Dornröschenschlaf
weh tat, kurz den Atem an. »Woher haben Sie gewusst, was mit mir passiert ist?«, krächzte sie.
»Polizeifunk«, antwortete er. »Aber versuchen Sie, erst mal nicht mehr zu sprechen, ja? Es ist einundzwanzig Uhr. Sie sind im Columbia-Presbyterian. Ihre Stichwunde musste genäht werden, und Sie brauchten etwas frisches Blut, sind aber in einem überraschend guten Zustand, wenn man bedenkt ⦠Brenna, was ist passiert?«
»Meade«, erklärte sie.
»O mein Gott.«
»Er ⦠er war nicht mehr ⦠dann habe ich ihn also nicht erwischt?«
»Nein. Meade war nicht mehr da.«
Brenna schloss die Augen. »Ich habe auf ihn geschossen. Mit seiner .45er.«
»Ich könnte jetzt sagen, dass ich Ihnen gesagt habe, Sie sollten sich nicht mehr einmischen, aber dann reden Sie wahrscheinlich weiter. Und das will ich nicht.«
Brennas Blick fiel auf das Mädchen, das vollkommen reglos in der Ecke saÃ. Es trug eine Brille mit viereckigen Gläsern, hatte ein scheues, herzförmiges Gesicht und in der Mitte gescheiteltes, seidig braunes Haar.
»Ich bin Maggie«, sagte sie mit Irisâ Stimme.
Brenna sah Morasco an.
»Das ist Maggie Schuler. Sie war eine Freundin von Iris, als die beiden noch ganz klein waren. Sie hat im Haus rechts von den Neffs gewohnt. Dem mit den verschiedenen Wohnebenen.«
»Dem Haus aus Drei Mädchen und drei Jungen .«
»Pst. Ja.«
»Sie wurde auch in der Polizeiakte erwähnt«, führte Morasco weiter aus. »Sie war M.«
Brenna riss die Augen auf und versuchte, sich noch weiter aufzurichten, doch das lieà die Stichwunde nicht zu. Sie legte eine Hand auf den Verband.
Das Mädchen sah auf seine Hände. »Es tut mir wirklich leid«, erklärte sie, und Brenna kehrte in Gedanken in die Küche von Nelson Wentz zurück. »Noch mehr Eis«, wünschte sie sich, und als Morasco ihr das nächste Stück zwischen die Lippen schob, bat sie: »Fang mit dem Chatroom an.«
Maggie räusperte sich. »Im August hörte ich zufällig, wie sich mein Bruder Eric mit seinem Freund Jonathan Klein darüber unterhalten hat.«
Brenna lutschte an dem Eis und hörte in Gedanken Nelsons Stimme, während er gleich nach der Pressekonferenz mit ihrem Assistenten sprach ⦠»Ein paar Antiviren-Programme, die die Spyware-Programme löschen sollten. Aber keins davon war wirklich gut ⦠oh, und dann sagte er noch, er hätte mir ein paar Extras runtergeladen â ein paar Updates des Textverarbeitungsprogramms und so.«
»Jonathan hatte sich Mr Wentzâ Computer angesehen«, erklärte Maggie ihr. »Einmal musste Mr Wentz zur Arbeit oder so und sagte zu Jonathan, dass er, wenn niemand zu Hause wäre, einfach mit dem Ersatzschlüssel aufsperren soll. Das hat er gemacht, aber als er nach oben ins Computerzimmer kam, hat er Mrs Wentz dabei überrascht, wie sie in einem Chatroom mit Namen âºFamilien von Vermisstenâ¹ war.« Sie zupfte nervös an ihrer Lippe. »Sie ist total ausgeflippt und hat zu ihm gesagt, dass er das niemandem verraten soll.«
»Ich kenne diesen Chatroom«, sagte Brenna leise.
Morasco sah das Mädchen an. »Maggie hat sich dort eingeloggt.«
»Ja«, räumte sie ein. »Auch wenn ich nicht weiÃ, warum.«
»Du kannst dich nicht daran erinnern, dass ich dich schon mal vernommen habe«, sagte der Polizist zu ihr.
»Nein. Nicht wirklich. Aber an Iris erinnere ich mich noch genau. Ich war damals so klein, und sie wirkte so groÃ. Ich habe keine Schwestern. Nur einen groÃen Bruder, und ich schätze, als ich klein war ⦠habe ich zu ihr aufgesehen.«
Brenna nickte verständnisvoll.
»Aber wie dem auch sei, Mrs Wentz war ständig in dem Chatroom und tat, als wäre sie Irisâ Mom. Es war klar, dass sie es war â sie war dort die Einzige aus Tarry Ridge und hat ständig von Iris gesprochen und davon, dass sie die Hoffnung nie aufgeben würde, dass sie irgendwann wieder nach Hause kommt. Ich ⦠ich weià nicht, warum, aber das hat mich irgendwie wütend gemacht.«
»Weil du wieder angefangen hast, Iris zu vermissen«, schlug Morasco vor.
»Ja. Vielleicht. Aber auÃerdem tat mir Irisâ echte Mutter leid. Ich meine, was, wenn sie in den Chatroom gegangen wäre und herausgefunden hätte, dass eine andere sich als sie ausgibt?« Sie
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