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Dornroeschenschlaf

Dornroeschenschlaf

Titel: Dornroeschenschlaf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Banana Yoshimoto
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Shibami?«
    »Hast du nicht gesagt, du wolltest mir das Geld zurückgeben?«
    »Ja, gerade hab ich bei einem Job was verdient, ich geb dir alles auf einmal.«
    »Ich hab gehört, daß du von meinem Geld nach Hawaii gefahren bist?«
    »Hawaii??? Red kein dummes Zeug! In Atami { * } war ich, Atami!«
    »Bei den anderen hat sich das zu Hawaii ausgewachsen.«
    »Na klar! Hättet ihr mal das ganze Geld zusammengezählt, hättet ihr euch das Ziel der Reise doch ausrechnen können, ihr Idioten. Der Tanaka kann lange auf sein Geld warten!«
    »Atami? Was gab’s denn da?«
    »Erzähl ich dir nachher. Wo sollen wir uns treffen? Ich richte mich ganz nach dir.«
    »In der Lobby des Hotels K, um eins«, sagte ich. Ich hatte mal gehört, daß Sarahs Eltern oft dort wohnten, wenn sie in Japan waren. Vielleicht … Vorhin hatte ich schon an der Rezeption angerufen und nach Sarah gefragt, aber unter ihrem Namen gab es dort niemanden. Ich hatte die Hoffnung jedoch noch nicht ganz aufgegeben.
    »Okay«, sagte Ken’ichi und legte auf.
     
    Was für Menschenmassen sich dort auch tummeln mögen – die Atmosphäre an Orten wie den Lobbys riesiger Hotels ist im Grunde genommen immer völlig tot. Als ich ankam, war Ken’ichi offenbar noch nicht da. Ich ließ mich tief in eins der Sofas sinken und schaute mich um.
    Überall Ausländer, das heißt hauptsächlich Geschäftsleute in Anzug und Krawatte. Aber von Sarah keine Spur. Fließendes Englisch hallte von der hohen Decke wider und lullte mich ein wie Musik. Ich verfiel immer mehr ins Träumen.
    Bald sah ich durch die Glastür Ken’ichi näher kommen. Als er vor meinem Platz stand, gab er mir ein Kuvert.
    »Hier, dein Geld.« Ohne ein Wort nahm ich das Kuvert an mich. Ein Grund, mich zu bedanken, lag nicht vor.
    »Haste grad Zeit?«
    »Ja, was Besonderes hab ich nicht vor.«
    »Komm, dann lad ich dich zum Tee ein«, sagte Ken’ichi und setzte sich mir gegenüber.
    Während wir Tee tranken, meinte er lachend: »Irre, die Gerüchteküche ist ja Wahnsinn. Hawaii – Mensch, da würd ich auch gern mal hin!«
    »Hör mal, knapp zweihunderttausend Yen, wofür hast du die dann verbraten? Aber – wenn du nicht willst, brauchst du’s nicht zu erzählen.«
    »Nee, nee, ist schon okay. Richtig gepraßt haben wir in Atami. In den besten Hotels der Gegend sind wir abgestiegen, jeden Tag mit dem Wagen rumgedüst und haben super gegessen. Zwei Wochen war’n wir da. Guck dir meine Haut an, zart wie ein Kinderpopo, oder?«
    »Warst du mit deiner Freundin da?«
    »Ja.«
    »Soll ja ’ne Oberschülerin sein?« Ich lachte.
    »Ja, Wahnsinn!« platzte Ken’ichi raus. »Voll daneben! Auf dem College ist sie. Das ist ja ein irres Gerücht! Wie weit das wohl noch geht? Vielleicht sollte ich noch ’ne Weile länger von der Bildfläche verschwinden?«
    »So ist das eben mit Gerüchten. Solange du Geld schuldest, werden sie immer weiter aufgebauscht. Aber – zwei Wochen Atami, das muß doch selbst für ein frisch verliebtes Paar langweilig werden, oder?«
    »Ach, einfach Zeit zu haben ist schon prima … Oder anders gesagt, wir wollten nur raus aus dem Alltagstrott, da war uns alles recht. Die Eltern meiner Freundin sind frisch geschieden. Weil sie mir furchtbar leid tat, wollte ich sie irgendwohin mitnehmen. Aber Ausland ist so anstrengend, und da man sich in einem Onsen angeblich auch nicht gerade langweilt, war Atami genau das Richtige. Der Plan war prima, aber ich war pleite, völlig pleite.« Ken’ichi lachte.
    »Sag bloß!«
    »Wenn man sich einmal in depressive Stimmungen fallen läßt, gibt es anscheinend kein Halten mehr. Ich hatte mich von meiner Freundin anstecken lassen und war selbst ein bißchen komisch geworden. Na ja, bei ihr zu Hause war’s wohl wirklich schlimm gewesen, also, was soll’s? – Nur ein Beispiel: Wir verabreden uns. Wie immer komme ich etwa eine Viertelstunde zu spät. Daraufhin ist sie völlig fertig.
    Und heult. Wir haben uns zwar nicht andauernd gesehen, aber es hatte mich auch schon erwischt. Deshalb wollte ich mal so richtig einen draufmachen. Inwieweit sie das alles so genossen hat, weiß ich nicht, ich jedenfalls hatte echt meinen Spaß.«
    »Das kann ich mir vorstellen!« Ich lachte.
     
    Daß Mariës Eltern dermaßen gegen deren Beziehung zu Yoshihiro waren, damit hatten wohl auch die beiden nicht gerechnet. Aber ehrlich gesagt hätte ich als Mutter meine einzige Tochter, in deren Ausbildung, seien es jetzt Klavier oder Englischstunden, ich viel Geld gesteckt

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