Dornenschwestern (German Edition)
schlimmer geworden.»
«
Er
hätte sich um die Umbettung seines Vaters kümmern sollen, aber der König hat es ihm nicht zugetraut», sagt sie aufgebracht. «Er sollte an der Seite des Königs sein, doch er wird nie eingeladen. Glaubst du, er bemerkt nicht, dass er geschnitten wird?»
«Es ist wahrlich nicht recht, dass sie ihn schneiden», pflichte ich ihr bei. «Aber die ganze Sache wird immer seltsamer. Er wirft der Königin merkwürdige Blicke zu und flüstert hinter vorgehaltener Hand über sie, und dem König gegenüber ist er respektlos und dessen Freunden gegenüber unachtsam.»
«Weil sie immer an des Königs Seite ist. Und wenn er sich nicht in ihrer Gesellschaft befindet, umgibt er sich mit ihren Grey-Söhnen oder mit William Hastings!», braust Isabel auf. «Der König sollte sich an seine beiden Brüder halten. Er sagt zwar, er habe vergeben und vergessen, dass George Vater gefolgt ist, doch in Wirklichkeit wird er ihm niemals verzeihen. Und sollte er es doch für eine Minute vergessen, dann würde sie ihn wieder daran erinnern.»
Ich sage nichts. Zu Isabel und mir ist die Königin betont kühl, doch George gegenüber ist sie wie Eis. Und ihr enger Vertrauter, ihr Bruder Anthony Woodville, lächelt, wenn George vorbeigeht, als amüsierte er sich über das hitzköpfige Naturell meines Schwagers und hielte es nicht für angebracht, ihm Respekt zu zollen.
«Also, jedenfalls kann ich für die letzten drei Wochen vor seiner Geburt zu dir kommen», sage ich. «Aber schick nach mir, wenn du krank bist. Dann komme ich sofort.»
«Du hast ‹seiner› gesagt!», bemerkt sie fröhlich. «Du glaubst auch, dass es ein Junge wird.»
«Wie denn nicht, wenn du die ganze Zeit von einem Jungen sprichst? Wie willst du ihn nennen?»
«Natürlich Richard, nach seinem Großvater. Und wir hoffen, dass dein Gemahl sein Pate wird.»
Aufmunternd lächle ich ihr zu. «Dann tragen deine Söhne dieselben Namen wie die königlichen Prinzen, Edward und Richard.»
«Das sagt George auch!», ruft Isabel aus. «Er sagt, wenn der König und die Königin und ihre Familie vom Angesicht der Erde verschwinden würden, gäbe es immer noch einen Prinz Edward Plantagenet, der den Thron besteigen könnte, und einen Prinz Richard Plantagenet, der ihm nachfolgen könnte.»
«Ja, aber welche Katastrophe sollte den König und die Königin vom Antlitz der Erde hinwegfegen?», sage ich mit gesenkter Stimme.
Isabel kichert. «Ich glaube, mein Gemahl malt es sich jeden Tag aus.»
«Und wer verwünscht jetzt wen?», frage ich und denke, dem kann sie nicht widersprechen.
Augenblicklich wird sie ernst und wendet sich ab. «George verwünscht den König nicht. Das wäre Verrat. Es war nicht ernst gemeint.»
Westminster Palace, London
Herbst 1476
I ch hätte es wissen müssen, doch als wir nach London zurückkehren, bin ich erstaunt, wie George sich am Hof benimmt. Isabel verlässt kaum ihre Privatgemächer, um sich zu den anderen zu gesellen, als hätte sie es darauf angelegt, die Königin und ihren Hofstaat zu brüskieren. George zeigt sich nur im Kreis ausgesuchter Freunde, ja, fast scheint es, sie stünden um ihn herum wie Wachen, als fürchtete er einen Angriff innerhalb der hohen Mauern des Westminster Palace.
Er begibt sich wie alle anderen auch zum Abendessen in die große Halle. Sie stellen Speisen vor ihm auf den Tisch, und er blickt finster drein, wie wenn er beleidigt worden wäre, und nimmt nicht einmal Messer oder Gabel in die Hand. Er betrachtet die Diener, als fürchtete er, die Speisen seien vergiftet, und er lässt jeden wissen, dass er nur das isst, was sein Koch in seinen Privatgemächern zubereitet hat.
Zu jeder Tageszeit sind die Türen zu den Gemächern des Duke of Clarence verriegelt, und zwei Wachen stehen davor, anscheinend glaubt er, jemand könnte die Räumlichkeiten stürmen und Isabel entführen.
Wenn ich sie besuche, muss ich vor der Doppeltür warten, bis jemand meinen Namen ruft, woraufhin hinter der geschlossenen Tür ein Befehl ertönt, die Wachen die Piken senken und mich einlassen.
«Er führt sich auf wie ein Narr», befindet mein Gemahl. «Das personifizierte Misstrauen, wie eine Maskerade. Selbst wenn Edward es ihm durchgehen lässt, weil er faul und nachsichtig mit George ist, so kann er davon ausgehen, dass die Königin es ihm nicht nachsieht.»
«Er kann doch nicht wirklich meinen, er wäre in Gefahr?»
Richard blickt finster drein. «Anne, ich weiß nicht, was er denkt. Seit ich ihm gesagt
Weitere Kostenlose Bücher