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Dornroeschenmord

Dornroeschenmord

Titel: Dornroeschenmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Kalman
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gesehen hatte und denen sie nur ungern in einem abgetragenen Strickensemble hätte begegnen wollen.
    »Na, freust du dich?« fragte Dorothee mit einem erwartungsvollen Lächeln.
    »Mhm.« Mandy blickte ostentativ an sich herab: »Jetzt weiß zwar halb München, daß Malina Maltzan an ihrem zweiunddreißigsten Geburtstag nicht nur ihre Jugend, sondern auch ihren Schick verloren hat, aber dafür weiß ich, daß ich gute Freunde habe, die mir das nicht übelnehmen.« Sie drückte Dorothee einen Kuß auf die Wange, nahm sich eine Champagnerflöte und mischte sich unter die Gäste.
    Christoph Kempf nutzte die Gelegenheit, um ihr seine neue Freundin vorzustellen: Sie hieß Margot, arbeitete in einer städtischen Beratungsstelle für Suchtkranke und bevorzugte offensichtlich einen eher ökologischen Lebensstil. Die mausbraunen Haare hingen ihr glatt über die Schultern, und gegen ihren grauen Norwegerpulli wirkte Mandys Strickkombination wie aus der letzten Kollektion von John Gaillano. Ziemlich freudlos, dachte Mandy, als Margot, die an Leitungswasser nippte, munter erklärte, sie verzichte auf jeglichen Alkohol, und auch Kaffee munde ihr nicht. Mandy warf Christoph einen mitleidigen Blick zu. Liebe macht blind, dachte sie und verkniff sich ein süffisantes Grinsen.
    »Ist das die Frau mit dem Ikea-Regal?« flüsterte sie ihm statt dessen diskret ins Ohr.
    »Ja«, sagte er leise, »ist sie nicht süß?«
    »Ja, wirklich nett«, rang Mandy sich ab. Was für einen Sinn hätte es auch, dem offensichtlich verliebten Christoph zu sagen, was sie wirklich dachte.
    »Übrigens, was ich dich fragen wollte«, wechselte er das Thema, »du hast hoffentlich meinen Rat befolgt und die Finger von dieser Grasser-Affäre gelassen? Auch wenn nichts Neues über ihn herausgekommen ist, verursacht mir der Mann Magenschmerzen. Es ist einfach nur so ein Gefühl …«
    »Du kannst dich beruhigen«, sagte Mandy, »der Fall ist abgeschlossen, der Bericht liegt beim Sender, und ich habe nichts mehr damit zu tun. Also Prost.« Gutgelaunt stieß sie mit ihm an.
    Dorothee war es mit der Überraschungsparty tatsächlich gelungen, Mandy auf andere Gedanken zu bringen und sie die Querelen der letzten Tage vergessen zu lassen. Was für ein schöner Geburtstag, dachte sie strahlend.
    Eine Überraschung hatte Dorothee noch parat. Um Mitternacht ging das Licht aus, Kerzen flammten auf, und Marilyn hauchte »Happy birthday«. Schwungvoll enthüllte Dorothee einen Tisch, auf dem sich die Geburtstagsgeschenke türmten. In der Mitte lag ein mit Rosen geschmücktes schwarzes Album, auf dem in silberner Schrift zu lesen war: »Malina Maltzan – eine Frau geht ihren Weg.«
    »Das ist von mir«, sagte Dorothee stolz, und Mandy blätterte belustigt und gleichzeitig gerührt durch die Seiten. In mühevoller Kleinarbeit hatte Dorothee Mandys Leben der letzten Jahre in einer Fotocollage dokumentiert. Das Bild auf der letzten Seite war eindeutig die Krönung: Es zeigte Gwendolyn rosabehütet als verkniffen lächelnde Queen Mum neben Mandy, die in Prinzessin Dianas Hochzeitskleid auf dem Balkon des Buckingham Palace ein Bad in der Menge nahm. Huldvoll winkend lächelte sie neben ihrem Bräutigam, einem Gorilla in Uniform. Darunter stand in einer Sprechblase: »King Kong: Endlich ein Mann, der mich auf Händen tragen kann.«
    Während die Gäste schallend lachten und Dorothee beifällig auf die Schulter klopften, dachte Christoph Kempf betreten an jenen Abend, als er Dorothee offensichtlich beim Basteln der Collage überrascht hatte, und fragte sich, wie er sie jemals hatte verdächtigen können, etwas anderes als Mandys beste Freundin zu sein.
     
    Noch auf der Heimfahrt gegen drei Uhr nachts hatte Mandy Barry White im Ohr. Alle hatten laut bei »You’re the first, you’re the last, my everything« mitgegrölt. Nur Margot hatte nicht mit eingestimmt, sie hätte lieber »Am Tag, als Conny Kramer starb« gesungen. Arme Margot, keiner hatte ihren Musikgeschmack geteilt, nicht einmal Christoph.
    Das Taxi hielt vor dem Haus, und Mandy tanzte gut gelaunt und leicht schwankend die Stufen zu ihrer Wohnung hinauf. Sie dachte noch, wie wunderbar sie sich auch ohne Mann amüsiert hatte, als sie etwas Schimmerndes vor der Wohnungstür liegen sah. Sie blinzelte verwundert und wollte sich schon danach bücken, als plötzlich jemand, der aus dem Nichts zu kommen schien, ihr roh die Hand auf den Mund preßte. Im selben Moment stieg ihr ein beißender Geruch in die Nase, und sie blickte

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