Down Under - Reise durch Australien
Zivilisation!«, stöhnte Paul, als die ersten Häuser auftauchten. Was hatten wir uns auf Darwin gefreut. Und jetzt? Aber eines hielt uns doch aufrecht, nämlich die Aussicht auf eine Dusche! Ich will mich nicht beschweren, die australischen Campingplätze sind zum Teil gut ausgestattet mit Toiletten und Duschgelegenheiten. In abgelegenen Gegenden jedoch muss man sich manchmal auf abenteuerliche Verhältnisse gefasst machen. Duschen ist Luxus auf einem trockenen Kontinent. Warm duschen in gottverlassener Gegend beinahe dekadent. Wie auch immer, die erste Dusche nach einer langen Tour ist göttlich.
Um Unterkunft brauchten wir uns keine Sorgen zu machen, denn Pauls Freund Nick wohnte in Darwin, arbeitete im Hafen und verdiente genügend Geld, um sich die Miete für ein eigenes Haus leisten zu können. Nick war ein feiner Kerl, sein Hund und sein Haus allerdings besaßen so ihre Tücken. Aber davon gleich mehr.
Darwin ist nicht allzu groß. Die Stadt hat etwa hundertzwanzigtausend Einwohner. Die Bevölkerungszahl steigt aber stetig, denn aufgrund der Lage der Stadt besitzt vor allem der Hafen eine besondere wirtschaftliche Bedeutung. Als Einfallstor für den Handel mit Ländern aus dem südostasiatischen Raum steigt Darwins Anziehungskraft immens, der Hafen wird wohl ein gigantischer Umschlagplatz werden, und man spricht bereits von einem australischen Singapur. Hinzu kommt die nach wie vor steigende Anzahl von Touristen. Noch ist das Stadtgebiet allerdings überschaubar, und da wir hier nicht sonderlich lange verweilen wollten, begrenzten wir unser Sightseeing auf wenige interessante Dinge.
Deutlich sichtbar ist die Nähe und Verbundenheit zu Asien, denn viele der Einwohner sind Asiaten, und vor allem erfolgreiche und für ihren Fleiß bekannte Chinesen bestimmen das Stadtbild. Viele Märkte Darwins öffnen wegen der Hitze des Tages erst gegen Abend, und man kann sich bis spät in die Nacht von dem bunten Treiben mitreißen lassen, endlos gucken und stöbern. Auch Darwins Hafen ist ein Platz zum Bummeln, Essengehen und Eindrücke sammeln.
Die Geschichte der Stadt besitzt auch ein tragisches und trauriges Kapitel. Ausgerechnet am Weihnachtstag des Jahres 1974 wütete ein tropischer Wirbelsturm namens Tracy und legte mit Windgeschwindigkeiten von bis zu zweihundertachtzig Stundenkilometern die gesamte Stadt in Trümmer. Gewaltige Regenmassen überfluteten den Landstrich, und Darwin musste evakuiert werden. Der Zyklon forderte viele Opfer, und die Stadt existierte praktisch nicht mehr. Man entschloss sich aber sofort, sie wiederaufzubauen, und als Folge dieser Naturgewalt verabschiedete man ein Gesetz, das eine orkansichere Bauweise aller Gebäude vorschreibt. Ob sie denn auch alle Tracy-sicher gebaut worden sind, wird man wohl erst beim nächsten Zyklon feststellen können.
Im Museum of the Northern Territories gibt es eine eindrucksvolle Dokumentation des Ereignisses. Die realistische Darstellung des unglaublich ohrenbetäubenden Lärms des Sturms, der aus Originalaufnahmen eingespielt wird, löst selbst bei nicht Betroffenen Beklemmung und Angst aus.
Wir blieben nur drei Tage in Darwin, denn wir hatten vor, von hier aus rüber nach Cairns zu fliegen und dann die Ostküste in Richtung Süden entlangzufahren, um uns in Ruhe die Schönheiten dieser Seite Australiens anzusehen. Vielleicht spielte aber auch die Tatsache eine Rolle, dass Nicks Haus bei uns zu erheblichen Schlafstörungen führte.
Als wir am ersten Abend gemütlich beim Abendessen saßen, kam Nick wie nebenbei damit heraus.
»Ach Leute, eins wollte ich euch noch sagen. Wenn ich nicht zu Hause bin, und jemand nach Carlos fragt, dann sagt, der wohnt hier nicht mehr.«
»Wer ist denn Carlos?«, fragte Sandy.
»Ein Drogendealer«, antwortete Nick, als wäre es das Normalste der Welt und griff sich ein Stück Pizza. Ich dachte, ich hätte mich verhört.
»Ein was?«
Nick lachte. »Ich habe das Haus erst seit ein paar Wochen. Ständig kommen hier irgendwelche Typen vorbei und fragen nach Carlos. Sogar die Polizei kam zu mir und hat mich gebeten, vorsichtig zu sein. Carlos hieß der Kerl, der vor mir das Haus gemietet hatte. Der hat mit allem Möglichen gedealt. Wahrscheinlich ist ihm hier der Boden zu heiß geworden, und er hat sich eine andere Räuberhöhle gesucht. Aber es gibt immer noch ein paar Junkies, die das noch nicht mitgekriegt haben und von mir Stoff wollen.«
Ich war platt. »Aber da können doch auch Kriminelle drunter sein.«
»Nun
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