noch schlimmer als Kammerfräulein in Mutters Gefolge und weit und breit kein Heiratskandidat in Sicht, obwohl sie schon sechzehn ist. Da meine Mutter, kaum der Wiege entwachsen, verlobt und schon mit vierzehn verheiratet war, wird Isabel mit jedem Tag ungeduldiger und hat immer mehr das Gefühl, im Wettrennen zum Altar das Nachsehen zu haben. Es ist, als wären wir unsichtbar geworden, wie Mädchen in einem Märchen, die unter einem Fluch leiden, während Königin Elizabeth ihre Schwestern und Cousinen mit sämtlichen wohlhabenden jungen Adligen Englands verheiratet.
«Vielleicht heiratest du einen ausländischen Prinzen», versuche ich Isabel zu trösten. «Wenn wir zurück nach Hause nach Calais gehen, sucht Vater dir einen französischen Prinzen. Sie planen gewiss so etwas für uns.»
Wir sind im Frauengemach in Warwick Castle und sollen eigentlich zeichnen. Isabel hat eine hübsche Skizze der Landschaft draußen vor dem Fenster vor sich und ich eine Kritzelei, die einen Strauß Primeln darstellen soll, frisch gepflückt an den Ufern des Avon, daneben Richards Laute.
«Was bist du nur für eine Närrin», sagt sie vernichtend. «Was soll uns denn ein französischer Prinz nützen? Wir brauchen eine Verbindung zum Thron von England. Der neue König sitzt auf dem Thron, und seine Frau gebiert ihm nichts als Mädchen. Wir müssen in der Thronfolge sein. Wir müssen versuchen, Einfluss zu nehmen. Du bist so dumm wie eine Gänsemagd.»
Ich brause nicht einmal auf angesichts dieser Beleidigung. «Warum brauchen wir eine Verbindung zum Thron von England?»
«Unser Vater hat das Haus York nicht auf den Thron von England gebracht, um
ihnen
zu dienen», erklärt sie mir. «Unser Vater hat die Yorks auf den Thron gesetzt, um sie zu befehligen. Vater wollte in England die Fäden ziehen. Edward war ihm wie ein jüngerer Bruder, Vater wollte sein Herr sein. Das weiß doch jeder.»
Ich nicht.
Ich dachte, mein Vater hätte für die Yorks gekämpft, weil sie die rechtmäßigen Erben wären, weil Königin Margarete von Anjou eine böse Frau und der König in tiefem Schlaf versunken ist.
«Doch jetzt, da König Edward nur noch von seiner Gemahlin und ihrer Familie beraten wird, brauchen wir Zugang zu diesem Familienkreis, um
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