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Dornenschwestern (German Edition)

Dornenschwestern (German Edition)

Titel: Dornenschwestern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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heißt, der König habe Eurem Vater ins Gesicht gesagt, er werde niemals erlauben, dass seine Brüder Euch beide heiraten.»
    «Aus welchem Grund? Vater ist gewiss sehr aufgebracht.»
    «Er will andere Verbindungen für sie, Allianzen mit Frankreich oder den Niederlanden vielleicht, Flandern oder Deutschland. Wer weiß? Er will Prinzessinnen für sie. Die Königin wird wohl nach ihren weiblichen Verwandten in Burgund schauen und zweifellos ein paar geeignete Kandidatinnen vorschlagen. Euer Vater hat das Gefühl, beleidigt worden zu sein.»
    «Wir sind beleidigt worden», beteuere ich. Doch dann werde ich unsicher. «Oder?»
    Sie nickt nachdrücklich und bedeutet den Dienern, das Zimmer zu verlassen.
    «Ja. Sie finden keine schöneren Mädchen für die Brüder des Königs, und wenn sie bis nach Jerusalem ziehen. Der König, Gott segne ihn, ist schlecht beraten, die Neville-Mädchen zu verschmähen und Euren Vater zu kränken, der ihn zu dem gemacht hat, der er heute ist.»
    «Wer sagt ihm, er solle es anderswo versuchen?», frage ich, auch wenn ich die Antwort schon kenne. «Wer berät ihn schlecht?»
    Sie wendet den Kopf und spuckt ins Feuer. «Sie», antwortet sie.
    Und wir alle wissen, wer «sie» ist.

    Ich gehe in die Halle zurück. Richard, der Bruder des Königs, ist ins Gespräch mit seinem Lehrer vertieft. Vermutlich fragt er ihn auch nach den Neuigkeiten. Er schaut zu mir herüber, und ich bin überzeugt, dass sie über mich sprechen und sein Lehrer ihm gerade gesagt hat, dass wir nicht einander versprochen werden, dass die Königin, obwohl sie selbst den Mann ihrer Wahl geheiratet hat, für uns lieblose Verbindungen knüpfen wird. Richard bekommt eine Prinzessin oder eine Herzogin aus dem Ausland. Mit einem leichten Stich der Verärgerung bemerke ich, dass er nicht im Geringsten erschüttert zu sein scheint. Er sieht aus, als wäre es ihm gleichgültig, dass er nicht den Befehl erhält, ein kleines, braunhaariges, hellhäutiges dünnes Mädchen zu heiraten, das weder besonders groß ist noch blondes Haar hat noch den geringsten Ansatz von Brüsten. Ich werfe den Kopf hoch, als wäre es mir ebenfalls gleichgültig. Ich hätte ihn sowieso nicht geheiratet, selbst wenn sie mich alle angefleht hätten. Und wenn ich plötzlich zu einer Schönheit heranwachse, wird es ihm noch leidtun, dass er mich nicht bekommen hat.
    «Hast du gehört?», fragt er und kommt mit seinem zurückhaltenden Lächeln zu mir herüber. «Mein Bruder, der König, sagt, wir werden nicht heiraten. Er hat andere Pläne mit mir.»
    «Ich wollte dich sowieso nie heiraten», sage ich beleidigt. «Also bilde dir bloß nichts ein.»
    «Dein Vater hat es doch vorgeschlagen», erwidert er.
    «Nun, der König wird schon jemanden für dich im Sinn haben», sage ich verärgert. «Zweifellos eine Schwester der Königin. Oder eine Cousine, oder vielleicht eine Großtante, ein altes zahnloses Weib mit Hakennase. Sie hat ihren kleinen Bruder John mit meiner Großtante verheiratet, pass nur auf, dass sie dich nicht mit einer adligen Alten vermählt. Die Leute haben es eine teuflische Verbindung genannt …«
    Er schüttelt den Kopf. «Mein Bruder sucht mir gewiss eine Prinzessin aus», sagt er selbstbewusst. «Er ist ein guter Bruder und weiß, dass ich ihm mit Herz und Seele treu bin. Zudem bin ich im heiratsfähigen Alter, und du bist noch ein kleines Mädchen.»
    «Ich bin elf», entgegne ich voller Würde. «Aber ihr York-Jungen meint alle, ihr wärt etwas Besonderes. Ihr glaubt, ihr wärt erwachsen zur Welt gekommen und nähmt eine hohe Stellung wie ein Lord ein. Vergesst bloß nicht, dass ihr ohne meinen Vater nirgendwo wärt.»
    «Das habe ich nicht vergessen.» Wie ein Ritter aus einem Märchen legt er sich die Hand aufs Herz und deutet eine seltsame kleine Verneigung an, als wäre ich eine erwachsene Lady. «Und es tut mir leid, dass wir nicht heiraten, kleine Anne, denn ich bin überzeugt, du wärst eine ausgezeichnete Herzogin geworden. Ich hoffe, du bekommst einen großen Prinz oder einen König.»
    «Gut», sage ich, plötzlich verunsichert. «Dann hoffe ich, dass du keine alte Lady bekommst.»

    An diesem Abend kommt Isabel zitternd vor Aufregung ins Schlafgemach. Sie kniet sich ans Fußende des Bettes, um zu beten, und ich höre sie flüstern: «Mach es wahr, Herr. O Lord, lass es geschehen.» Ich verharre schweigend, während sie ihr Kleid abstreift, unter die Laken kriecht und sich zuerst auf die eine Seite und dann auf die andere dreht,

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