Dornenschwestern (German Edition)
sterben.»
Sanft lege ich ihr die Hand auf die Schulter. «Möchtest du nicht ein Glas trinken, werte Mutter?»
Sie blickt zu mir auf, das schöne Gesicht verzerrt vor Kummer. «Er will in Madeirawein ertränkt werden», sagt sie.
«Was?»
Sie nickt. «Deswegen wollte ich den Wein nicht trinken. Mein ganzes Leben werde ich keinen Madeirawein mehr anrühren. Ich will keinen mehr im Haus haben. Er soll noch heute aus dem Keller geschafft werden.»
Ich bin entsetzt. «Warum tut er so etwas?»
Sie stößt ein bitteres, trockenes Lachen aus, das zwischen den Steinwänden widerhallt wie ein trauriges Glockenspiel. «Seine letzte Geste: Er lässt sich von Edward freihalten, Edward soll für den Wein bezahlen. Er verspottet die Rechtsprechung des Königs, verhöhnt das Todesurteil und gönnt sich einen ordentlichen Schluck vom Lieblingswein der Königin. Und macht damit deutlich, dass es ihr Werk ist, dies ist ihr Gift für ihn, so wie ihr Gift Isabel den Tod gebracht hat.»
Ich blicke zum Fenster hinaus. «Die Kinder meiner Schwester, Edward und Margaret, werden Waisen», sage ich.
«Verarmte Waisen», führt Herzogin Cecily aus und wischt sich die Tränen ab.
Ich sehe sie an. «Wie bitte?»
«Ihr Vater wird wegen Verrats sterben. Die Besitzungen eines Verräters werden ihm entrissen. Was glaubst du wohl, wer sie bekommt?»
«Der König», sage ich dumpf, «und natürlich die Königin – und ihre ausgedehnte Sippschaft.»
Obwohl wir in tiefer Trauer sind, dürfen wir kein Blau tragen. George, der unbezähmbare Herzog, ist tot. Er starb, wie er es verlangt hat, indem er in einem Fass des Lieblingsweins der Königin ertränkt wurde. Es war seine letzte bittere, grandiose Geste des Widerstands gegen eine Frau, die sein Haus zerstört hat. Sie selbst wird nie wieder Wein trinken, denn sie fürchtet, in der Süße den Auswurf seiner keuchenden Lungen zu schmecken. Ich wünschte, ich könnte George im Fegefeuer sehen und ihm sagen, dass er das zumindest erreicht hat. Er hat der Königin den Appetit auf Wein verdorben. Ich wünschte, er hätte sie auch ertränkt.
Ich warte auf eine Gelegenheit, mit dem König zu sprechen, und sitze mit den Hofdamen der Königin in ihren Gemächern. Wir unterhalten uns über das Wetter und ob es wohl schneien wird. Ich bewundere ihre feinen Spitzen, für die die Königin selbst das Muster entworfen hat, und ich mache eine Bemerkung über ihre Kunstfertigkeit. Als sie kurz das Wort an mich richtet, antworte ich mit ausgesuchter Höflichkeit. Weder in meinem Gesicht noch durch eine Geste, nicht einmal durch eine Handbewegung oder dadurch, wie ich die Füße in den Lederpantoffeln stelle, zeige ich ihr, dass sie für mich eine Mörderin ist, die meine Schwester durch Gift und meinen Schwager durch politische Winkelzüge getötet hat. Sie ist eine Mörderin und vielleicht sogar eine Hexe, und sie hat mir die Menschen genommen, die ich außer meinem Gemahl und meinem Sohn liebe. Ich zweifle keinen Augenblick daran, dass sie mir auch diese entreißen würde, hätte mein Gemahl nicht eine so herausragende Position beim König. Ich werde ihr nie verzeihen.
Als der König lächelnd und gut gelaunt hereinkommt, begrüßt er die Hofdamen wie immer mit Namen, und als er zu mir kommt und mich wie ein Bruder auf beide Wangen küsst, sage ich: «Euer Gnaden, werter Schwager, ich möchte dich um einen Gefallen bitten.»
Er schaut sofort zu ihr hinüber, und sie tauschen einen kurzen Blick aus. Sie macht Anstalten, sich zu erheben, als wollte sie dazwischentreten, doch darauf bin ich gefasst. Ich gehe nicht davon aus, dass ich ohne die Erlaubnis der Hexe irgendetwas bekomme.
«Ich möchte die Vormundschaft über die Kinder meiner Schwester», sage ich rasch. «Sie sind auf Warwick, in der Kinderstube. Margaret ist vier und Edward knapp drei. Ich habe Isabel sehr geliebt, ich würde mich gern um ihre Kinder kümmern.»
«Selbstverständlich», sagt Edward freundlich. «Aber du weißt, dass sie kein Vermögen haben?»
O ja, das weiß ich durchaus. Denn indem du ihn des Hochverrats beschuldigt hast, hast du George alles genommen. Wenn ihre Vormundschaft etwas wert wäre, hätte deine Frau sie schon für sich beansprucht. Wenn sie wohlhabend wären, hätte sie bereits den Ehevertrag für ihre Verlobung mit einem ihrer eigenen Kinder aufgesetzt.
«Ich sorge für sie», sage ich.
Richard kommt auf mich zu und bezeugt mit einem Nicken seine Zustimmung.
«Wir sorgen für sie.»
«Sie sollen in
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