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Dornröschenschlaf

Dornröschenschlaf

Titel: Dornröschenschlaf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Gaylin
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allem redete er weiter um den heißen Brei herum. Sprach nicht von dem Bild von Lydia Neff vor seinem Wagen oder von dem Bild von seinem nackten, verheirateten Boss. Sprach nicht von dem Beweis für das Verhältnis zwischen Lydia Neff und Roger Wright, sondern von der Kinderzeichnung, die dabei gewesen war. »Sie sprechen von den Dingen, die Carol Wentz aus Lydias Haus mitgenommen hat«, setzte sie langsam an.
    Â»Ja.«
    Gegen eine Waffe konnte sie nicht kämpfen, aber gegen einen Mann. Nach der Tracht Prügel, die sie vor elf Jahren durch einen untreuen Ehemann bezogen hatte, hatte sie gelernt, sich zu verteidigen, und zwar nach allen Regeln der Kunst. Hatte Errol dazu gezwungen, ihr die Stunden zu bezahlen. Weil das schließlich das mindeste gewesen war. Sie konnte einen Mann besiegen, selbst wenn der ein Profikiller war, direkt hinter ihr stand und ihr eine Waffe an die Kehle hielt. Dazu musste sie nur wissen, wo genau seine Augen waren …
    Â»Ich habe die Fotos gesehen. Ich weiß genau Bescheid.« Brenna schob die Scherbe aus ihrer Handfläche nach vorn, bis sie sie zwischen Daumen und Zeigefinger hielt. »Sie wissen, dass ich alles weiß. Warum also fragen Sie mich nach dem Bild?«
    Sie konnte seinen Atem an ihrer Schläfe spüren. »Weil ich es –«, zischte er, und das war genug. Lass ihn diesen Satz nicht zu Ende sprechen. Sie riss ihren Arm nach oben und zurück, dorthin, wo sie seinen Atem spürte, und dann noch ein bisschen weiter, bis sie mit dem Handgelenk in Höhe seiner Wimpern war. Perfekt.
    Sie stach mit dem spitzen Scherbenende zu und riss es wieder zurück …
    Nicht das Auge, aber fast. Ein Gurgeln drang aus seiner Kehle, seine Finger wurden schlaff, und die Waffe fiel ihm aus der Hand. Als sie auf den Boden krachte, löste sich ein Schuss, und einen Augenblick lang waren sie beide wie betäubt.
    Meade umklammerte sein Auge und taumelte zurück. »Gottverdammt!«, schrie er und sah sich mit dem anderen Auge suchend um, als könnte er die Kugel finden, damit die ihn nicht verriet.
    Während es noch immer in ihren Ohren klingelte, trat sie die Waffe fort. Meade stürzte auf sie zu. Sie sah ihn wie in Zeitlupe, ballte die Hand zur Faust und schlug ihm kraftvoll in den Unterleib. Er atmete zischend aus, und während er vornüberfiel, begann sie selbst, sich nach der Waffe umzusehen, mit einem Mal aber schlug er ihr kraftvoll ins Gesicht. Sie hatte das Gefühl, als wäre sie mit Schwung gegen eine Tür gekracht, und vor ihren Augen tauchten kleine, helle Flecken auf. Auch der untreue Ehemann damals hatte ihr einen Faustschlag ins Gesicht verpasst, doch statt Schmerzen hatte sie vor allem ein Gefühl des Schocks verspürt, weil sie nie zuvor solch blankem Hass begegnet war. Sie schmeckte ihr salziges Blut, genau wie vor elf Jahren, roch den modrigen Geruch der dunklen Gasse, spürte die schwieligen Hände, die ihr ihre Kamera entwanden … Hör auf, dich zu erinnern. Bleib hier in der Gegenwart. »Vor 87 Jahren«, wisperte sie, »haben unsere Väter auf diesem Kontinent …«
    Meade runzelte die Stirn.
    Brenna zog die Scherbe quer über sein Gesicht.
    Er schrie gellend auf. Blut strömte über seine Wange, aber Brenna ließ nicht von ihm ab, ritzte und schnitt ihm weiter in die Haut – in die Braue, in den Kiefer, in den dicken Hals. Blutete ihn aus für Nelson und für Carol Wentz, für Klavel und für …
    Â»Wo ist Iris?«, hörte sie sich brüllen und stach wieder auf ihn ein. »Wo ist Iris Neff?«
    Er packte ihre Handgelenke, stieß sie von sich fort, und sie fiel rücklings auf den Asphalt.
    Sie stützte sich mit beiden Händen ab, spürte unter Fingerspitzen Stahl.
    Meade stürzte sich auf die Pistole, aber sie war schneller, riss sie hoch und zielte damit auf den Kerl. Er wurde schreckensstarr, und sie rappelte sich auf und drückte ihm den Lauf der Waffe in die Brust. Dann griff sie in die Tasche seines billigen braunen Jacketts, ertastete ihren Schlüsselbund und riss ihn heraus. Gleichzeitig fiel noch etwas anderes auf den Bürgersteig. Ihr Handy. Sie trat es zur Seite, zielte aber weiter mit der Waffe auf das Schwein, aus dessen zerschnittenem Gesicht das Blut auf seinen Hals und seinen Kragen lief. Außer seinem krächzenden Atem äußerte er nicht mehr den geringsten Laut.
    Ein Bildchen baumelte an ihrem

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