Down Under - Reise durch Australien
der Turm interessierte uns nicht, und wir liefen mit schon etwas qualmenden Socken weiter zum Queen Victoria Building . Und das ist echt ein Hammer. Zweihundert Meter lang, oben mit einer großen und unzähligen kleinen Kuppeln versehen, ist das Gebäude heute ein wunderschönes Shopping-Center. Und zwar nicht so ein Ding, wie es sie überall gibt, sondern eins mit Flair. Und wer geht nicht gern shoppen? Also, dieses Kreuzchen auf Carols Liste untersuchten wir äußerst gründlich und hatten nicht ein Fünkchen schlechtes Gewissen, da es ja schließlich ein historisches Gebäude war.
Nun war es bereits später Nachmittag, und so langsam mussten wir dem zurückgelegten Laufpensum Tribut zollen. Wir tranken zwei Cappuccini und kauften uns etwas Obst, um auch den Rest noch zu überstehen. Und dann stiefelten wir nach Chinatown.
Im Vergleich zu San Franciscos Chinatown herrscht hier neben dem üblichen bunten Treiben und der unglaublichen Vielfalt chinesischer Waren doch mehr ein internationales Flair. Ich hatte das Gefühl, dass sich die Asiaten in Sydney weniger isolieren und abkapseln als in anderen Großstädten. Vielleicht ist Australien auch in dieser Hinsicht etwas Besonderes. In jedem Fall ist es immer wieder faszinierend, durch ein chinesisches Viertel zu bummeln und sich neugierig, fragend und manchmal auch etwas angeekelt umzusehen. Wir beide ließen die Eindrücke auf uns wirken, bis wir vom langsamen Gehen wunde Füße hatten und den Rückweg antraten.
Eine letzte Station hatten wir noch, dann war Carols Liste abgehakt. Das Australia Museum liegt östlich vom Hyde Park , und damit schloss sich auch unsere Sightseeing-Runde. Seine Exponate sollen wirklich etwas Wesentliches über Australien aussagen, und dieses Mal wären wir auch reingegangen. Aber es blieb bei einem Blick auf die Mauern des Museums, denn: Ab siebzehn Uhr geschlossen!
Mit unglaublich schweren Beinen, aber ebenso unglaublich glücklich und mit der Welt zufrieden, kehrten wir in den Schoß von Bobs Familie zurück.
» Na, wie war’s?«, fragte Carol fröhlich, als wir stöhnend in die Polster der gemütlichen Couchgarnitur sanken.
»Toll«, kam es von Sandy. »Die Museen sind ja wirklich interessant, und dann das Government House! Das war das Beste von allem.«
»Das hat geschlossen«, lächelte Carol und stemmte die Arme in die Seiten. »Ihr wollt mich wohl verkohlen!«
Bob grinste, setzte sich zwischen uns und legte jeder einen Arm um die Schulter. »Sei nicht so streng mit den beiden.« Er zwinkerte Carol zu. »Deine Liste war ja auch mehr für Leute in unserem Alter. Aber abgelaufen seid ihr ja wohl alle Punkte, so kaputt, wie ihr ausseht. Und das muss belohnt werden. Wisst ihr was? Ich lade euch zum Essen ein, und damit Carol euch nicht weiter bedrängt, sollten wir sie mitnehmen, was meint ihr?«
Wir nickten lahm. »Aber nicht zu Fuß!«, kam es wie aus einem Mund.
Jetzt könnt ihr euch ein bisschen vorstellen, wie es ist, mit einer australischen Familie zusammen zu sein, die man vorher nicht kannte. Nämlich genauso wie mit der eigenen! Moment, aus meiner Familie hat mich noch niemand nach Darling Harbour und in eines der besten Lokale mit Blick auf die Bucht und das Opera House eingeladen. Wir saßen an diesem Abend an einer der wohl schönsten Stellen Sydneys, genossen die Gespräche mit unseren neuen Freunden und die untergehende Sonne, deren Strahlen die Oper in rotgoldenes Licht tauchten. In jenen Stunden am Hafen hatte ich das Gefühl, ich hätte ein riesiges Backpack voller Glück auf meinen Schultern, und alles war so leicht.
Das war immer noch nicht alles, was die beiden für uns taten. Am nächsten Tag nahm Carol uns mit zum berühmten Bondi Beach . Wie oft hat man diesen großartigen Surf- und Badestrand nicht schon im Fernsehen bewundert? Auch hier gibt es die süßen viktorianischen Häuser und nicht ganz so alte, aber ebenso süße und gut gebaute australische guys . Wir verbrachten einen tollen Tag mit Carol, quatschten über Männer und die Welt, was eigentlich aufs Gleiche hinausläuft und wehrten lachend ihre ständigen Vorschläge ab, welcher von den knackigen Surfern denn am besten zu uns passen würde. An diesem Nachmittag wurde sie unsere Freundin.
Zum Abschluss saßen wir auf einer riesigen Terrasse mit Blick über ganz Bondi Beach , redeten, tranken und waren unsterblich.
Am Abend mussten wir aber doch den schönen Tagen einen kleinen Tribut zollen, denn Bob hatte eine Freundin zum Musizieren
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