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Double Cross. Falsches Spiel

Double Cross. Falsches Spiel

Titel: Double Cross. Falsches Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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Abwehr-Offiziere unter dem Verdacht des Hochverrats war die Moral am Tirpitz-Ufer auf einen neuen Tiefpunkt gesunken. Vogel spürte, daß der militärische Geheimdienst in ein gefährliches Fahrwasser geriet.
    Gerüchten zufolge war Canaris bei Hitler in Ungnade gefallen, und Mitarbeiter munkelten sogar, daß Himmler gegen Canaris intrigiere, um ihn aus dem Weg zu räumen und die Abwehr unter die Kontrolle der SS zu bringen.
    »Erzählen Sie mir von Scorpio«, wiederholte Vogel.
    »Ich lernte ihn beim Abendessen im Haus eines amerikanischen Diplomaten kennen.« Müller warf seinen runden Kopf zurück und starrte an die Decke. »Es war vor dem Krieg, 1937, glaube ich. Ich werde sicherheitshalber in seiner Akte nachsehen. Der Bursche sprach besser Deutsch als ich. Er hielt die Nazis für Pfundskerle, die Großes für Deutschland vollbringen. Es gab nur eines, was er mehr haßte als die Juden, und das waren die Bolschewisten. Er hielt mir einen regelrechten Vortrag. Ich selbst habe ihn am nächsten Tag angeworben. Das war der leichteste Fang meiner Laufbahn.«
    »Sein Werdegang?«
    Müller lächelte. »Eliteuniversität, Bankkarriere, gute Kontakte zur Wirtschaft, ist mit halb Washington befreundet.
    Seine Informationen über die Rüstungsproduktion waren ausgezeichnet.«
    Vogel faltete den Bericht zusammen und steckte ihn in die Tasche zurück.
    »Wie heißt er?«
    »Kommen Sie, Kurt, er ist einer meiner besten Agenten.«
    »Ich will seinen Namen.«
    »In diesem Haus bleibt nichts geheim, Kurt, das wissen Sie.
    Wenn ich es Ihnen sage, weiß es bald jeder.«
    »In einer Stunde liegt eine Kopie seiner Akte auf meinem Schreibtisch«, sagte Vogel mit seiner kraftlosen Stimme, die kaum mehr als ein Flüstern war. »Außerdem will ich alles, was Sie über den Ingenieur haben.«
    »Die Informationen über Jordan können Sie kriegen.«
    »Ich will alles, und wenn ich deswegen zu Canaris gehen muß.«

    »Um Himmels willen, Kurt, Sie werden doch nicht zu Onkel Willy rennen, oder?«
    Vogel stand auf und knöpfte sein Jackett zu. »Ich will seinen Namen, und ich will seine Akte.«
    Vogel drehte sich um und verließ das Büro.
    »Kurt, kommen Sie zurück«, rief Müller. »Reden wir darüber, wir werden schon eine Lösung finden, Herrgott noch mal.«
    »Wenn Sie mit mir reden wollen, ich bin im Büro des Alten«, sagte Vogel, während er auf den engen Flur zusteuerte.
    »In Ordnung, Kurt, Sie haben gewonnen.« Müllers teigige Hände wühlten in einem Aktenschrank. »Hier ist die verfluchte Akte, Kurt. Sie brauchen nicht schon wieder zu Onkel Willy zu rennen. Mein Gott, manchmal sind Sie schlimmer als die verfluchten Nazis.«
    Vogel brachte den Rest des Morgens mit der Lektüre von Peter Jordans Akte zu. Als er damit fertig war, zog er zwei weitere Akten aus einem seiner Schränke, kehrte zum Schreibtisch zurück und studierte sie gründlich.
    Die erste Akte enthielt Informationen über einen Iren, der kurze Zeit als Spion gearbeitet hatte, dann aber nicht mehr kontaktiert worden war, weil er nur wertloses Material geliefert hatte. Vogel hatte sich sein Dossier beschafft und ihn auf die Agentenliste der V-Kette gesetzt. Wegen der schlechten Beurteilungen, die der Spion in der Vergangenheit bekommen hatte, machte sich Vogel keine Sorgen - er suchte keinen Spion.
    Der Agent hatte andere Qualitäten, die ihn interessierten. Er betrieb eine kleine Farm an einem entlegenen Küstenstreifen im englischen Norfolk. Als konspiratives Haus war sie ideal - so nahe bei London, daß man mit dem Zug in drei Stunden dort war, und doch so weit entfernt, daß es in der Gegend nicht von MI5-Offizieren wimmelte.

    Die zweite Akte enthielt das Dossier eines ehemaligen Fallschirmjägers der Wehrmacht, der wegen einer Kopfverletzung nicht mehr springen durfte. Der Mann verfugte über alle Eigenschaften, die Vogel schätzte - er sprach perfekt Englisch, hatte einen Sinn für Details und einen kühlen Verstand. Werner Ulbricht hatte ihn auf einem Horchposten an der französischen Küste aufgestöbert. Vogel hatte ihn angeworben, auf die Gehaltsliste der V-Kette gesetzt und gewartet, bis er einen geeigneten Auftrag für ihn fand.
    Vogel schob die Akten beiseite und brachte zwei Funksprüche zu Papier. Er fü gte die zu verwendenden Codes hinzu, die Funkfrequenzen und den Zeitplan, nach dem sie gesendet werden sollten. Dann schaute er auf und rief nach Ulbricht.
    »Ja, Herr Kapitän«, sagte Ulbricht, als er mit seinem Holzbein ins Büro hinkte. Vogel

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