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Dornroeschenmord

Dornroeschenmord

Titel: Dornroeschenmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Kalman
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geschmiegt, doch seine Aufmerksamkeit galt jetzt einem Herrn um die Fünfzig, der ihm eine handgedrehte Monte-Christo-Zigarre anbot.
    Resigniert wandte sie sich wieder dem Barkeeper zu. Während sie an ihrem Sektglas nippte, betrachtete sie neugierig Fredericks Gegenüber. Sein schütteres, graumeliertes Haupthaar war im Nacken zu einem dünnen Pferdeschwänzchen frisiert, das er bei jeder Gelegenheit eitel zurechtzupfte.
    »Mit Herz-Schmerz lockste doch höchstens noch die Omis hinterm Ofen vor. Wenn du heute mit ’nem Film richtich Kasse machen willst, denn muß da Action rein, det muß nur so krachen! Vastehste, MGs und so’n Zeug. Ratatazong, wech is der Balkong, dong.« Er blähte sich auf und vollführte mit den Händen eine Bewegung, die den Einsatz eines Maschinengewehrs andeuten sollte.
    Während sich Mandy genervt abwandte, schien Frederick sich gut zu unterhalten. Sie nahm einen großen Schluck aus ihrem Glas und hörte ihn herzlich lachen. Es schien, als würde die Gesellschaft um sie herum ausschließlich aus Filmproduzenten um die Fünfzig mit grauen Pferdeschwänzchen und blonden Barbies im Arm bestehen.
    Als wieder einer dieser Typen dicht an ihr vorüberging, konnte Mandy nicht widerstehen: Zielsicher streckte sie die Hand aus und zog an dem eisgrauen Haarbüschel in seinem Nacken. Ein leises »Rratsch« erklang, und der Mann drehte sich blitzartig zu ihr um. Sein Gesicht war vor Ärger puterrot, und Mandy starrte sprachlos auf ihre Hand: Zwischen ihren Fingern hielt sie das haarige Symbol seiner Zunft.
    »Geben Sie das sofort wieder her«, zischte der Mann, der Dany de Vito aufs Haar glich, zwischen zusammengebissenen Zähnen und entriß ihr das Haarteil. Während er sich bemühte, das falsche Zöpfchen unauffällig wieder anzukletten, rempelte ihn eine baumlange Gestalt an, und das Schwänzchen flog in hohem Bogen in einen Sektkelch, wo es zwischen den Sektbläschen wie eine ertrunkene Maus trieb. Außer sich vor Zorn schnappte »Shorty« nach seinem Kopfschmuck und suchte schnaufend das Weite.
    »Das hätte Herr Cordmann mal verfilmen sollen, das sind doch Geschichten, wie sie das Leben schreibt!« Mandy ließ kichernd ihren Kopf gegen Fredericks Schulter fallen. Doch der reagierte leider völlig humorlos, dabei hatte er Minuten zuvor noch über die albernen Witze des Berliner Produzenten gelacht.
    »Du bist ja total betrunken«, sagte er gereizt und schob sie von sich.
    »Nein, nicht total betrunken. Was denkst du denn? Ich bin höchstens beschwipst«, antwortete Mandy und klimperte kokett mit den Wimpern. »Du kennst doch den Goethe, oder? Warst du mit dem eigentlich auch per du? Weißt du, was der mal gesagt hat? Was man auch noch so heimlich treiben mag …«
    »… merkt’s Euch wohl, Ihr Herren, es kommt zuletzt an Tag.«
    »Richtig«, zwitscherte Mandy erfreut und drehte sich nach dem Goethe-Kenner um, dessen Stimme ihr irgendwie bekannt vorkam. Hinter ihr stand ein Mann mit hellbewimperten Augen und hoher Stirn, auf der unverkennbar Schweißperlen glitzerten: Heino Ruttlich.
    »Endlich mal jemand, den ich kenne.« Mandy machte eine ausholende Handbewegung. »Darf ich vorstellen? Heino Ruttlich, Frederick Bergerhoff.«
    Kaum hatte sie den Satz beendet, als Ruttlich schon nach ihrer Hand griff und ihr einen feuchten Kuß aufdrückte. Gleichzeitig nutzte er die Gelegenheit, um Mandy ein Stück zur Seite zu ziehen.
    »So herzlich, Malina? Damit hätte ich nach unserem letzten Gespräch nicht mehr gerechnet.«
    »Dann haben Sie sich eben verrechnet. Und ein Mann mit Ihrer Menschenkenntnis sollte doch wissen, daß Detektive für überraschende Wendungen zuständig sind.«
    »Sehr scharfsinnig.« Seine schmalen Lippen verzogen sich zu einem breiten Lächeln. »Meine Bewunderung gilt von jeher Frauen, die ebenso schön wie intelligent sind. Sie haben das nur nie verstanden, Malina. Sonst hätten Sie meine Rosengrüße als Kompliment und nicht als Bedrohung empfunden. Aber wie ich sehe, haben sie keine bleibenden Schäden hervorgerufen, weder in Ihrer Seele noch an Ihrem blühenden Körper.« Sein Blick taxierte sie schamlos, und wieder erinnerte er Mandy an einen mordlüsternen Hai.
    »Ich habe immer gefunden, daß Sie sich zu wichtig nehmen, Herr Ruttlich. Warum sollte ich Sie als Bedrohung empfinden? Da müßte schon der Wolf kommen und nicht das Rotkäppchen. Verübeln Sie mir die Bemerkung nicht«, charmant lächelnd legte sie ihm die Hand auf den Arm, »aber Ihre selbstgefällige

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