Dornenschwestern (German Edition)
Middleham mit ihrem Cousin, meinem Sohn, aufwachsen», fahre ich fort. «Wenn du es erlaubst. Einen größeren Gefallen könntest du mir nicht tun. Ich habe meine Schwester geliebt und ihr versprochen, wenn ihr etwas zustoßen sollte, mich um ihre Kinder zu kümmern.»
«Oh, hat sie gefürchtet, sie könnte sterben?», fragt die Königin und gibt sich besorgt, tritt neben den König und hakt sich bei ihm unter, das schöne Gesicht ernst und bekümmert. «Hatte sie Angst vor der Geburt?»
Isabel hat mich gewarnt, dass ich eines Tages von ihrem Tod erfahren werde, und dann würde ich wissen, dass sie vergiftet worden sei durch die Hand dieser schönen mächtigen Frau, die mit arrogantem Gesichtsausdruck vor mir steht und sich über den Tod meiner Schwester lustig macht.
«Eine Geburt ist gefährlich», antworte ich ruhig. «Wie jeder weiß. Wir beten alle, bevor wir uns zur Vorbereitung der Geburt zurückziehen.»
Die Königin erwidert meinen Blick, als wollte sie mich herausfordern und sehen, ob sie mich dazu bringen kann, etwas Verräterisches oder Aufrührerisches zu sagen. Mein Gemahl erstarrt, als bereitete er sich auf einen Angriff vor, und rückt ein wenig näher zu seinem Bruder, wie um seine Aufmerksamkeit von der Teufelin abzulenken, die ihn am Arm gefasst hat. Sie setzt ihr liebliches Lächeln auf und blickt auf ihre bekannt verführerische Art zu ihrem Gemahl auf.
«Wir sollten die Clarence-Kinder bei ihrer Tante leben lassen, nicht wahr, werter Gemahl?», sagt sie freundlich. «Vielleicht tröstet es sie ein wenig über ihren Verlust hinweg. Sicherlich ist meine Schwester Anne ein guter Vormund für ihre kleine Nichte und ihren Neffen.»
«Einverstanden», entgegnet der König und nickt Richard zu. «Ich bin froh, deiner Gemahlin einen Gefallen tun zu können.»
«Lass mich wissen, wie sie sich entwickeln», wendet die Königin sich an mich. «Wie traurig, dass ihr Jüngster gestorben ist. Wie hieß er noch?»
«Richard», antworte ich leise.
«Hat er ihn nach eurem Vater genannt?», fragt sie und nennt den Mörder ihres Vaters und ihres Bruders, den Ankläger ihrer Mutter, ihren lebenslangen Feind.
«Ja», antworte ich verunsichert.
«Wie schade», erwidert sie.
Baynard’s Castle, London
März 1478
I ch glaube, ich habe gesiegt. An diesem Abend und an den Tagen danach feiere ich im Stillen meinen Triumph. Ohne Worte, ja, ohne ein Lächeln. Ich habe meine Schwester verloren, doch ihre Kinder stehen unter meiner Fürsorge. Ich werde sie lieben wie meine eigenen und ihnen erzählen, dass ihre Mutter eine Schönheit war und ihr Vater ein Held und dass Isabel sie in meine Obhut gegeben hat.
Ich schreibe nach Warwick Castle, dass die beiden Kinder, sobald die Straßen passierbar sind, nach Middleham gebracht werden sollen. Verzögert durch Schnee und Unwetter, bekomme ich Wochen später die Antwort, dass Margaret und Edward die Reise angetreten haben, gut eingepackt, in zwei Sänften mit ihren Kinderfrauen. Eine Woche später höre ich aus Middleham, dass sie sicher angekommen sind. Hinter den dicken Mauern unserer am besten befestigten Burg sind Isabels Kinder sicher, und bei Gott, ich werde dafür sorgen, dass ihnen nichts geschieht.
Ich gehe zu meinem Gemahl, der in einem Audienzzimmer in Baynard’s Castle Bittsteller empfängt. Geduldig warte ich, bis Dutzende Menschen ihre Bitten und Beschwerden vorgetragen haben. Er hört aufmerksam zu und kümmert sich verantwortungsvoll um alles. Jeder kommt zu Wort und weiß, dass er unter dem Schutz seines Lehnsherrn steht, solange er ihm die Treue hält. Richard ist ein guter Lord, er weiß, dass der Wohlstand nicht auf dem Grundbesitz basiert, sondern den Männern und Frauen zu verdanken ist, die das Land bearbeiten. Unser Wohlstand und unsere Macht sind abhängig von der Zuneigung der Menschen, die uns dienen. Wenn sie Richard wohlgesinnt sind, steht ihm eine jederzeit abrufbare Armee zur Verfügung. Dies ist wahre Macht, wahrer Wohlstand.
Nachdem der Letzte sich vor Richard verbeugt und bedankt hat, blickt mein Gemahl von den Papieren auf.
«Anne?»
«Ich wollte dich um einen Gefallen bitten.»
Er lächelt und steht von seinem prächtigen Stuhl auf dem Podium auf. «Du kannst mich immer alles fragen. Du musst nicht herkommen.»
Er legt mir den Arm um die Taille, und wir treten an das Fenster, von dem aus man den Hof überblickt. Jenseits der hohen Mauer spielt sich das geschäftige Treiben von London ab, während die mächtige Königin im
Weitere Kostenlose Bücher