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Down Under - Reise durch Australien

Down Under - Reise durch Australien

Titel: Down Under - Reise durch Australien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandy & Rau Rau
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Lenkrad und fuhr los.
    Wenn ein Freak in Australien sagt »Is nich weit!«, dann rechnet mit mindestens einem halben Tag. Wenn das ein normaler Mensch zu euch sagt, rechnet mit noch mehr. Denn ein Freak fährt auch noch bekloppt. Für einen Ausflug oder einen Besuch in Australien müsst ihr völlig andere Maßstäbe ansetzen als die, die ihr gewohnt seid. »Is nich weit!« is eben doch weit. Wenn euer Besuch aus Australien euch in Deutschland fragt, wie weit es denn bis in die Schweiz sei, denn er würde gerne mal Schnee sehen, und ihr sagt: »Na, rechne mal mit so an die zwölf Stunden«, dann sagt der glatt: »Ach so, is nich so weit …«
    In Rays Fall dauerte »Is nich weit« nur etwa drei Stunden. Er fuhr uns quasi um die Ecke. Die Fahrt ging ins Landesinnere, und wenn unser verfilzter Fahrer auch bekifft gewesen sein mochte, den Weg fand er. So bogen wir schließlich in das Areal einer großen Ranch ein. Schon von weitem sahen wir Pferde, die das Wort Auslauf auch tatsächlich kannten. Das Gelände war riesig, und nachdem uns Ray abgesetzt hatte, begrüßte uns unser tour guide Sam herzlich und völlig clean. Sam würde unsere Gruppe von sechs Leuten führen. Er nahm uns mit zu einem kleinen abgegrenzten Coral und zeigte uns die Pferde. Gina bekam glänzende Augen. Was waren das für schöne Tiere! Sie spürten, dass es gleich losgehen würde und schnaubten aufgeregt. Doch auch in Australien geht fast nichts ohne Formalitäten. Sam erklärte uns ausgiebig, wie wir uns beim Ausritt verhalten sollten, reichte jedem von uns einen obligatorischen riesigen Helm, und zu guter Letzt mussten wir alle ein Papier unterschreiben, in dem so feine Sachen standen wie: Falls Sie während des Ausritts sterben, übernehmen wir keine Haftung! Hätte ich alles gelesen, was da an Kleingedrucktem stand, wäre der Tag zur Neige gegangen. Die Veranstalter hafteten für gar nichts, die Teilnehmer für alles. Fiele man aus dem Sattel, weil man ein dreibeiniges Pferd bekommen hatte, wäre man auch daran schuld.
    Zum Schluss fragte uns Sam nach unseren bisherigen Reitkünsten, und da wir bis hin zum Jagdgalopp einiges vorweisen konnten, hatten wir freie Wahl. Gina suchte sich einen feurigen Rappen aus, ich entschied mich lieber für eine etwas ruhiger scheinende Stute. Dann ging es los.
    Mit ein wenig klopfendem Herzen ritt ich den anderen hinterher. Ich hatte keine Angst, mein Pferd könnte mit mir durchgehen. Nein, mein Herz klopfte aus dem Gefühl heraus, das erste Mal in wirklich unendliche Weiten hinauszureiten. Auch wenn es nur für ein paar Stunden sein sollte, so gab es schon nach wenigen Minuten scheinbar nichts außer uns und der Wildnis. Ich genoss dieses Gefühl und dachte, nichts könnte schöner sein. Bis Sam anfing, uns die Wirklichkeit zu erklären. Wir ritten gerade auf einer hölzernen Brücke über den Fluss, der das Gelände der Ranch durchquerte, als Sam den Arm hob und wir alle unsere Pferde zügelten.
    »Das, was ihr hier seht, sind nur noch Reste des einstigen Regenwaldes«, sagte er mit einer deutlich hörbaren Bitterkeit in der Stimme. »Vor nicht einmal fünfzig Jahren gab es hier Millionen Bäume, und in diesem Fluss tummelten sich Biber. Es soll noch ein einziges Pärchen geben. Sagt man. Gesehen hat man schon lange keinen Biber mehr.«
    Er nahm den Helm vom Kopf und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Dann zeigte er zum Ufer. »Aus Bäumen wie diesem dort wurden Möbel oder Zahnstocher oder was weiß ich. Der Fluss ist im Vergleich zu früher nur noch ein Rinnsal und fast ausgetrocknet, weil der Wald die Feuchtigkeit nicht mehr dosiert abgibt, und irgendwann verreckt hier auch der letzte Baum.«
    Getroffen von Sams Worten folgten wir ihm schweigend, als er den Ritt fortsetzte. Jeder weiß, dass die Welt an vielen Stellen durch uns Menschen zugrunde geht. Aber man sieht es meist nur im Fernsehen. Und ich bin ehrlich, in Australien wollte ich es nicht sehen. Ich wollte ein Traumland ohne Fehler. Aber das ist natürlich Quatsch. Schließlich leben hier Menschen.
    Sam erzählte uns noch viel über den Regenwald. Sicher kennt man einige Zusammenhänge, doch es ist etwas ganz anderes, wenn man selbst hindurchreitet. Da sind zum Beispiel die gewaltigen stranglers , die knorrigen Wurzeln der Würgepflanze, die sich Bäume als Wirt sucht und an ihnen wuchert, bis sie ihnen die Luft abdrückt. Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber ich empfinde eine gewisse Ehrfurcht vor einem Wald, vor Pflanzen, die uns in der

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