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Dornröschens Erlösung

Dornröschens Erlösung

Titel: Dornröschens Erlösung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Roquelaure
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Königin, die sich selbst der Sklaverei aussetzen. So
etwas geschieht . . . „
    „Nein, das meine ich nicht. Ich rede nicht davon, dass es so
einfach ist, mich beherrschen zulassen“, antwortete er. „Die Ironie ist, dass
ausgerechnet ihr mich beherrscht und dass der Sultan so großen Gefallen an euch
beiden findet. Er hat befohlen, dass ihr an den Spielen im Garten morgen
teilnehmt. Ihr werdet den Ball fangen und ihn zurückbringen. Er wird euch
gegeneinander antreten lassen in vielen Spielen - zu seinem Vergnügen und dem
seiner Männer. Er hat nie zuvor Sklaven von mir dafür ausgewählt. Und nun hat
er euch auserkoren, und ihr habt mich hierfür auserkoren. Das ist die Ironie.“
    Ich schüttelte den Kopf und lachte leise. Tristan und ich
tauschten Blicke aus. “Wir sollten uns jetzt ein wenig ausruhen für die Spiele
morgen, meint Ihr nicht, Meister? “ fragte Tristan.
    “Ja“, sagte Lexius. Er setzte sich auf und küsste uns beide.
„Seid dem Sultan eine Freude und versucht, nicht zu grausam zu mir zu sein.“
    Er stand auf, zog seine Robe über und band sich den Gürtel
um. Ich holte die Schuhe für ihn und zog sie ihm an. Er wartete, bis ich fertig
war, und dann gab er mir seinen Kamm. Ich kämmte sein Haar. Das Gefühl, dass er
mir gehörte, verwandelte sich in ehrfurchtgebietenden Stolz.
    “Du bist mein“, flüsterte ich. “Ja, das ist wahr“, sagte er.
„Und nun werdet ihr beide an Kreuze im Garten gebunden zum Schlafen.“ Ich
zuckte zusammen und wurde rot. Tristan lächelte nur und senkte den Blick. “Sorgt
euch nicht wegen des Sonnenlichts“, sagte Lexius. „Die Augenbinde wird die Sonnenstrahlen
abhalten. Und ihr könnt in Frieden dem Gesang der Vögel lauschen.“
    Der Schrecken verblasste. “Ist dies deine Rache?“ fragte ich.
“Nein“, sagte er nur und sah mich an. „Der Sultan hat es befohlen. Und er wird
bald erwachen. Gut möglich, dass er im Garten spazieren gehen möchte.“
    „Dann sollst du die Wahrheit wissen“, sagte ich trotz des
Kloßes in meinem Hals. „Ich liebe diese Kreuze!“
    „Warum hast du mich dann provoziert, als ich gestern
versucht habe, dich an eines der Kreuze binden zu lassen? Es schien mir, als
hättest du alles getan, nur um dieser Prozedur zu entgehen.“
    Ich zuckte mit den Achseln. „Da war ich noch nicht müde. Jetzt
bin ich müde. Die Kreuze eignen sich vorzüglich zum Ausruhen.“
    Mein Gesicht brannte. “Es lässt dich zittern vor Angst, und
du weißt es“, sagte er, und seine Stimme klang jetzt eisig und herrschend. All
die Zaghaftigkeit war verschwunden.
    “Wie wahr“, sagte ich und gab ihm den Kamm zurück. „Und ich
denke, dass ich sie aus diesem Grund so sehr liebe.“ Mein Mut verließ mich, als
wir uns der Tür zum Garten näherten. Die rasche Wandlung vom Herrn zum Sklaven
machte mich benommen und erfüllte mich mit einem seltsamen, neuen Schmerz, den ich
weder klar benennen noch ertragen konnte. Als wir uns auf Händen und Knien den
Korridor entlangbewegten, fühlte ich mich verletzlich und empfand den
übermächtigen Wunsch, Lexius zu umarmen und Zuflucht in seinen Armen zu suchen.
    Es wäre jedoch närrisch gewesen, ihn darum zu bitten. Er war
wieder Herr und Meister, und wenn auch seine Seele verwirrt sein mochte, so war
sie mir jetzt verschlossen. Als wir den Torbogen erreichten, hielt er an und
ließ seinen Blick über das kleine Paradies der Bäume, Blumen und die Sklaven
schweifen, die bereits an die Kreuze gebunden waren. Jeden Moment, dachte ich, wird
er nach den Pagen rufen. Doch Lexius stand noch immer regungslos da. Und dann
bemerkte ich, dass beide, er und Tristan, auf den Pfad starrten. Vier Männer
näherten sich uns rasch. Ihre weißen Kopfbedeckungen aus Leinen waren um ihre
Gesichter geschlungen, als wären sie in der Wüste und nicht im geschützten Garten
des Palastes. Sie sahen aus wie Hunderte anderer Männer hier, so schien es mir,
bis auf den Umstand, dass sie zwei aufgerollte Teppiche mit sich trugen.
    Seltsam, dachte ich. Warum lassen sie nicht ihre Diener die
Teppiche tragen? Sie kamen näher, bis Tristan plötzlich schrie: „Nein!“ So laut,
dass wir beide, Lexius und ich, erschraken.
    „Was geht hier vor? “ wollte Lexius wissen. Wir wurden in
den Korridor gezwungen und vollkommen umzingelt.

Dornröschen: In die Arme des Schicksals
    Ein neuer Morgen brach an. Dornröschen spürte die frische
Luft, noch ehe sie das Licht des angebrochenen Tages erblickte. Ein Klopfen
hatte sie geweckt. Inanna

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