Downtown Blues
runterläuft. Ist es wirklich schon so heiß?
Ich sehe die Straße rauf. Ich fühle mich so verletzlich, so ausgeliefert. Bin wütend auf meine Schwäche, auf mich.
Niemand zu sehen. Gut.
Heute ist nicht mein Tag. Scheiße, das muss die Reaktion auf die Schießerei in der Marquez sein. Oder eine zweite Warnung? Meine Gedanken purzeln ziellos durcheinander. Nein, ich vergesse Bru. Da ist jemand anders, der mir helfen kann. Jemand, der offene Rechnungen bezahlt. Hoffe ich wenigstens. Hoffen, ja das klingt gut. Solange es Hoffnung gibt. Ich muss aus der Sonne raus.
Sie ist immer noch kühl und wunderschön, kühl wie die Seide ihres Ginzo-Veldo-Kostüms, Cinthi Gover, meine Uptown-Informantin. Doch sie sitzt zwischen gepackten Umzugskisten. Die Kunstwerke sind von den Wänden verschwunden. Alles sieht nach Veränderung und Aufbruch aus. Wer geht wohin?
»Komm rein, Donovan. Ich weiß nicht, was ich sagen soll, es muss schwer für dich sein.« Sie klingt resigniert, hat ihre eigenen Wunden zu lecken. »Setz dich doch.«
»Ich will nicht stören.« Ich mach eine vage Geste zu den Kisten. Frage mich, ob es so eine gute Idee war, hierher zu kommen. In dem klimatisierten Apartment trocknet mein Schweiß. Mein Rücken fängt an zu jucken. Soll ich sie fragen, ob ich ihre Dusche benutzen kann? Nein, besser nicht. Wir sind keine Freunde, nur Fremde, die eine kaputte Welt zusammengebracht hat.
»Ja, wir gehen«, beantwortet sie meine unausgesprochene Frage. »Ich hätte nicht gedacht, dass sich alles so schnell ändern würde.«
Sie sagt »wir gehen«. Sie muss wirklich an dem Cop hängen, wär doch ein Leichtes für sie, den Partnerkontrakt zu annullieren.
»Williams nimmt den Rock Sands-Job?«
Sie nickt.
»Wo steckt er?« Ich sehe mich suchend um. »Ich muss ihn sprechen.«
»Zeke hat nichts mehr mit der Uptown zu tun, er ist immer noch suspendiert.«
»Hm.« Ich suche nach Worten, die nicht so abgegriffen klingen wie »tut mir Leid«, doch mir fällt nichts ein. »Ich will ihn wohl eher wegen ’ner Downtown-Sache sprechen.«
Cinthi zuckt die Schultern, hängt ihren eigenen Gedanken nach. Das Schweigen zwischen uns ist greifbar, hat einen Namen. Fragen drängen sich auf meine Lippen, Fragen nach Shirette. Doch ich schlucke sie runter, habe Angst vor den Antworten. Ich wünschte, es gäbe etwas, das ich sagen oder tun könnte. Schritte hinter der Tür. Dann steht er im Zimmer, unverändert, stark und in stillem Zorn. Zeke Williams, Ex-Uptown-Detective.
»City Force?« Er hebt die Brauen, Unmutsfalten auf der Stirn.
»Agent Donovan, du erinnerst dich doch noch an sie?«
»An sie und ihre smarte Partnerin.« Er lehnt an der kahlen Wand und durchbohrt mich mit Blicken, Cop-Augen. Ich merke, wie ich kleiner werde. Er grinst flach. »Hab da irgendwas gehört. Was war es noch, die alte VZR-Nummer?«
»Sie haben mich wieder auf den Stardust-Fall angesetzt, mit Sonderstatus«, sag ich ausweichend. Ich mag nicht über Del reden. Nicht vor ihm, einem Fremden.
»Sieh an! Klingt für mich nach ’ner mächtig guten Gelegenheit, Punkte zu machen.« Er zieht geräuschvoll die Luft durch die Zähne. »Glückwunsch.«
Was für ein Arschloch, denke ich. Doch ich schweige.
»Geht es wirklich nur darum, Zeke?« Cinthi ist verletzt. Hat er schon vergessen?
Nein, vermutlich nicht. Doch das hier ist der Job. »Gibt wohl keine Truppe, die so krumme Dinger dreht wie die C-Force.«
»Hey, hey, das langt. Glaub nicht, weil du runter nach Rock Sands gehst, kannst du hier so ’ne Nummer abziehn, Williams.«
»Wie ich sie liebe, diese Besuche von euch CF-Typen.« Er grinst wieder. Und plötzlich kapiere ich: Das alles gehört zum Spiel. »Also, Donovan, was willst du?«
»Ich bin auf der Suche nach ’nem guten Eisbrecher.«
»VZR-Akte, CF-Verschlusssache, was?« Jetzt lacht er. »Schätze, was du brauchst, ist vor allem ein diskreter Eisbrecher.«
Cinthi sieht verständnislos von ihm zu mir. Das ist nicht ihre Welt, wird’s wohl auch nie sein. Zu viel Unverständnis, zu viel Schmutz, zu viele Schritte am Abgrund. Ein Blick in die Tiefe hat ihr fürs Leben gereicht.
»Du kannst helfen?«
Er kann, aber er zögert noch. Kein Cop, auch kein Ex-UPTN-Dect, gibt seine Quellen preis. Er sieht zu Cinthi. Gefallen gegen Gefallen, ZKWIL?
»Da gibt es einen Typen, einen verdammt schlauen Typen in Chinatown, der knackt dir gegen die richtige Bezahlung jedes System. Ist der Beste, den du in der Downtown kriegen
Weitere Kostenlose Bücher