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Dornroeschengift

Dornroeschengift

Titel: Dornroeschengift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Krystyna Kuhn
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die dunklen Wel len, die Lichter der Schiffe. Möchtest du nicht einmal mitkom men? « Ich lächelte: »Mal sehen. « »Gibt es etwas Neues von Lisa?«, fragte er . Ich schüttelte den Kopf. »Nein, mein Vater hat erzählt, dass si e die Suche heute Nacht für einige Stunden abbrechen mussten . Es war zu neblig. « »Ich halte diese Suchaktion für keine gute Idee. « »Warum?«, fragte ich verblüfft . »Man sollte die Sache der Polizei überlassen. Die Leute aus de m Ort haben doch keine Ahnung, wie man so etwas anstellt. Di e vernichten nur Spuren. « »Aber wenn Lisa irgendwo da draußen liegt, im Moor vielleicht , im Wald oder am Strand? Möglicherweise ist sie verletzt.« Ic h stockte und fuhr schließlich heiser fort: »Hauptsache, Lisa wir d gefunden, damit ihre Mutter endlich Gewissheit hat. « Plötzlich fühlte ich mich wie unter einer Glasglocke, weit ent fernt von dem Lärm und der morgendlichen Hektik auf de m Schulhof. Alle schienen sich langsamer zu bewegen. »Entschul dige«, hörte ich Finns Stimme von weit her. »Ich habe es verges sen. « Er legte zwar nicht die Hand um meine Schultern, sondern tra t lediglich einen Schritt näher an mich heran. Für andere mocht e es aussehen, als gingen wir zufällig nebeneinanderher, ich abe r hatte das Gefühl, er halte mich fest umschlungen . »Schon gut«, seufzte ich, »vielleicht hast du recht. Ich kann mi r übrigens vorstellen, warum das ganze Dorf mitmacht. Weil Li sas Mutter die Bürgermeisterin ist. Aber trotzdem, ich hoffe , sie finden sie bald. Ich muss immer an ihre Familie denken un d wie sie sich fühlt. « »Sie geht in deine Klasse, oder?«, fragte Finn. »Kennst du si e gut? « Ich zuckte mit den Schultern. »Sie tat mir die meiste Zeit leid. « »Ich habe gestern im Kurs noch mit ihr getanzt und da ist mi r dieser traurige Ausdruck in ihren Augen aufgefallen. « »Und warum bin ich dir aufgefallen?«, rutschte es mir heraus . »Ich habe gehört, du bist superintelligent, und dachte, du könn test mir kostenlos Mathestunden geben«, lachte er . »Nein, sag ehrlich! « Seine Stimme veränderte sich, als er weitersprach: »Zuers t dachte ich . . . « Verdammt, er brach ab ! Und warum ? Weil Jamaica die Treppe herunterstürzte und brüllte: »Hast d u schon gehört? « Sie stand nun direkt vor uns und zog aufgeregt an meine m Schal. Mir blieb die Luft weg . »Weißt du es schon?«, schrie sie ungeduldig, ohne Rücksich t darauf, dass ich nicht antworten konnte, da ich einen Husten anfall hatte .
    »Was?« »Sie haben eine Leiche gefunden.« Ich konnte nicht aufhören zu husten. »Mann, eine echte Leiche!«, wiederholte sie. Für einen Moment sah sie wirklich schockiert aus, doch dann überwog die Faszination. Ihre schwarzen Augen blitzten vor Aufregung. Ich wusste, ihre Fantasie lief auf Hochtouren. Egal, wie ich reagierte, sie würde mir sowieso alles erzählen. »Wo?«, fragte ich daher. »Im Gespensterwald«, zischte sie aufgeregt. »Stell dir vor. Sie soll dort am Waschstein gelegen haben.« Sie machte eine Pau se. »Völlig nackt«, fügte sie hinzu, aber mir war sofort klar, das Letzte hatte sie erfunden, damit die Geschichte schauriger klang. »Am Waschstein?«, fragte Finn. »Wo ist das?« »He«, seufzte Jamaica ungeduldig. »Du wohnst hier schon ein halbes Jahr und weißt nicht, wo der Waschstein liegt? Das ist dieser riesige Granitblock, circa zweihundert Meter vom Strand im Gespensterwald! Kennst du die Sage nicht?« »Welche Sage?« »Von der Jungfrau, die dort nachts ihr weißes Kleid wäscht, und sie wird nur erlöst, wenn jemand sie trifft und irgendeinen ko mischen Spruch sagt. Aber das ist ja jetzt egal.« Sie sprach ohne Punkt und Komma und zog mich mit sich. Ich zögerte und drehte mich nach Finn um, aber er ging mit schnellen Schritten in die andere Richtung davon, ohne sich von mir verabschiedet zu haben.

Voll im Clinch
    D er Unterricht nahm und nahm kein Ende. Doch nicht nur die Schüler waren unkonzentriert und nervös, sondern auch die Leh rer. Frau Kraushaar, die Konrektorin, vergaß völlig den wöchent lichen Vokabeltest und bemerkte nicht einmal, wie Jamaica un ter der Bank irgendwelche SMS mit ihrem Handy verschickte. Sie wollte herausfinden, ob es Lisa war, die man gefunden hatte. Beim letzten Schlag der Schulglocke stand ich frierend auf dem Pausenhof und wartete nicht nur vergeblich auf meinen Vater, sondern auch auf Jamaica. Angeblich musste sie nur kurz zur Toilette, tauchte jedoch nicht wieder auf. Ich wollte

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