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Dornroeschenmord

Dornroeschenmord

Titel: Dornroeschenmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Kalman
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(Kreis Rhön-Grabfeld) unehelich geboren.
    Eltern: Franca Grasser, geboren am 23. 8. 1928 in Launitz (heute: Lounice), sudetendeutscher Flüchtling, verstorben am 27. 2.1948 in Eichberg. Vater laut Geburtsurkunde unbekannt. Grassers Mutter kam bei einem Gebäudebrand ums Leben, der durch beabsichtigte Fremdeinwirkung verschuldet worden war, dabei kamen auch seine Großeltern ums Leben. Mord? (Quelle: Walter Gebauer, Rentner, Fliederweg 4,97657 Eichberg)
    Werdegang: Nach dem Tod seiner Eltern und Großeltern wuchs Richard Grasser bis zum Abitur 1967 im Waisenhaus der Gemeinde Willmers auf. Anschließend zwei Jahre Dienst bei der Bundeswehr in Veitshöchheim. Im Alter von 21 Jahren begann G. ein Maschinenbaustudium an der Fachhochschule in Schweinfurt, das er nach zwei Semestern aus unbekannten Gründen abbrach.
    Ab 1969 Studium der Medizin in Würzburg, Abschluß mit dem dritten Staatsexamen, ging 1971 als Assistenzarzt nach München an das Krankenhaus »Dritter Orden« und spezialisierte sich ab 1982 mit einer Zusatzausbildung auf Akupunktur und Naturheilverfahren. Eröffnete am 17. 5. 1984 eine eigene Praxis in der Claude-Lorrain-Str. 28 im Münchner Stadtteil Giesing, die er aus unbekannten Gründen 1997 in sein Haus in der Dietlindenstr. 16 verlegte.
    Als unwahr stellte sich heraus, daß G. jemals für das Unternehmen MBB tätig war, ebensowenig arbeitete er als Testfahrer für BMW. G. gilt zwar privat als passionierter Motorradfahrer, tatsächlich nahm er aber nie an professionellen Motorradrennen teil. Somit ist auch seine Behauptung, bei den Weltmeisterschaften in Minsk/Rußland im Alter von Mitte Dreißig schwer verunglückt zu sein, widerlegt. Weiter ergab die Recherche, daß G. niemals Patient der Unfallklinik Murnau war, wodurch sich auch seine Behauptung der zweijährigen Querschnittslähmung als unwahr erweist.
    G. hatte niemals Kontakt zu dem Burgschauspieler Josef Meinrad. Das ergab ein Gespräch mit dessen Nachkommen. Auch Freunde des Schauspielers erinnern sich nicht, daß Meinrad G. jemals Unterricht gegeben hätte. Der Name Grasser war ihnen gänzlich unbekannt. Aus den Nachforschungen an sämtlichen in G.s Vita genannten Theatern ergab sich, daß G. an keiner dieser Bühnen jemals tätig war. Dagegen war er von 1991 bis 1994 Mitglied der Münchner Laienspielgruppe »Aldente«.
    Sämtliche in seiner Vita angegebenen Engagements sind erfunden. Die aufgeführten Zeiträume stimmen allerdings exakt mit den Daten seiner Aufenthalte in der Psychiatrischen Klinik in Gabersee bei Wasserburg überein. G. muß dort regelmäßig behandelt werden, da er an einer schweren psychischen Störung mit der Bezeichnung »Pseudologia phantastica« leidet. Diese Störung zeichnet sich dadurch aus, daß der Patient versucht, mit erfundenen Geschichten die Anerkennung und Zuneigung seiner Mitmenschen zu erlangen. Laut Auskunft von Fachärzten manifestiert sie sich schon in der Kindheit und wird meist durch traumatische Ereignisse hervorgerufen.
    Schlußbemerkung: Von fachärztlicher Seite wird dringend davon abgeraten, G. mit seiner »wahren Geschichte« zu konfrontieren. Die durch die Bloßstellung verursachten Aggressionen könnte G. sowohl gegen sich selbst als auch gegen Dritte richten. Nach Meinung des behandelnden Arztes Dr. Lehmann seien die möglichen Auswirkungen als »verheerend« zu bewerten.
     
    Aufatmend schob Mandy den Bericht samt Anlagen und Fotos in den bereits frankierten braunen Umschlag. Pflichtbewußt hatte sie in den vergangenen Wochen regelmäßig ausführliche Berichte an ihre Auftraggeber geschickt, dies war nur die letzte Zusammenfassung.
    Ihren Verdacht, Grasser könne der gesuchte Serienmörder sein, verschwieg sie, denn sie hatte im Gefühl, daß dieser Mann eigentlich kein kaltblütiger Serienkiller sein konnte. Wie Dorothee seinerzeit gesagt hatte: Ein Mord brauchte ein passendes Motiv. Und welches sollte Grasser haben? Rache? Aber warum ausgerechnet an diesen Frauen? Es sei denn, sie hatten ihn mit seiner Geschichte erpreßt. Doch woher sollten sie davon gewußt haben? Nein, Mandy schüttelte entschieden den Kopf. Die Theorie hinkte.
    Sie klebte den Umschlag zu und fühlte sich wie ein zweiter Judas – mit dem Unterschied, daß sie Grasser für weit mehr als dreißig Silberlinge verkaufte. Ihr schlechtes Gewissen verdrängte sie mit dem Gedanken daran, daß die hübsche vierstellige Rechnungssumme ihr hoffnungslos überzogenes Konto wieder in die schwarzen Zahlen bringen würde.
    Sie

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