Dr. Bill Brockton - 04 - Todesstarre
Oak Ridge angefangen und von dort immer größere Kreise gezogen. Wir haben uns gedacht, die sicherste Methode, Iridium zu transportieren, ist die, es so lange in dem Isotopenarbeitsgerät zu belassen, bis man es braucht, denn das Gerät hat einen eingebauten Schutz. Wir haben gehofft, das Gehäuse würde weggeworfen, nachdem die Strahlerführung entfernt wurde. Und siehe da, auf dem Gelände einer Altmetallverwertung an der Sutherland Avenue in Knoxville ist es aufgetaucht.«
Meine Gedanken rasten. »Wer hat es hingebracht? Waren Fingerabdrücke drauf? Haben Sie jemanden verhaftet?«
»Wir suchen nach dem Kerl«, sagte er, »aber er ist nicht unser Mörder. Ausgeschlossen. Es wäre ein dummes Risiko, das Isotopenarbeitsgerät für fünf Dollar zu verkaufen, denn mehr hat der Schrottplatz nicht dafür gezahlt. Der Typ, der es gebracht hat, war Latino, hat so gut wie kein Englisch gesprochen und nach einem Tagelöhner ausgesehen. Mehr konnte der Mann auf dem Schrottplatz nicht über ihn sagen. Zwei Sätze Fingerabdrücke, doch der einzige Treffer ist eine Übereinstimmung mit dem Mann auf dem Schrottplatz, der vor Jahren mal ein Auto gestohlen hat.«
Der Fund war aufregend, aber auch frustrierend, denn er konnte leicht in eine Sackgasse führen. »Und jetzt? Wie wollen Sie rausfinden, wer das Kabel aus dem Isotopenarbeitsgerät genommen hat?«
Thorntons Gesicht verzog sich zu einem Lächeln. »Wir haben eine ganze Flugzeugladung Beamte runter nach New Iberia in Louisiana geschickt, um rauszufinden, wer es bei Pipeline Services, Inc. gestohlen hat. Und warum Pipeline Services den Diebstahl nicht der Atomaufsichtsbehörde gemeldet hat.«
32
Es war drei Tage her, dass ich mit Isabella zusammen Dr. Seltsam angesehen hatte, zweieinhalb Tage, seit ich in der Morgendämmerung allein, aber zufrieden, aufgewacht war. Mein erster Impuls an diesem Morgen war gewesen, ihr Blumen zu schicken, doch irgendetwas riet mir, ihr etwas Freiraum zu lassen. An dem Abend, als wir zusammen bei Big Ed Pizza gegessen hatten, hatte sie einen Rückzieher gemacht, und jetzt war sie vermutlich noch nervöser. Und so hatte ich so lange gewartet, wie ich es aushielt, und sie dann angerufen und zum Mittagessen eingeladen. »Die Soup Kitchen soll gut sein«, sagte ich, »und es ist das richtige Wetter für heiße Suppe und knuspriges Brot.«
Sie zögerte, und ich bekam schon Panik, doch dann ließ sie sich erweichen. »Ich habe nur eine halbe Stunde Mittagspause«, sagte sie, »von zwölf bis halb eins, also muss ich nach dem Essen gleich wieder los.«
»Kein Problem«, sagte ich, dankbar, dass sie meine Einladung nicht ausgeschlagen hatte. »Wenn du länger bleiben würdest, würdest du bei mir nur alle möglichen anderen grässlichen Bildungslücken finden. Soll ich dich an der Stadtbücherei abholen?«
Diesmal zögerte sie nicht. »Wir treffen uns dort«, sagte sie. »Ich muss auf dem Weg dahin noch am Geldautomaten vorbei.«
Überspann den Bogen nicht, sagte ich mir. »Okay, dann treffen wir uns dort um, wann, zehn nach zwölf?«
»Klingt gut. Danke. Tschüss.« Sie hatte eindeutig nichts für ausgedehnte Abschiedsszenen übrig.
Ich erwartete halb, dass sie gar nicht käme, doch kaum hatte ich drei Stunden später Posten vor einem niedrigen, weiß gestrichenen Gebäude bezogen, das aufgrund des appetitanregenden Dufts und der beschlagenen Scheiben gleich zu erkennen war, kam sie auch schon flotten Schrittes um die Ecke und wäre beinahe in mich hineingerannt. »Oh!«, sagte sie.
»Du auch hier? Was für ein Zufall!«, meinte ich und merkte, wie sich auf meinem Gesicht ein törichtes Grinsen breitmachte.
Sie wich meinem Blick aus, und wieder bildete ihr Haar einen Vorhang, der ihr Gesicht verbarg. »Ich bin in Wirklichkeit viel schüchterner, als du glaubst«, sagte sie. Ich meinte, ein Lächeln zu erkennen, und griff mit einer Hand unter ihr Kinn, um ihr Gesicht mir zuzuwenden. Sie wurde rot und senkte wieder den Kopf, doch was das Lächeln anging, musste ich nicht mehr zweifeln.
»Ich versuche, keine hastigen Bewegungen zu machen«, sagte ich und öffnete inmitten von Dampfschwaden die Tür. Als wir zum Tresen gingen, merkte ich, dass mein Magen grummelte und meine Speicheldrüsen zum Leben erwachten.
Die Soup Kitchen servierte Suppen und Salate und Brot im Stil einer Cafeteria. Die Tagessuppen – normalerweise sieben an der Zahl, doch als wir kamen, gab es nur noch fünf- waren mit Boardmarker auf eine Weißwandtafel hinter
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