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Dr. Bill Brockton - 04 - Todesstarre

Dr. Bill Brockton - 04 - Todesstarre

Titel: Dr. Bill Brockton - 04 - Todesstarre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jefferson Bass
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herausfinden.«
    Ich beugte mich über sie, um sie noch einmal zu küssen, doch sie wandte das Gesicht ab und schob mich ein wenig von sich. »Warte«, sagte sie, und ich fürchtete schon, ich wäre zu weit gegangen, hätte in meinem Eifer eine Grenze überschritten. Sie fummelte mit den Händen in ihrem Nacken herum. Sie löste eine schwarze Schnur und legte eine Halskette ab, die sie unter dem Pullover getragen hatte. Der silberne Anhänger war recht auffällig – eine abstrakte Wiedergabe von etwas Realem, eine Figur, die eckig war und gekrümmt und uralt und modern zugleich. Sie schob ihn in die Tasche ihrer Jeans. Dann küsste sie mich wieder, und mein Interesse an der Halskette verflog. Ich fasste wieder in ihre Haare und fuhr mit den Fingern hindurch wie mit einem Kamm – einem Kamm, der sich sanft drehte und zupfte, als er durch die Strähnen strich –, und dabei stieß sie einen leisen Laut aus, halb Seufzen, halb Wimmern. Es war der erregendste Laut, den ich je gehört hatte. Ich holte tief Luft und griff fester zu. Ihr Körper begann wieder zu zittern.
    Sie schlich sich irgendwann hinaus, während ich schlief, ich weiß nicht, wann. Alles, was ich weiß, ist, dass ich am Morgen zu einem blutorangeroten Sonnenaufgang wach wurde.

31
    Peggy schaute zweimal hin, als ich in ihrem Büro vorbeischaute, um meine Post zu holen und sie zu fragen, ob in meinem Terminkalender irgendwelche Termine standen. »Was ist mit Ihnen passiert?«, fragte sie.
    »Wie meinen Sie das?«
    »Sie lächeln, als hätte man Sie zum Professor des Jahres gekürt oder so«, sagte sie. »Was ist los?«
    »Es ist ein wunderschöner Tag, ich liebe meine Arbeit, und ich bin von klugen, interessanten Menschen umgeben«, sagte ich.
    »Es ist kalt wie der Teufel«, feuerte sie zurück, »die Budgetkürzungen sind bei dem, was wir an Ausstattung brauchen, nur als wüste Plünderung zu bezeichnen, und zwei Ihrer wissenschaftlichen Mitarbeiter haben gerade ein Memo an den Dekan geschickt, um sich über Sie zu beschweren.«
    »Über mich zu beschweren? Warum um alles in der Welt sollte sich jemand aus der Anthropologischen Fakultät über mich beschweren?«
    »Die beiden neuen Kulturalisten, die Sie letztes Jahr eingestellt haben«, sagte sie. »Sie haben dem Dekan in ziemlich deutlichen Worten erklärt, ›Rasse‹ sei ein soziales Konstrukt und kein körperliches Merkmal. Sie verlangen, dass Sie in Ihren Vorlesungen und Seminaren sämtliche Verweise auf ›die drei Menschenrassen‹ unterlassen.«
    Ich lachte. »Sehen Sie, sehr interessante Menschen. Langweilige Kerle wie ich, wir studieren einen asiatischen, einen afrikanischen und einen skandinavischen Schädel und kommen zu der simplen und undifferenzierten Schlussfolgerung, dass die Unterschiede in den Wangenknochen und dem mehr oder weniger weiten Vorspringen des Kiefers und der Breite der Nasenöffnung struktureller Natur sind, dass sie tausende von Jahren Evolution und Adaption bei diesen drei Bevölkerungen widerspiegeln. Interessante Menschen dagegen betrachten dieselben Wangenknochen, Kiefer und Nasen und sehen soziale Konstrukte.«
    »Bitte, nehmen Sie das ruhig auf die leichte Schulter«, sagte sie, »aber es wird Ihnen noch Kopfschmerzen bereiten.« Sie beäugte mich genauer. »Ich kenne dieses Lächeln«, sagte sie. »Es geht um die Bibliothekarin, nicht wahr? Miranda hat mir von ihr erzählt. Deswegen fahren Sie andauernd nach Oak Ridge.« Sie grinste triumphierend.
    »Ich weiß gar nicht, wovon Sie reden«, konterte ich unschuldig.
    Als ich mich zum Gehen wandte, rief sie mich zurück. »Das ist heute per Fax gekommen«, sagte sie. »Von jemandem in der Forstwirtschaft.«
    Ich riss ihr das Blatt förmlich aus der Hand. »Ich bin unten im osteologischen Labor«, rief ich über die Schulter. »Schauen Sie doch bitte, ob Sie Detective Emert und Agent Thornton zu einer Dreiertelefonkonferenz zusammenkriegen.«
    »Was soll ich den beiden sagen, worum es geht?«
    »Sagen Sie, es geht um die forensische Macht der Kettensäge.«
     
    »Dann können die Jahresringe«, drang Emerts Stimme aus dem Lautsprecher des Telefons, »uns verraten, ob er 1948 oder 1984 oder wann auch immer gestorben ist?«
    »Das können sie«, sagte ich. »Also, das haben sie sogar schon.«
    Ich hatte das neunzig Zentimeter lange Stammstück des Tulpenbaums zu einem Kollegen ins forstwirtschaftliche Institut gebracht. Er hatte das Ende mit einer Tischkreissäge mit feinem Sägeblatt noch einmal nachgeschnitten und

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