Down Under - Reise durch Australien
das Council einen hospitality course in Springbrook gebucht, und der begann erst in acht Tagen. Als wir unsere Backpacks verstaut und uns ein wenig ausgehfähig gemacht hatten, bummelten wir los, um dieses Byron Bay genauer unter die Lupe zu nehmen.
Während der ersten Viertelstunde begegneten uns sehr viele seltsam langsam laufende und sehr altmodisch gekleidete junge Leute. Während der zweiten Viertelstunde und der darauffolgenden ganzen Stunde begegneten uns genau die gleichen Typen. Kaum jemand schien aus dem Hier und Jetzt zu kommen.
»Sag mal, meinst du, die drehen hier einen Film?«, fragte mich Gina zweifelnd.
»Siehst du vielleicht eine Kamera?«
Ein Filmteam war nirgends zu entdecken. Etwas verwirrt kehrten wir ins Village zurück. Im Eingangsbereich stießen wir auf zwei Jungs, mit denen wir hier nun überhaupt nicht gerechnet hatten: Alex und Joel!
»Na, ihr zwei?«, lachte Alex und nahm mich in die Arme. »Seid ihr schon high?«
»Wo kommt ihr denn her? Und wieso high?«
»Na ja, wir dachten uns, dass ihr hier aussteigen würdet, und da haben wir uns eben eine alte Karre gemietet und sind hinterhergefahren«, gestand Joel lächelnd. »Sagt bloß, ihr wusstet nicht, dass Byron Bay die Kifferhauptstadt ist?«
Das war es also! Ich konnte es nicht fassen. Und wir hatten für eine ganze Woche eingecheckt! Aber jetzt waren Alex und Joel da, und mit den beiden konnte man Pferde stehlen, und kiffen würden sie wohl hoffentlich nicht. Nach dem ersten Hallo klärten uns die beiden über das Rätsel der langsam laufenden jungen Leute auf.
»Mensch, Byron Bay ist sozusagen das Mekka der Haschszene!«, lachte Alex. »Hier kannst du Haschcookies kaufen, Pot rauchen und ins Nirwana abdriften! Hier wird sogar Stoff angebaut, und sie machen Touren mit Touristenbussen, um den Gaffern die schreckliche Wahrheit zu zeigen!«
Das meinte er natürlich ironisch, aber als wir am Abend ausgingen, sah ich die Leute mit ganz anderen Augen. Es fühlte sich an, als wäre man in die Siebzigerjahre zurückversetzt worden, so viele Hippies schlurften durch die Gegend. Und der süßliche Geruch, der aus allen Ecken strömte, hatte sicher nichts mit der Klobürstenblüte zu tun. Aber eins muss man sagen: Junkies waren das nicht. Man rauchte sein Hasch und war zufrieden. Aber ein bisschen langweilig waren sie schon.
Nachdem wir festgestellt hatten, dass das ganze Set hier ohne Filmteam ablief, die Leute aber friedlich und lieb waren, blieben wir bei unserem Entschluss, die sieben Tage bis zu unserem Kurs in Byron Bay zu verbringen. Jetzt waren wir zu viert und hatten Strand und Meer wie aus dem Bilderbuch.
Aber man kann ja nicht immer nur am Strand herumhängen. Am dritten Tag studierte ich mit Gina die Aushänge am schwarzen Brett. Skyriding, surfing, windsurfing, fishing, cruising, horseriding through the rainforest …
»Das ist es!«, rief Gina und tippte auf die letzte Anzeige. »Auf dem Pferd durch den Regenwald, das machen wir!«
Ich stimmte sofort begeistert zu, denn Reiten war unsere Leidenschaft. Allerdings auf ebenen Wiesen in Schleswig-Holstein, falls jemand weiß, wo das ist. Wir wählten die angegebene Nummer und buchten den Trip für den nächsten Tag.
Als wir am Morgen mit perfektem Regenwaldausritt-Outfit vor das Hostel traten, stand da einer dieser Jesus-Jünger in den Latschen des Herrn vor einem uralten klapprigen Van mitsamt ebensolchem Anhänger und paffte einen Joint.
»Das ist doch nicht etwa …«, flüsterte ich Gina zu.
»Doch!«, antwortete sie mit sichtlichem Abscheu. Wir wollten uns unauffällig wieder umdrehen und im Hostel verschwinden, aber daraus wurde nichts.
»Hey, ihr seid doch sicher die zwei, die den Regenwaldritt gebucht haben! Ich bin Ray und fahr euch zur Ranch.«
»Okay, Ray«, meinte ich lahm. »Wie weit ist das denn bis zur Ranch?«
»Nicht weit«, grunzte er undeutlich. »Ich fahr das dreimal die Woche.«
Was blieb uns anderes übrig? Außerdem hatten wir fünfundzwanzig Dollar bezahlt und nicht die geringste Lust, diesen Freak mit unserem Geld, aber ohne uns abfahren zu lassen. Wir stiegen in seinen Van aus den Siebzigern und kletterten über diverses Zeug, das im Wagen herumlag. Es war fast unmöglich, irgendwo einen Fuß hinzusetzen. Die Karre stank nach allem Möglichen, vor allem nach kaltem süßem Rauch, Alkohol und Essensresten. Und Ray stank auch. Nach Schweiß und sieben Tagen ohne Seife. Ihn kümmerte das wenig. Er hievte sich mit seinem Filzkopp hinter das
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