Down Under - Reise durch Australien
angenommen hatte, um genügend Geld zu verdienen und deswegen oft so müde und fertig aussah. Und dass er mir das nicht gesagt hatte, brachte ihm einen verdammt großen Pluspunkt bei mir ein. Aber das mit der Französin hatte mich doch sehr getroffen.
Eine Woche später hatte er mich rumgekriegt. Wir verabredeten uns zum Motorradfahren. Matt hatte mich gefragt, ob ich etwas dagegen hätte, wenn er seinen Freund Daniel mitbrächte und ob Sandy vielleicht mit Daniel fahren würde. Ich hatte nichts dagegen und Sandy auch nicht. Also abgemacht. Aber wie der Teufel es wollte, war an diesem Tag auf der Farm wieder die Hölle los. Dummerweise erzählte ich Tony, was ich vorhatte.
»Kommt nicht in Frage!«, polterte er. »Wir brauchen hier jede Hand. Und außerdem mag ich diesen Matt nicht. Und seinen Freund Daniel schon gar nicht. Sag ihm ab!«
Ich war hin- und hergerissen. Inzwischen hatte ich oft mit Matt gequatscht und wollte ihn näher kennenlernen. Aber auf der anderen Seite gab es Tony. Sandy und ich leisteten hier sehr viel und konnten ihn nicht im Stich lassen. Ich entschied mich für meine Arbeit und hastete zum Telefon. Ich bekam nur Matts Mutter an den Apparat.
»Sie sind schon losgefahren. Tut mir leid.«
»Nicht schon wieder!«, stöhnte ich, wusste ich doch, was unvermeidlich folgen würde. Und es folgte. Matt und sein Freund Daniel brausten erwartungsvoll mit ihren Bikes auf den Hof, bockten die Maschinen auf und sahen mir freudestrahlend entgegen.
»Wir können nicht mitkommen«, sagte ich leise.
Ich sah die Enttäuschung in Matts Gesicht, und er tat mir unendlich leid.
»Weißt du, wie lange wir hierher gebraucht haben?«
Ich nickte hilflos.
»Ist es wegen der Französin?«
»Nein. Ich habe versucht, dich anzurufen, aber ihr wart schon losgefahren. Tony gibt uns heute nicht frei. Wir haben zu viel Arbeit. Seid uns bitte nicht böse!«
Ich sah, wie es in Matts Gesicht arbeitete. Er wollte etwas sagen, überlegte es sich dann aber doch anders. Sein Freund Daniel dachte sich wahrscheinlich seinen Teil. Schließlich nahmen die beiden ihre Helme und stiegen wieder auf ihre Maschinen. Ich wusste einfach nicht, wie ich Matt überzeugen sollte, dass er mir auch wirklich glaubte. In diesem Moment hatte ich das Gefühl, dass ich wegen der blöden Farmarbeit den besten Jungen davonfahren ließ, der mir bisher in meinem Leben begegnet war. Aber ich bekam kein vernünftiges Wort heraus. Im Gegenteil, traurig drehte ich mich um und wollte zurück an die Arbeit gehen. Da hörte ich die leise Stimme Matts hinter mir.
»Hey, Gina!«
Ich drehte mich um und sah in seine blitzenden Augen.
»Netter Rock.«
Es gab mir einen Stich ins Herz, als ich sein resigniertes Lächeln sah und nichts tun konnte, als er seinen Helm aufsetzte, das Motorrad anwarf und mit Daniel vom Hof fuhr. Ich war mir sicher, dass ich Matt nicht wiedersehen würde.
* * *
Als die Kirschsaison langsam zu Ende ging, verließen immer mehr Mitarbeiter die Farm, bis wir schließlich nur noch ein Häuflein von fünf Leuten waren, die die Restbestände verkauften und Papierkram erledigten. Wieder waren zwei Monate vergangen, und es wurde langsam Zeit, dass wir uns aufmachten, das Land zu erobern, anstatt immer nur zu arbeiten. Durch die Arbeit bei Tony hatten wir einiges an Geld zusammenbekommen, und das wollten wir jetzt nutzen, um ohne finanziellen Druck zu reisen.
Tony ließ uns schweren Herzens gehen. Wir mussten ihm versprechen, auf jeden Fall zur nächsten Kirschsaison wiederzukommen. Das war mehr als Scherz gemeint, aber wie es aussieht, werden wir im kommenden Dezember tatsächlich wieder nach Adelaide reisen und Kirschen verkaufen, bevor wir unser Studium aufnehmen. Damals jedoch war es so gut wie sicher, dass wir uns nicht wiedersehen würden, und wir verließen wieder einmal jemanden mit Tränen in den Augen.
Da wir unsere Tour nach Alice Springs in Ruhe planen wollten, beschlossen wir, vorerst noch ein paar Tage in Adelaide zu verbringen und die Mitfahrgelegenheiten zu prüfen. Wir checkten im Adelaide Backpackers Inn in der Carrington Street ein. Das Hostel besteht aus zwei gegenüberliegenden Komplexen und ist sehr empfehlenswert. Wohnliche und gemütliche Gemeinschaftsräume, eine schöne Küche und als Zugabe freien Kaffee, Tee, Reis und Käse-Apfel-Kuchen mit Eis! Auch das direkt nebenan befindliche Travellers Inn ist eine gute Adresse.
Den ersten Tag verbrachten wir am Strand von Glenelg, einem Küstenort, der mit seiner
Weitere Kostenlose Bücher