Dornröschens Erlösung
„Ihr wisst,
wo ihr euch befindet und warum ihr hier seid. Die Soldaten haben euch mit
Gewalt hierhergebracht, damit ihr eurem Herrn und Meister dient.“
Seine Stimme tönte voll, und seine Miene war herzlich und
warm.
„Und ihr wisst, dass ihr stets in vollkommenem Schweigen
dienen werdet. Für die Burschen, die sich um euch kümmern, seid ihr nichts
anderes als dumme kleine Kreaturen. Aber ich, der Hofmarschall des Sultans, teile
den Irrglauben nicht, dass sich Wollust und hoher Verstand ausschließen.“
Natürlich nicht, dachte Dornröschen. Aber sie wagte es nicht,
ihre Gedanken auszusprechen. Ihr Interesse an dem Mann vertiefte sich zusehends
und auf gefährliche Weise.
“Ihr seid die wenigen Sklaven, die ich ausgesucht habe“, sagte
er, und seine Blicke schweiften über die Gruppe, „euch habe ich erwählt, um
euch zu vervollkommnen und dem Hofe des Sultans anzubieten. Ihr werdet stets
über meine Ziele, meine Wünsche und meine Launen in Kenntnis gesetzt, aber wir
werden nur in dieser Kammer miteinander sprechen. Ich möchte, dass ihr meine
Anweisungen versteht und meine Erwartungen erfüllt.“
Er ging auf Dornröschen zu. Seine Hand griff nach ihrer
Brust und drückte sie, wie er es zuvor getan hatte. Ein heißer Schauer
überrollte Dornröschen. Mit der anderen Hand tätschelte er Laurents Wangen. Dornröschen
wandte sich zur Seite, um Laurent zu betrachten, und der Meister strich mit dem
Daumen über ihre Lippen.
“Das wirst du nicht tun, Prinzessin“, tadelte er und schlug
plötzlich fest zu.
Dornröschen senkte den Kopf. Ihr Gesicht brannte.
„Du wirst weiterhin mich anschauen, bis ich dir etwas anderes
befehle.“
Dornröschen stiegen Tränen in die Augen. Wie hatte sie nur
so dumm sein können? Seine Stimme klang nicht zornig, und er hob ihr Kinn sanft
an. Sie starrte ihn an durch ihre Tränen.
“Weißt du, was ich von dir will, Dornröschen? Antworte mir.“
„Nein, Herr“, sagte sie schnell.
“Dass du perfekt bist. Für mich!“ erklärte er geduldig. „Ich
erwarte von euch allen, dass ihr die besten der vielen Sklaven werdet. Ihr
sollt glänzen, aber nicht nur durch eure Fügsamkeit, sondern vor allem durch
eure starke und besondere Leidenschaft. Ihr werdet euch abheben von der Masse
der Sklaven, die euch umgeben. Ihr sollt eure Herren und Herrinnen in einen
schimmernden Glanz der Freuden führen, den sie bis jetzt noch nicht kennengelernt
haben. Versteht ihr mich?“
Dornröschen unterdrückte ein Schluchzen und wandte den Blick
nicht von ihrem Meister. Noch nie hatte sie eine so überwältigende Sehnsucht
gefühlt, jemandem zu Willen zu sein. Seine eindringliche Stimme war gänzlich
anders als der herrische Ton derer, die sie auf dem Schloss erzogen oder im
Dorf gezüchtigt hatten. Sie fühlte sich, als würde sie ihre gesamte Persönlichkeit
verlieren. Langsam schmolz sie dahin.
“Und das werdet ihr für mich tun“, fuhr er fort, und seine
Stimme wurde sogar noch weicher und klangvoller. „Ihr werdet ebenso mir zu gefallen
sein wie euren königlichen Herrschaften.“
Er schloss seine Hand um Dornröschens Kehle. „Ich möchte
noch einmal deine Stimme hören, meine Kleine. In meinen Gemächern wirst du zu
mir sprechen, um mir zu sagen, dass du es wünschst, mich zu befriedigen.“
“Ja, Herr“, sagte sie mit einer merkwürdig fremden Stimme, die
Gefühle ausdrückte, die sie bis jetzt nicht gekannt hatte.
Die warmen Finger liebkosten ihren Hals und schienen sogar
ihre Worte zu streicheln.
“Es gibt hier unzählige Pagen und Knechte“, sagte er und
kniff die Augen zusammen, als er den Blick von Dornröschen wandte.
„Hunderte, die damit beschäftigt sind, für unsere Hoheit, den
Sultan, fleischige kleine Rebhühner oder hübsche muskulöse Rammler und Böcke
zuzubereiten, damit er mit ihnen spielen kann. Ich, Lexius, bin der einzige
Oberaufseher dieser Knechte und der Hofmarschall des Sultans. Ich habe die
Aufgabe, das schönste Spielzeug auszuwählen und darzubieten.“
Er betrachtete erneut Dornröschen, und seine Augen weiteten
sich. Der Anflug von Zorn erschreckte Dornröschen. Aber die sanften Finger
massierten ihren Nacken, und der Daumen streichelte ihren Hals.
“Ja, Herr“, antwortete sie plötzlich.
“Mein kleiner Schatz“, flötete er zärtlich.
Aber dann wurde er ernst und sprach leiser, als wollte er
größeren Respekt fordern.
“Es steht außer Frage, dass ihr keine Möglichkeit habt, euch
auszuzeichnen, wenn die Herrschaften dieses
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