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Down Under - Reise durch Australien

Down Under - Reise durch Australien

Titel: Down Under - Reise durch Australien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandy & Rau Rau
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zu präsentieren, einen Aufenthaltsraum mit Fernseher, einen Wirtschaftsraum mit Waschmaschine und Trockner und die üblichen Etagenbetten in den Schlafräumen. Aber mal ehrlich, lieber Tony, sosehr wir uns später auch wohlfühlen sollten, der erste Eindruck war nicht für meine Mutter geeignet. Alles wirkte schmuddelig und etwas heruntergekommen. In vielen Ecken entdeckte ich Schimmel, und das Bad war der Hammer. Unsere uns schon vielerorts begegneten Freunde, die Spinnen, hatten das Regiment übernommen und herrschten über die Bordüren aus Schimmel. Als wir das erste Mal die Zähne putzten, meinte Gina: »Wenn du hier schmutzig reinkommst, gehst du dreckig wieder raus!«
    In die riesige uralte Waschmaschine musste man selber erst Wasser einfüllen, einen automatischen Zulauf gab es nicht, und sie kam erst in Gang, wenn auch der Trockner lief, weiß der Geier, warum. Wenn man sie anschmiss, und das meine ich wörtlich, denn um sie zum Laufen zu bringen, musste man sie anwerfen wie einen Oldtimer, bebte der ganze Boden, und sie begann durch den Raum zu wandern.
    Die Klos waren ständig verstopft, und die beliebteste Übung war, nach Beendigung des Geschäfts rauszulaufen, zu sagen: »Klo ist verstopft!«, und schnell das Weite zu suchen. Denn den Abfluss zu reinigen war eine Arbeit, die man nur mit Gasmaske erledigen konnte. Meist übernahm das James, der gute Geist des Hauses. Danke, James!
    »Ich weiß nicht, ob ich das hier so lange aushalte«, sagte ich zu Gina an jenem ersten Abend, als wir in unseren Betten lagen. Aber wir hatten uns für Dezember und Januar verpflichtet, und kneifen ist nicht unsere Sache. Je länger wir dann für Tony arbeiteten, desto mehr verstanden wir, dass die Pflege und die Unterhaltung einer so riesigen Farm unglaublich viel Energie und noch mehr Geld erfordert. Es ist schlichtweg unmöglich, ein Unternehmen, das zeitweise bis zu vierhundert Mitarbeiter beschäftigt, so auszustatten und zu pflegen wie ein Hotel. Wer also auf einer Farm in Australien arbeiten will, muss seine Ansprüche weit nach unten schrauben. Dafür erhält er Unterricht im menschlichen Miteinander in einem Umfeld, das seinesgleichen sucht. Auf Tonys Farm arbeiteten Menschen aus Südafrika, dem Sudan, Vietnam, Korea, Japan, Frankreich und Deutschland. Nirgendwo sonst lernt man eine solche Vielfalt von Charakteren kennen. Was sind all die Freundschaften, die wir dort gefunden haben, gegen ein vergammeltes Bad?
    Unser Farmleben begann. Am ersten Tag lernten wir nashi-thinning . Nashis sind eine Kreuzung aus Äpfeln und Birnen, werden riesengroß und hängen oft in ganzen Trauben an den Bäumen. Das Gewicht der Früchte kann einen Ast zum Brechen bringen. Rodney, der Teilhaber von Tonys Farm war, erklärte uns das nashi-thinning .
    »Ihr seht ja selbst, wie die Bäume sich biegen. Wenn wir alle Früchte reifen ließen, würden die meisten vorher abfallen, und wir könnten die Hälfte vergessen. Also nehmt euch immer zu zweit eine Leiter und dreht die Kleinsten von den Ästen ab, damit die Bäume entlastet werden. Noch Fragen?«
    Habt ihr noch Fragen? Die nächsten zwei Wochen bestand unser Job aus nashi-thinning von etwa sieben Uhr morgens bis gegen siebzehn Uhr am Nachmittag. Also eine sehr abwechslungsreiche Tätigkeit mit einem hohen Grad an Verantwortung. Andersrum gesagt: eine verdammte Schinderei! Das Quecksilber stieg Anfang Dezember auf immer höhere Werte, und auf einer Leiter stehend sich hierhin und dorthin reckend nashis abdrehen, kann ja mal eine halbe Stunde Spaß bringen, aber den ganzen Tag? Manche kapitulierten vor der harten Arbeit, und bisweilen arbeiteten wir jeden Tag mit anderen Leuten zusammen. Natürlich gab es Pausen, und mit genügend Wasser waren wir auch versorgt. Aber während dieser vierzehn Tage erstarb auch das letzte Fünkchen romantischer Vorstellung von australischem Farmleben.
    Als ich wieder einmal auf der Leiter stand und meinen schmerzenden Rücken durchbog, dachte ich mit einem Grinsen an die E-Mail, die Tony uns nach Deutschland schickte, bevor er uns engagiert hatte.
    »Könntet ihr mir ein Foto von euch schicken?«, hatte er ganz nebenbei gefragt.
    »Was soll das denn?«, fragte ich damals Gina. »Der ist doch wohl kein Schwein?«
    »Ja, und wir sind da meilenweit von irgendeiner Stadt entfernt!«, nickte meine Schwester. »Da arbeiten wir nicht!«
    »Frag doch erst mal, warum er Fotos haben will«, sagte ich zweifelnd. Ich konnte mir einfach keinen australischen Farmer als

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