Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dr. Bill Brockton - 04 - Todesstarre

Dr. Bill Brockton - 04 - Todesstarre

Titel: Dr. Bill Brockton - 04 - Todesstarre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jefferson Bass
Vom Netzwerk:
Ich schaute. Und ich staunte. Ausgehend vom Konzept der gegenseitigen Abschreckung – der Strategie des Kalten Krieges, nukleare Waffenarsenale zu schaffen, mit denen man den Planeten mehrfach in Schutt und Asche hätte legen können – führte der Film den Rüstungswettlauf zu seinem logischen Schluss, falls »logisch« das richtige Wort ist, um ein Szenario zu beschreiben, in dem eine Supermacht auf dem ganzen Planeten versteckte Sprengladungen verteilt und die andere Supermacht in die Falle tappt.
    Während ich so auf dem Sofa saß, war es fast, als wäre ich zweigeteilt. Ein »Ich« konzentrierte sich eifrig auf den Film. Das andere war sich deutlich der Frau bewusst, die neben mir saß, eine Schüssel Popcorn zwischen uns. Jedes Mal, wenn sie eine Handvoll Popcorn nahm, spürte ich, wie die Schüssel leicht gegen meinen Oberschenkel gedrückt wurde. Ich überlegte, ob sie dasselbe spürte, wenn ich in die Schüssel griff, und ob sie es genauso erregend fand.
    Der Film endete schlecht für das Menschengeschlecht: Die Welt lag in Schutt und Asche, und überall stiegen Atompilze auf, unterlegt mit der beschwingten Melodie und den munteren Versen von »We’ll meet again some sunny day«. Trotzdem gelang dem Film der Balanceakt zwischen Entsetzen und Ausgelassenheit. Generäle und Staatsführer zankten sich wie Kindergartenkinder. Der Weltuntergang drohte, weil ein durchgeknallter US-Air-Force-General überzeugt war, dass die Russen das Trinkwasser mit Fluor vergiften wollten. Und Peter Sellers – der einen vornehmen britischen Offizier, einen schwächlichen US-Präsidenten und einen geistesgestörten Ex-Nazi spielte, der die US-Waffenpolitik lenkte – lieferte drei hervorragende Vorstellungen.
    »Okay«, sagte ich, als ich aufstand und den Fernseher ausschaltete, »Sie hatten recht. Das war eine beschämende Bildungslücke. Vielen Dank, dass Sie sie geschlossen haben.«
    »Ich habe erkannt, was meine Pflicht ist, und sie erfüllt«, erklärte sie, stellte die fettige Schüssel auf den Couchtisch, stand auf und reckte sich. »Ich hätte heute Nacht nicht ruhig schlafen können, wenn ich Sie in Unwissenheit gelassen hätte. Dr. Seltsam nicht zu kennen ist, wie Casablanca oder Citizen Kane nicht zu kennen.«
    »Citizen wer?«
    »Citizen Kane« ,sagte sie. »Bitte, das meinen Sie doch nicht ernst?«
    »Oh, Citizen Kane« ,sagte ich. »Richtig. Natürlich. Das ist dieser Film über … Sie wissen schon … diesen … Citizen. «
    »Diesen Citizen? Oh, mein Gott«, stöhnte sie, »Sie haben auch eine Citizen-Kane- Bildungslücke.Sie sind hoffnungslos.« Sie klopfte mir mit der Handfläche auf die Brust. Einmal. Zweimal. Beim dritten Mal ließ sie die Hand auf meiner Brust liegen. Ich legte meine Hände auf ihre.
    »Hoffnungslos? Wirklich?« Ein schiefes, verlegenes Grinsen schien um meine Mundwinkel zu zucken. Machte ich etwa den charmereichen Thornton nach? Oder war das einfach die Art, wie Männer grinsten, wenn sie sich in eine hübsche und kluge Frau verliebten? Würde meine Version dieses Grinsens Isabella so bezaubern, wie Thorntons Miranda zu bezaubern schien?
    »Wirklich«, sagte sie. »Was soll ich nur mit Ihnen machen?«
    »Nun«, sagte ich, »Sie könnten mich küssen, wenn Ihnen der Sinn danach stünde. Ich habe auch ein Kuss-Defizit, das ich persönlich sehr viel beunruhigender finde als mein Citizen-Kane- Defizit .«
    »Ein Kuss-Defizit?«
    Ich nickte ernst. »Ich habe praktisch vergessen, wie es geht.«
    Sie machte einen kleinen Schritt auf mich zu, sodass sie nur noch zwei Zentimeter von mir entfernt war. Die Hand ließ sie auf meiner Brust liegen. Ich legte beide Hände auf ihre Schultern. Die Atmosphäre um uns herum veränderte sich, die Haare auf meinen Armen und in meinem Nacken stellten sich auf, als würde gleich ein Blitz vom Himmel fahren, und dann passierte es: Sie neigte leicht den Kopf und hob die Lippen zu meinem Mund. Ihre Lippen waren weicher, als ich mir vorgestellt hätte, weicher, als ich mir überhaupt irgendwelche Lippen vorgestellt hätte. Ich fuhr mit einer Hand über ihr Haar – dichtes, welliges schwarzes Haar –, und dabei zitterte sie.
    Sie zog sich von dem Kuss zurück, legte auch die andere Hand auf meine Brust und ließ den Kopf an meine Schulter sinken. Ihr Atem ging schnell und flach, und sie zitterte immer noch. »Du meine Güte«, murmelte sie. »Ich frage mich, wie es wäre, wenn du noch in Übung wärst.«
    »Ich weiß nicht«, sagte ich, »aber ich würde es gern

Weitere Kostenlose Bücher