Dornenschwestern (German Edition)
bei dem Essen anlässlich ihrer Krönung zum ersten Mal erblickte und sie für mich die schönste Frau der Welt war, bis zu der Zeit, als mir aufging, dass sie meine eingefleischte Feindin ist und meine Schwester und meinen Schwager auf dem Gewissen hat. Zu was für Mitteln Elizabeth auch immer gegriffen hat, um ihren Töchtern Zugang zu unserem Hof zu verschaffen, mich hat sie nicht bezaubert, und sie wird mich auch nie betören und mich vergessen machen, dass ihre Töchter die Töchter unserer Widersacherin sind und Prinzessin Elizabeth meine direkte Feindin bleibt.
Ich hege nicht den geringsten Zweifel, dass sie eine Spionin ist und mich ablenken soll. Sie ist mit Henry Tudor verlobt. Dass ihre Mutter überall verkündet hat, sie habe es sich anders überlegt, bedeutet mir nichts, und ihm und ihr – wie ich vermute – auch nicht. Sie ist die Tochter unserer Widersacherin und die Verlobte unseres Feindes.
Sobald im Norden der Schnee von den Hügeln schmilzt und wir nach Hause reisen können, verlassen wir London. Obwohl ich unendlich froh bin, gebe ich mich zögerlich, weil ich die Londoner Kaufleute und Bürger, die zum Hof kommen, um uns zu verabschieden, und die Menschen, die die Straße säumen, um uns im Vorbeiziehen zuzujubeln, nicht kränken möchte. London liebt die Rivers, und der donnernde Applaus, den die drei Woodville-Mädchen bekommen, entgeht mir nicht. Die Stadt liebt schöne Frauen, und weil Elizabeth so strahlend schön ist, bejubeln sie das Haus York. Ich lächele und winke, um mich für das Kompliment zu bedanken, aber ich weiß, dass man mir als Königin zwar große Ehrerbietung, niemals jedoch die Zuneigung entgegenbringt, die eine hübsche Prinzessin wecken kann.
Ich falle in einen strammen Schritt und lasse meine Hofdamen hinter mir, damit ich das Geplapper der Schwestern nicht mit anhören muss. Elizabeths musikalisch-süße Stimme geht mir durch und durch.
Als Richard von der Spitze des Zugs zurückkehrt, reiht er sich mit seinem Pferd neben mir ein, und wir reiten gesellig nebeneinander, als würde sie nicht hinter uns amüsiert plaudern. Ich betrachte sein ernstes Profil von der Seite und überlege, ob er auf ihre Stimme lauscht, ob er sein Pferd langsamer gehen und sich zurückfallen lässt, um neben ihr zu reiten. Doch dann sagt er etwas zu mir, und mir geht auf, dass meine Eifersucht mich ängstlich und misstrauisch macht, wo ich mich doch eigentlich über seine Gesellschaft freuen sollte.
«Diesen Monat bleiben wir in Nottingham Castle», sagt er. «Ich möchte deine Gemächer dort behaglicher für dich machen. Ich setze Edwards Bauprogramm fort. Und wenn du willst, kannst du nach Middleham gehen. Ich komme später nach. Ich weiß, dass du unbedingt die Kinder sehen willst.»
«Es kommt mir schrecklich lang vor», pflichte ich ihm bei. «Aber ich habe erst heute vom Arzt gehört, dass es ihnen gut geht.» Ich spreche von der Gesundheit aller drei Kinder. Wir geben nicht gern zu, dass Teddy so stark ist wie ein Welpe – und ungefähr so viel Verstand besitzt – und Margaret nie krank ist. Unser Sohn, unser Edward, wächst langsam heran, er ist immer noch klein für sein Alter und ermüdet leicht.
«Das freut mich», erwidert Richard. «Wenn der Sommer vorüber ist, können wir sie mit an den Hof nehmen. Königin Elizabeth hatte ihre Kinder immer bei sich, und die Prinzessin meint, sie hätten eine sehr glückliche Kindheit am Hof gehabt.»
«Mistress Grey», verbessere ich ihn lächelnd.
Nottingham Castle
März 1484
W ir erreichen Nottingham Castle am Abend, als die Sonne im Sinken begriffen ist und sich die Türme schwarz gegen den pfirsich-und goldfarbenen Himmel abzeichnen. Als wir näher kommen, ertönt von den Burgmauern eine Fanfare, und die Wache strömt aus der Wachstube und säumt den Weg zur Zugbrücke. Richard und ich reiten nebeneinander und nehmen den Jubel der Soldaten und den Applaus der Menschenmenge entgegen.
Glücklich sitze ich von meinem Pferd ab und gehe in die neuen Gemächer der Königin. Ich höre das Geplauder meiner Hofdamen, die mir folgen, doch die Stimmen der Rivers-Mädchen kann ich nicht heraushören. Nicht zum ersten Mal ermahne ich mich, dass ich mir abgewöhnen muss, auf ihre Stimmen zu lauschen. Ihre Anwesenheit darf mich nicht so in Mitleidenschaft ziehen. Wenn ich ihnen gegenüber gleichgültig wäre, würde ich nicht darauf achten, ob Richard den Blick auf sie richtet oder Elizabeth, die Älteste, ihn anlächelt.
Einige Tage
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