Dornroeschenmord
weiterhin viel Spaß beim Sex mit dem Ex.« Mandy atmete tief durch, straffte die Schultern und verließ mit erhobenem Kopf die Cafeteria. Auf dem Flur kam ihr Dorothee entgegen.
»Du liebe Zeit, habe ich hier einen zweiten Notfall?« fragte sie mit einem Blick auf Mandys kalkweißes Gesicht.
»Du kannst mich gleich verarzten. Aber laß uns erst aus der Reichweite dieser Giftspritze verschwinden.« Mandy drehte sich um, aber von Cordula Schiller war nichts mehr zu sehen.
Um den Gedanken an ihr verpfuschtes Liebesleben zu verdrängen, saß die Regisseurin vor einem Stück Kirschkuchen mit der doppelten Portion Schlagsahne. Doch auch siebenhundertfünfzig Kalorien vermochten ihren Frust nicht zu lindern. An ein philosophisch-nachdenkliches »Wir-und-die-Männer«-Gespräch mit Dorothee war natürlich nicht mehr zu denken. Eher an einen »Männer-sind-doch-Schweine« -Monolog, den Mandy auf dem Weg ins Café Glockenspiel wutentbrannt von sich gab. Je mehr Mandy sich darüber ereiferte, mit wieviel Kalkül Frederick sie hintergangen hatte, desto zorniger wurde sie. Schließlich hielt sie es nicht mehr aus: »Tut mir leid, Dorothee, aber ich will jetzt Klarheit. Es hat ja keinen Zweck, dir die Ohren vollzujammern, und er kommt ungeschoren davon.« Mit wehendem Mantel verließ sie das Café.
Zwanzig Minuten später stand sie vor Fredericks Haus. Ihr Zorn war kein bißchen verraucht, ganz im Gegenteil – beim Anblick der vertrauten Umgebung, die ihm als Kulisse für seine Lügen gedient hatte, loderte er erst recht auf. Sie drückte so lange auf die Klingel, bis die Haustür aufgerissen wurde und Frederick vor ihr stand.
»Was zum Teufel …« Erschrocken blickte er sie an. »Malina! Wo kommst du denn her?«
»Aus dem Krankenhaus, das weißt du doch. Und weißt du, wen ich dort getroffen habe? Deine Mutter! Erstaunlich, wie gut sie sich gehalten hat.«
»Wie meinst du das?« In Fredericks Augen lag ein unruhiges Flackern.
»Na, ich spreche von dem biologischen Wunder in eurer Familie. Einmalig auf der ganzen Welt. Ein Sohn, der älter ist als seine Mutter. Habt ihr euch eigentlich schon ins Guinness-Buch eintragen lassen?«
»Malina, laß mich doch erklären«, versuchte er sie zu beruhigen. Weiter kam er nicht, da war sie schon an ihm vorbeigestürmt und hielt ihm ein Paar kleiner rosa Gummistiefel unter die Nase.
»Und was ist das? Willst du mir etwa erzählen, deine Mutter kauft ihre Schuhe in der Kinderabteilung? Verdammt, Frederick, warum hast du mir nicht erzählt, daß du zwei Kinder hast und verheiratet bist!«
Statt ihr eine Antwort zu geben, blickte er sie stumm und vorwurfsvoll an, als wäre es eine Dreistigkeit, ihn mit seiner Unaufrichtigkeit zu konfrontieren. Er wandte seinen Blick von ihr ab und ging kommentarlos ins Wohnzimmer. Fassungslos über seine Gleichgültigkeit blieb Mandy einen Augenblick in der Diele stehen. Dann tobte sie hinter ihm her.
»Willst du mir vielleicht eine Antwort geben?« Sie baute sich vor ihm auf. Ihre Mundwinkel zitterten, und die Tränen lauerten schon.
»Ja«, sagte er und musterte sie mit einer Kühle, die sie bei ihm niemals für möglich gehalten hätte. »Ich finde es unmöglich, daß du hinter mir herspionierst. Gerade von dir hätte ich wesentlich mehr Klasse erwartet – aber anscheinend ist dir dein Beruf schon in Fleisch und Blut übergegangen.«
Verblüfft starrte sie ihn an. Ausgerechnet er, der sie von Anfang an bewußt getäuscht hatte, besaß jetzt die Frechheit, ihr fehlende Klasse vorzuwerfen. Hielt er sie ernsthaft für so dumm, daß sie auf diesen miesen Trick hereinfiel? Mandy holte tief Luft.
»Frederick, ich mußte dir gar nicht hinterherspionieren. Cordula Schiller, die Busenfreundin deiner Frau, hielt es für dringend notwendig, mich über deine Familienverhältnisse aufzuklären. Ich habe sie in der Krankenhaus-Cafeteria getroffen, während ich auf Dorothee wartete. Glaub mir, sie hat mir mit Wonne von Sabine und Anna-Lena erzählt. Und das zweite Kind, ist es ein Junge oder auch ein Mädchen?«
»Ein Junge«, antwortete Frederick dumpf. »Julian – er ist zwei Jahre alt.«
»Genauso, wie es sein soll – ein Junge und ein Mädchen, Brüderchen und Schwesterchen, ganz wie im Märchen.« Auch wenn die Ironie ihrer Worte nicht besonders stechend war, so war sie doch der einzige Weg, um die Fassung nicht vollends zu verlieren. Plötzlich erschien ihr der ganze Streit sinnlos, und sie ließ sich erschöpft in einen Sessel
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