Down Under - Reise durch Australien
Muße befahren wollten.
Die Straße führt nicht immer am Meer entlang, aber wenn sie es tut, ist der Ausblick atemberaubend. Die Steilküste mit ihren Abbrüchen und vielen vorgelagerten Felsen, vom Land durch Wind und Brandung abgetrennt, erinnert bisweilen an die Küste Portugals, wenn sich auch die Farben des Gesteins unterscheiden. Kreidefelsen wechseln mit grauschwarzen, bisweilen stahlblauen Klippen. Zu Beginn unserer Tour fuhren wir durch den Otway National Park und machten einen Abstecher zu einem wunderschönen Wasserfall. Dieser hatte tatsächlich mehr zu bieten als nur einen Tropfen für jeden und zeigte sich in wildromantischer Umgebung. Dort passierte mir etwas, das mir später in Deutschland niemand abnehmen wollte.
Als wir aus dem Wagen stiegen, um die Umgebung zu erkunden, hüpften von überall her Kängurus herbei und schauten uns neugierig an.
»Ihr dürft sie nicht füttern«, meinte Steve leise. »Leider machen das viel zu viele Leute, und sie haben sich an die Touristen gewöhnt.«
Ich hatte überhaupt nichts zum Füttern dabei, aber mit einem Mal hopste ein Känguru auf mich zu und blieb genau vor mir stehen. Wie angewurzelt stand ich da, und wir sahen uns in die Augen.
»Was soll ich machen?«, fragte ich Steve unsicher.
»Sprich mit ihm! Aber beweg dich nicht!«
Leise sprach ich auf das Tier ein, das mich mit seinen großen braunen Augen neugierig anschaute. Ich hätte nur die Hand auszustrecken brauchen, um es zu berühren. Doch genau das hatte es mit mir vor! Plötzlich senkte es seinen Kopf und stupste mich mit der Nase in den Bauch! Ich hielt die Luft an. Ich hatte schon Gruselgeschichten von Kängurus gehört, die Menschen, die sie geärgert hatten, mit ihren scharfen Krallen den Bauch aufgerissen oder mit einem Tritt ihrer gewaltigen Hinterbeine sonst wo hinbefördert hatten. Unentwegt redete ich weiter auf das aufdringliche Kerlchen ein und versuchte, keine Angst zu zeigen. Doch es schien mich in sein Herz geschlossen zu haben. Es ließ nicht von mir ab, stupste und schob mit seiner Schnauze mein T-Shirt hoch, bis mein Bauch frei lag. Dann begann es, mit seiner rauen Zunge meinen Bauch abzulecken!
Sandy und unsere anderen Begleiter konnten sich kaum noch beherrschen und kicherten vor sich hin.
»Es will dein Salz!«, flüsterte Steve. »Du scheinst besonders leckeren Schweiß zu haben!«
Mit unbändiger Selbstbeherrschung ließ ich es zu, dass mich das Känguru von oben bis unten abschlabberte, bis ich das Kitzeln nicht mehr aushielt, vorsichtig einen Schritt zurücktrat und mein Shirt wieder runterzog. Gott sei Dank wurde mein Freund nicht sauer, guckte nur etwas traurig und sah sich nach seinem nächsten Opfer um. Aber die verzogen sich rechtzeitig und lachten aus der Ferne, als ich mir ein wenig angeekelt mit einem Taschentuch den Bauch abwischte. Ich liebe Kängurus, aber ihren Sabber sollen sie doch lieber für sich behalten.
So fantastisch es ist, in freier Wildbahn auf Kängurus zu treffen, die so nah an einen herankommen, so wichtig ist es doch, sie auf Distanz zu halten, um ihre natürlichen Verhaltensweisen nicht zu stören. Aber in einem solchen Moment der Begegnung denkt man nur an die Einmaligkeit des Erlebnisses.
Die Fahrt ging weiter. Es ist unmöglich, alle Schönheiten dieser Küste zu beschreiben. Oft hielt Steve an, und wir stiegen aus, um die Eindrücke länger in uns aufnehmen zu können. Für die Übernachtung wählte er ein Hostel, das auch kleine gemütliche Blockhütten anbot, in denen eine Gruppe wie unsere Unterkunft finden kann. Als ein knisterndes Feuer im Kamin brannte, begann Steve, uns Geschichten zu erzählen.
»Könnt ihr euch noch an die Natural Bridge erinnern?«
Wir nickten. Ein gewaltiges Felsgebilde, das von der Küste abgetrennt war und in dessen Mitte ein Durchlass klaffte, durch den die Wellen tobten.
»Der Felsen war früher durch eine Brücke aus Stein mit dem Festland verbunden. Eben der Natural Bridge «, erzählte Steve. »Vor noch gar nicht langer Zeit ist Folgendes passiert: Ein wohlhabender Mann hier aus der Umgebung erfährt, dass seine Frau ihn betrügt. Weil eine Scheidung ihn ein Vermögen kosten würde, erzählt er einem Reporter davon, der unbedingt ein Foto von dem heimlichen Liebespärchen machen soll, damit die Affäre öffentlich wird und der gehörnte Ehemann nicht auch noch sein Geld loswird. Von der Sache bekommen noch andere Wind, und schließlich erwischt man die Frau mit ihrem Liebhaber in flagranti. Sie
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