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Dornröschens Bestrafung

Dornröschens Bestrafung

Titel: Dornröschens Bestrafung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Roquelaure
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Sein
Gesicht mir abgewandt, seinen linken Arm unter sich zusammengerollt.
    „Du wirst den Nachmittag im
öffentlichen Stall verbringen, damit du gemietet werden kannst“, sagte er. „Du
wirst dort auf dem Ponypfad traben, angeschirrt und bereit, und ich erwarte zu
hören, dass du so einen Eifer und Schwung bietest, dass du sofort ausgeliehen
wirst.“
    Ich betrachtete seine
schlanke, elegante Gestalt im Mondlicht, das schimmernde Weiß seiner Ärmel, die
vollkommene Form seiner Waden in ihrer Umhüllung edelsten Leders. Ich gehörte
ihm. Ich gehörte ihm ganz und gar.
    „Ja, Herr“, sagte ich
leise.
    Ich kniete, beugte mich
lautlos über ihn, küsste seine rechte Hand.
    „Danke, Herr.“
    „Am Abend“, sagte er, „werde
ich mit dem Hauptmann sprechen, damit er Dornröschen schickt.“
    Eine Stunde musste
vergangen sein. Das Feuer war erloschen. Er schlief, das konnte ich an seinem
Atem hören. Er trug keine Waffen, noch nicht einmal ein Messer an seinem Körper
versteckt. Und ich wusste, dass ich ihn leicht hätte überwältigen können. Er
hatte nicht mein Gewicht oder meine Kraft, und sechs Monate im Schloss hatten
meine Muskeln gestärkt. Ich hätte seine Kleider nehmen, ihn gefesselt und
geknebelt hier zurücklassen und mich zum Land von König Lysius davonmachen
können.
    Er hatte sogar Geld in
seinen Taschen. Und sicher war er sich dessen bewusst gewesen, noch bevor wir
das Dorf verlassen hatten. Entweder prüfte er mich, oder er war sich meiner so
sicher, dass es ihm nicht in den Sinn gekommen war. Und während ich in der
Dunkelheit wach lag, musste ich mir selbst klarwerden über das, was er bereits wusste:
Würde ich davonrennen oder nicht, jetzt, wo ich die Gelegenheit dazu hatte? Es
war keine schwere Entscheidung. Doch jedes Mal, wenn ich mir selbst sagte, dass
ich es natürlich nicht tun würde, ertappte ich mich dabei, daran zu denken.
    Ausbrechen, nach Hause zurückkehren,
meinem Vater gegenübertreten und ihm sagen, dass wir es bei der Königin darauf ankommen
lassen - oder ich würde in ein anderes Land gehen, auf der Suche nach
Abenteuern. Ich glaube, dass ich kein menschliches Wesen wäre, wenn ich nicht
zumindest über diese Dinge nachgedacht hätte. Und ich dachte auch daran, von
den Bauern eingefangen zu werden. Zurückgebracht, über dem Sattel des
Hauptmanns baumelnd, wieder nackt, unterwegs zu einer unsagbaren Buße für das, was
ich getan hatte, und wahrscheinlich hätte ich meinen Herrn für immer verloren. Ich
dachte an weitere Möglichkeiten.
    Ich überdachte sie wieder
und wieder, und dann drehte ich mich um und kuschelte mich an, meinen Herrn,
schlang meinen Arm vorsichtig um seine Hüfte, presste mein Gesicht in den Samt
seines Gewandes. Ich musste endlich schlafen. Schließlich gab es morgen viel zu
tun. Ich konnte fast schon die Menge vor dem Drehsockel sehen. Irgendwann vor
Sonnenaufgang erwachte ich. Ich glaubte, Geräusche aus dem Wald gehört zu
haben. Doch als ich in der Dunkelheit lauschte, war dort nur das übliche
Murmeln der Geschöpfe des Waldes, und nichts, was den Frieden gestört hätte.
Ich sah hinunter auf das Dorf, das schlafend unter den schweren, leuchtenden
Wolken lag, und mir schien, dass sich etwas in seiner Erscheinung geändert
hatte. Die Tore waren geschlossen. Aber vielleicht waren sie stets um diese
Uhrzeit verschlossen. Es sollte nicht meine Sorge sein. Und sicher würden sie
am Morgen geöffnet werden.
    Ich drehte mich auf den
Bauch und schmiegte mich wieder eng an meinen Herrn.

Geheimnisse und Offenbarungen
    Sobald Dornröschen gebadet,
ihr langes Haar gewaschen und getrocknet war, trieb Lady Lockley sie mit dem
Paddel durch die lärmende Schenke und hinaus unter das vom Fackellicht
beleuchtete Zeichen des Löwen. Und dort stand sie nun auf dem
Kopfsteinpflaster. Der Platz war bevölkert, vor den verschiedenen Wirtshäusern
herrschte ein reges Treiben, zumeist waren es Kaufleute und Händler aus dem
Dorf und auch einige wenige Soldaten. Die Herrin rückte Dornröschens Haar
zurecht, strich grob und rauh über die Locken zwischen ihren Beinen und befahl
ihr, gerade zu stehen, die Brüste dezent vorgestreckt.
    Und da hörte Dornröschen plötzlich
den lauten Hufschlag eines nahenden Pferdes, schaute zur Rechten auf das weite
Ende des Platzes und sah die schwarze Gestalt eines hochgewachsenen Soldaten
herankommen. Die Hufe klapperten auf den Steinen, als der Reiter auf
Dornröschen zu preschte und mit einem scharfen Ruck sein Ross zügelte. Es

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