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Dornroeschenmord

Dornroeschenmord

Titel: Dornroeschenmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Kalman
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war pleite bis auf den letzten Heller. Für das dunkelgrüne Samtkleid, das sie bei der bevorstehenden Filmpremiere tragen wollte, hatte sie sogar auf ihren Notgroschen zurückgreifen müssen. Mandy hoffte inständig, daß ihre Auftraggeber ihr das Honorar überweisen würden, bevor die Bank ihr endgültig den Hahn zudrehte. Zweimal schon hatte man sie höflich, aber bestimmt ersucht, ihr Konto endlich auszugleichen.
     
    Der Sekt, den man während der Premierenfeier reichte, war genauso schal wie die Präsentation des Films »Der Schampus«. Deutschlands gefeierter Jungregisseur Eike Cordmann (warum galt ein Mann von Mitte Dreißig eigentlich noch als jung?) hatte eine sorgfältig vorbereitete kleine Rede gehalten und sich anschließend mit gezierter Bescheidenheit vor seinen Darstellern verbeugt. Sein überschwenglicher Dank galt jedem, der während der Dreharbeiten auch nur ein Kabel hochgehalten hatte.
    Ein Sektglas in der Hand, lehnte Mandy neben Frederick an der Bar und beobachtete verblüfft, mit welchem Gefühlsüberschwang die Menschen in der Filmbranche miteinander umgingen. Alle schienen sich zu kennen und zu mögen, jeder küßte jeden, und sogar den Kleidern, die nicht einmal die Putzfrau ihrer Mutter getragen hätte, wurde ringsum Bewunderung gezollt. Hier quoll ein Busen aus einem freizügigen Dekolleté, dessen Bräune ebenso künstlich war wie seine Form, dort blitzten teure Jacketkronen zwischen grell bemalten Lippen.
    Mandy lauschte den Komplimenten und fragte sich skeptisch nach deren Wahrheitsgehalt, als sie hörte, wie eine bekannte Schauspielerin sich über die lebensfrohe Oberweite einer jungen Kollegin äußerte: »Wißt ihr, worin die sich von uns unterscheidet? Ihre Titten sind größer als ihr Hirn. Wahrscheinlich setzt sie die auch öfter ein.« Sie warf den Kopf zurück und lachte schrill.
    Als Mandy auch noch sah, wie der Filmstar Natascha Ziehmann mitten in der Unterhaltung dem gefeierten Jungregisseur den Sekt ins Gesicht schüttete, war sie bereit, an all das zu glauben, was Jackie Collins in ihren Büchern über die Welt der Prominenten preisgegeben hatte. Dabei hatte der gute Cordmann die Schauspielerin in seiner Dankesrede doch wärmstens bedacht.
    Mandy ließ sich von dem netten Barkeeper Sekt nachschenken und wandte sich Frederick zu, der gerade die Krawattennadel seines Gesprächspartners mit der König-Ludwig-Frisur bewunderte.
    »Vielen Dank«, näselte der, »normalerweise trage ich eine Nadel mit einem Brillantkopf, aber zu diesem Anlaß, und das fühle ich, mein Lieber, ist nur eine Perle angebracht. Sie entschuldigen mich für einen Moment, aber dort drüben sehe ich Frau von Ohoven, und sie würde es mir nie verzeihen, wenn ich sie nicht sofort begrüßte.«
    »Das war Dr. Dr. Aumüller«, raunte Frederick Mandy zu. »Ich kenne ihn schon seit Jahren. Wir sind sogar per du«, fügte er mit wichtiger Miene hinzu. Bei jedem anderen hätte Mandy diese Bemerkung albern gefunden, aber bei Frederick, der sonst so gewandt und selbstsicher auftrat, rührte es sie, daß gesellschaftliche Hierarchien für ihn eine so große Bedeutung hatten.
    Kaum hatte Mandy den Gedanken zu Ende gedacht, als Frederick sich über die gepflegte Hand einer blonden Frau beugte. Es war Gundula von Heeringen – Mandy kannte ihr faltiges, braungebranntes Gesicht aus der Klatschspalte der Frauenzeitschriften, die sie bisweilen in der Badewanne zu lesen pflegte.
    »Wie schön, Frederick, daß wir uns auch einmal wiedersehen«, flötete die Adlige – auch mit ihr war Frederick offensichtlich per du. »Werde ich dich denn auch nächste Woche bei unserer Benefizveranstaltung zugunsten von UNICEF sehen? Valentino wird auch dasein. Vielleicht bringst du deine … ähm … möchten Sie nicht auch kommen?« Sie räusperte sich und richtete ihre stahlblauen Augen irritiert auf Mandy, während ihr zuckersüßes Lächeln im Gesicht haften blieb.
    »Sicher möchte sie«, antwortete Frederick rasch und zog Mandy an sich.
    »Wie schön, dann sehen wir uns ja alle wieder. Ihr Kleid ist übrigens zauberhaft«, flötete Frau von Heeringen mit glockenheller Stimme, bevor sie wie ein Schmetterling zur nächsten Blüte der Gesellschaft flatterte.
    Mandy hätte Frederick gern gefragt, warum er ihr bisher nicht erzählt hatte, daß er all die Menschen, die sie nur aus der Klatschspalte kannte, mit größter Selbstverständlichkeit duzte. Offen gestanden fühlte sie sich etwas verunsichert und hätte sich gern an ihn

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