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Downtown Blues

Downtown Blues

Titel: Downtown Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Myra Cakan
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Diese Art von Vertraulichkeit will ich nicht. Nicht jetzt.
    »Dieser Prämienfall, an dem du gerade arbeitest, war der Grund, warum ich von New Frontier weg bin«, sagt er unvermittelt. »Nein, eigentlich gab er nur den Ausschlag.«
    »Ich verstehe nicht …«, murmle ich. Will er mich neugierig machen, um mich auszuhorchen? Womöglich hat er bei der C-Force aufgehört, um für SpaceCraft zu arbeiten? ›So naiv kannst du nicht sein, Donovan‹, hat Reardon gesagt. »Also, was willst du von mir, Brubaker?«
    »Nichts.« Er mustert mich verduzt, kann meinen Stimmungsumschwung nicht einordnen. »Ich bin dort draußen auf etwas gestoßen … es hat auch mit dir zu tun.«
    Er sieht über mich hinweg durch die verkratzten Scheiben auf die Straße. Ein Rudel Gangkids flitzt geduckt auf ihren Hoverboards vorbei – zu schnell, um ihren Clan zu erkennen. Die Leute springen zur Seite, drücken sich an die Häuserwände.
    »Sagt dir der Name Nick Berringer etwas?« Er spricht über meinen Kopf hinweg, sieht mich nicht an. Sieht mein Schulterzucken nicht. Klar, schon gehört. Mars II-Commander, Held, Kumpel vom alten J.C. Potter. »Er war dein Großvater.«
    »Was?!« Ich springe auf. Und wie ein Echo meines Aufschreis hallt ein Kanonenschlag durch die Häuserschluchten, gefolgt von nicht endendem Donnergrollen.
    Ich erstarre und weiß nicht einmal warum. Doch Brubaker weiß, dass es kein Kanonenschlag war, und auch kein Donner. Mit einer einzigen fließenden Bewegung springt er auf, wirft den Tisch um und zieht mich in Deckung.
    Der Flashback, nicht die Druckwelle, überrollt mich mit der Macht einer Flutwelle, wirft mich zu Boden. Das Krachen tausender berstender Glasscheiben, das Kreischen von überdehntem Metall und das Dröhnen zusammenstürzender Mauern übertönen das Geschrei in Panik flüchtender Menschen. Schutt und Glas regnen hart auf mich nieder, der Druck nimmt mir den Atem.
    »Ich war hier schon mal, ich war hier schon mal«, höre ich jemanden schreien. Und merke plötzlich, dass die Schreie aus meinem Mund kommen. Ich war schon mal hier und ich will nicht wieder dahin. Zu spät.
    Die Nacht ist still und von samtweicher Zärtlichkeit, sie umhüllt mich sanft und deckt mich zu. »Schlaf gut, Cis, mein Liebling. Morgen fahren wir ins Einkaufszentrum und kaufen dir was Hübsches.«
    »Nein, nicht ins Einkaufszentrum, bitte nicht!« Du wirst dort sterben, du und Papa, und überall ist Blut. Warum hören sie mich nicht? Ein Strudel aus Erinnerungen zieht mich auf eine Reise, die ich nicht antreten will. Eine Reise in meine Vergangenheit. Ich bin gleichzeitig drei Jahre alt und erwachsen. Ich kenne die Vergangenheit und die Zukunft.
    Jetzt bin ich im Einkaufszentrum. Ich habe Geburtstag und stopfe mir mit beiden Händen Süßigkeiten in den Mund. Papa lacht. Ich habe ihn lange nicht mehr lachen hören. Wir alle lachen. Dies ist der schönste Tag in meinem Leben. Mama drückt mich an sich. »Und jetzt kaufen wir dir was Hübsches zum Anziehen.«
    Nein, nicht da rein. Da gehen doch die Splittergranaten hoch. Ein gemeiner Terroranschlag, so wird es genannt werden. Das Ende meines Lebens, mit einem Lidschlag ist alles anders. »Mama, hilf mir!« Ich kann nichts sehen, dicke Rauchschwaden nehmen mir den Atem, ich höre das gierige Prasseln der Flammen und immer wieder Schreie. Nur die Stille ist noch schlimmer, ich übertöne sie mit meinen Schreien. Wo bin ich? Mama, hörst du mich denn nicht? Ich halte ihre Hand, ich halte ihre Hand! Überall ist Blut, auch auf meinem neuen Mantel.
    Ich schreie, bis etwas meine Schreie erstickt, es sind meine Tränen. Doch ich weine nicht um meine Mutter, ich weine um den Verlust meines einzigen Besitzes. Mit der Rückkehr meiner Erinnerungen habe ich meinen kostbaren Traum von Geborgenheit und Liebe verloren. Was bleibt, ist ein Alptraum aus Blut und Zerstörung, den auch meine Tränen nicht fortschwemmen können. Doch auf einmal bin ich nicht mehr allein. Tröstende Arme umfangen mich. Hier will ich bleiben.

    Stimmen. Diesmal aus der Gegenwart. »Los, aufstehen, die Decke kann jeden Moment runterkommen.« – »Vorsichtig, ich glaube, sie ist bewusstlos.« Die Stimmen reden über mich. Das Gewicht auf meinem Rücken verschwindet, kräftige Hände ziehen mich auf die Füße. Ich beschließe, dass es ungefährlich ist, die Augen zu öffnen.
    Chan und Brubaker, beide dreckig und zerzaust, sehen mich besorgt an.
    »Alles in Ordnung«, lüge ich und befreie mich aus ihrem Griff.
    Bru

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