Double Cross. Falsches Spiel
Sein Name ist Harry Dalton.
Vielleicht erinnern Sie sich an ihn... Ja? Um so besser. Ich möchte eine vollständige Kopie der Akte über diesen Fall...
Warum? Ich fürchte, mehr kann ich Ihnen nicht sagen, Superintendent. Danke für Ihre Kooperationsbereitschaft.
Schönen Tag noch.«
Vicary legte auf. Er schlug mit der Handfläche auf den Tisch und sah Harry an. Zum ersten Mal seit Wochen lächelte er.
Catherine Blake packte ihre Handtasche für den Abend - das Stilett, die Mauser, die Kamera. Sie war mit Jordan zum Essen verabredet. Wahrscheinlich würden sie hinterher in sein Haus gehen und sich lieben - wie immer. Sie kochte Tee und las die Nachmittagszeitungen. Der Mord an Rose Morely beherrschte die Schlagzeilen. Die Polizei glaubte an eine n versuchten Raub, der außer Kontrolle geraten war und in einem Mord geendet hatte. Sie hatte sogar zwei Verdächtige. Genauso hatte sie es sich vorgestellt. Besser hätte es nicht laufen können. Sie zog sich aus und nahm ein Bad. Sie trocknete sich gerade das Haar, als das Telefon klingelte. Nur eine einzige Person in Großbritannien kannte ihre Telefonnummer - Peter Jordan.
Catherine gab sich überrascht, als sie seine Stimme am anderen Ende der Leitung hörte.
»Ich fürchte, ich muß unsere Verabredung zum Essen absagen. Tut mir leid, Catherine. Mir ist etwas Wichtiges dazwischen gekommen.«
»Ich verstehe.«
»Ich bin noch im Büro. Es wird heute sehr spät.«
»Peter, du brauchst mir keine Erklärung zu geben.«
»Ich weiß, aber ich möchte es. Ich muß morgen in aller Frühe aus London weg und habe vorher noch eine Menge zu erledigen.«
»Ich will dir nicht verhehlen, daß ich enttäuscht bin, Peter. Ich habe mich auf den Abend mit dir gefreut. Ich habe dich seit zwei Tagen nicht mehr gesehen.«
»Mir kommt es wie ein Monat vor. Ich würde dich auch gern sehen.«
»Ist es wirklich unmöglich?«
»Ich bin frühestens um elf zu Hause.«
»Na wunderbar.«
»Und morgen früh um fünf holt mich ein Wagen zu Hause ab.«
»Schön.«
»Aber Catherine...«
»Ich mache dir einen Vorschlag. Wir treffen uns um elf vor deinem Haus. Ich mache uns etwas zu essen, und du kannst dich ausruhen und alles für deine Reise vorbereiten.«
»Ich brauche etwas Schlaf.«
»Ich laß dich schlafen, das verspreche ich.«
»Neulich haben wir nicht viel geschlafen.«
»Ich werde mir alle Mühe geben, mich zu beherrschen, Peter.«
»Dann also bis elf.«
»Wunderbar.«
Die rote Lampe über Boothbys Tür brannte heute sehr lange.
Vicary streckte die Hand aus, um den Summer ein zweites Mal zu drücken - ein krasser Verstoß gegen eine von Boothbys Verfügungen -, hielt aber inne. Von der anderen Seite der dicken Flügeltür hörte er zwei Stimmen, die miteinander stritten: die eine gehörte Boothby, die andere unverkennbar einer Frau. Das lasse ich nicht mit mir machen! Es war die Frauenstimme, laut und leicht hysterisch. Boothbys Stimme antwortete ruhiger und klang wie die eines Vaters, der sein ungezogenes Kind zurechtwies. Vicary, der sich wie ein Idiot vorkam, lehnte das Ohr an den Spalt zwischen den Türflügeln. Schwein! Mieses Schwein! Das war wieder die Frauenstimme. Dann hörte er, wie die Tür von Boothbys Privateingang zuschlug. Plötzlich leuchtete die grüne Lampe auf. Vicary ignorierte sie. Wenn er lang genug wartete, würde die Frau um die Ecke biegen, und er konnte sehen, wer es war. Er hörte das Klappern ihrer hohen Absätze, die sie wütend auf den Boden des Korridors knallte.
Dann kam sie - es war Grace Clarendon. Sie blieb stehen und kniff bei Vicarys Anblick angewidert ihre hellgrünen Augen zusammen. Eine Träne rollte ihr über die Wange. Sie wischte sie weg und stapfte den Flur hinunter.
In Boothbys Büro war es dunkel, nur die Schreibtischlampe brannte. Es roch nach dem Rauch der Zigarette, die im Aschenbecher neben Boothby verglomm. Boothby, in Hemd und Hosenträgern, las in einer Akte. Ohne aufzusehe n forderte er Vicary auf, sich zu setzen, indem er mit seinem goldenen Füllhalter auf einen der Stühle vor dem Schreibtisch deutete.
»Ich höre«, sagte er.
Vicary brachte ihn rasch auf den neuesten Stand. Er berichtete über die Ermittlungsergebnisse in der Mordsache Rose Morely, wies auf die mögliche Verbindung zwischen der deutschen Agentin und dem Mord an Vernon Pope hin und erklärte, daß es unbedingt erforderlich sei, Robert Pope zu finden und zu vernehmen. Er verlangte jeden verfügbaren Mann für die Suche nach Pope. Boothby
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