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Downtown Blues

Downtown Blues

Titel: Downtown Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Myra Cakan
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mich von meinem Hocker hoch, legt mir die Hände auf die Schultern und sieht mir in die Augen.
    »Diese Härte, diese Kompromisslosigkeit und Aggressivität, das bist nicht du, das ist DelMonico.« Er packt meine Oberarme und schüttelt mich. »Du musst wieder du selbst sein, verstehst du? Die anpassungsfähige, flinke Straßenratte, sonst kannst du da draußen nicht überleben.«
    Ich will mich aus seinem Griff befreien, aber er lässt nicht los. »Du musst wieder du selbst sein«, wiederholt er eindringlich.
    Ich öffne den Mund, will ihm erklären, dass er sich täuscht. Del ist nicht tot, warum sollte ich ihr Leben leben? Das ergibt doch keinen Sinn, oder doch? Plötzlich sind da Zweifel. Reardon liest wieder meine Gedanken.
    »Gut«, sagt er, gibt mich frei und geht wieder zu seinem Sessel. »Bru hat eine Nachricht für dich hinterlassen.«
    »Wann?«
    »Vor ein paar Tagen. Sagte, er muss dich dringend treffen.« Reardon sieht mich neugierig an. Eisblaue Cop-Augen, denen nichts entgeht. Was hast du mit meinem Ex-Partner zu schaffen, was will er dir sagen, das er mir nicht erzählen kann?
    »Das hat er mir auch gesagt. Ich bin heute nach New Frontier gefahren, aber nicht weit gekommen.«
    Er nickt verstehend. »Bru ist nicht mehr da draußen. Er ist für ’ne Weile untergetaucht.« Wieder dieser abschätzende Blick. »Du weißt wohl auch nicht warum?«
    »Ich kenne ihn eigentlich gar nicht«, sag ich mutlos. Ich bin so müde. Reardon weißt auch nichts. Nur wieder die gleiche Nachricht: Muss unbedingt mit dir reden.
    »Dabei solltest du es auch belassen.« Das klingt hart und kompromisslos.
    »Warum?«
    »Für Stephen Brubaker ist das Spiel längst gelaufen. Weshalb, glaubst du, wurde er nach NF versetzt?« Er sieht mich tadelnd an. »So naiv kannst du nicht sein, Donovan.«
    »Nur weil du fertig bist, muss dein Ex-Partner es noch lange nicht sein.« Heftig ergreife ich Partei für Bru. Warum eigentlich? Reardon stellt mir die gleiche Frage. Und plötzlich kenne ich die Antwort. »Weil wir Verbündete sind.«
    Reardon fixiert mich aus zusammengekniffenen Augen. »So ist das also?« Er greift zwischen die abgewetzten Polster seines Sessels, zieht einen ROM-Chip hervor und schnippt ihn zu mir rüber. »Das hat er dagelassen, dein Verbündeter.« Er spuckt die letzten beiden Worte aus. »Und jetzt verschwinde. Ich habe zu tun.« Er schwenkt die Flasche, die noch zu knapp einem Drittel voll ist.
    »Danke, Reardon«, murmle ich. »Mach’s gut.« Ich gehe zögernd zur Tür. Auf einmal habe ich das Gefühl, dass ich ihn vielleicht nie wiedersehen werde.
    »Du wirst nicht auf mich hören, stimmt’s?«, ruft er mir nach. »Du wirst dich mit ihm treffen.« Ich laufe die Treppe runter, seine Stimme folgt mir. Er schreit jetzt: »Du und Brubaker, ihr gehört einer aussterbenden Art an. Und ihr seid gefährlich, ihr seid eine Gefahr für euch und für die Stadt. Ihr seid gottverdammte Idealisten.«

… und eine Hand voll Lügen

    Aus dem Verhörprotokoll vom 27 Okt. ’32, zwei Tage nach Clean City. Die Befragung von Eugene Schmidt erfolgte durch Colonel Barton Wilminger, Psychologe. Wilminger gab zu Beginn der Befragung zu bedenken, dass das Subjekt unter großer Anspannung stehe, was bei seiner Aussage zu berücksichtigen sei.

    … wir hatten von unserem Informanten den Tipp bekommen, dass da ein großes Treffen der Barone in La Playa Silva stattfinden sollte. Der Informant nannte uns das genaue Datum,
    (Anm. des B.O.: Gemeint ist das dritte Oktober-Wochenende.)
    und Schuhmaker beschloss, dass wir sie alle auf einen Schlag hochgehen lassen sollten …
    (Anm des B.O.: Gemeint ist Carl Schumaker, der Anführer der Einheit. Subjekt erzählt zwanglos.)
    … Schuhmaker hielt Rücksprache mit der Zentrale und die waren ganz begeistert von der Idee, alle Sorgen auf einen Schlag los zu sein.
    (Anm. des B.O.: Gemeint ist die CIA-Zentrale in Langley.)
    … verpassten unserer Aktion auch gleich den Namen ›Clean City‹, können die gut da unten, Namen geben.
    B.O.: Erzählen Sie vom vierundzwanzigsten, Gene. Was ist passiert?
    E.S.: Wir sind schon Freitagnacht ausgerückt, haben uns dann im Morgengrauen von der Landseite her angeschlichen. La Playa Silva ist so ein kleiner Badeort. Haben da Buden und so Zeugs …
    (Anm des B.O.: Subjekt zeigt deutliche Zeichen von Irritation, versucht vom Thema abzuweichen.)
    B.O.: Weiter Gene, Sie machen das sehr gut.
    E.S.: Kann ich bitte eine Zigarette haben?
    B.O.: Sollen wir

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