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Dr. Bill Brockton - 04 - Todesstarre

Dr. Bill Brockton - 04 - Todesstarre

Titel: Dr. Bill Brockton - 04 - Todesstarre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jefferson Bass
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kleine Läden, rustikale Schulen – das größte wissenschaftliche und militärische Unternehmen der Weltgeschichte geworden.
    Ein älterer Museumsführer kam herein, womöglich weil ich aussah wie eine zwielichtige Gestalt, wahrscheinlich jedoch weil ich der einzige Besucher war und er sich langweilte. »Diese Fotos sind unglaublich«, sagte ich.
    »In der Stadtbücherei gibt es Kopien von allen und noch sehr viel mehr«, sagte er. »Im Oak-Ridge-Raum, in dem sich die heimatkundliche Sammlung befindet. Wenn es Sie interessiert, ist es einen Blick wert. Sie liegt den Hügel runter gleich gegenüber der Stadthalle.« Er zeigte auf die rückwärtige Wand des Raums, und ich erinnerte mich, dass ich in einem Park unterhalb der Polizeiwache zwei Gebäude gesehen hatte, verbunden durch einen Platz mit einem Springbrunnen in der Mitte. Ich bedankte mich bei ihm und schlenderte weiter durch die Ausstellung, die in einem kurzen Schwarzweißfilm über den Flug der Enola Gay gipfelte, dem B-29-Bomber, der am 6. August 1945 lange vor der Morgendämmerung vom Flugplatz der Insel Tinian in die Luft gestiegen war. Viele Stunden später und viertausend Kilo leichter war die Enola Gay nach Tinian zurückgekehrt, nachdem sie eine einzige Bombe auf Hiroshima in Japan abgeworfen hatte. Fast wie ein Nachtrag enthielt der Film auch einen kurzen Beitrag über die Zerstörung von Nagasaki drei Tage später durch eine zweite Atombombe. Zwei Städte waren völlig dem Erdboden gleichgemacht und viele tausend Menschen von einem Augenblick auf den anderen getötet worden. Und obwohl die Bomben, die auf Hiroshima und Nagasaki fielen, klein waren im Vergleich zu den gewaltigen Wasserstoffbomben, die in den 1950er und 1960er Jahren entwickelt wurden, die reinsten Feuerwerkskörper, lasteten die Bilder dieser beispiellosen Zerstörung schwer auf meinem Herzen.
    Ich wanderte aus dem abgedunkelten Ausstellungsraum in die helle Vorhalle und hob die Hand, um mich von dem Museumswärter zu verabschieden. »Wir haben noch andere Ausstellungen«, rief er hinter mir her. »Atomkraft, Erdöl, Erneuerbare Energien, Neutronenforschung.«
    »Ein andermal«, sagte ich. »Heute ist mir nach Geschichte.« Ich ging durch die Glastüren, an Bergbau- und Bohrgerätschaften vorbei und spazierte gemächlich den langen, sanften Hügel hinunter in Richtung Stadthalle und Bücherei. Im Vordergrund war eine Freiluftbühne, darüber ein schimmerndes weißes Zelt aus irgendeinem Hightech-Gewebe. Ein Stück weit entfernt stand ein zweiter, kleinerer Pavillon, dieser jedoch eine rustikale Holzkonstruktion. Neugierig beschloss ich, ihn mir näher anzusehen. Das Giebeldach und die schweren Balken erinnerten mich an einen japanischen Tempel, und im Näherkommen entdeckte ich, dass im Balkenwerk eine riesige Glocke hing, lang und zylindrisch, statt unten breiter. Neben der Glocke war ein Schild mit der Aufschrift FRIEND-SHIP BELL. Sie war 1993, zum fünfzigsten Jahrestag der Gründung von Oak Ridge, in Japan gegossen worden. SYMBOL DER FREUNDSCHAFT UND DER WECHSELSEITIGEN ACHTUNG, DIE SICH ZWISCHEN OAK RIDGE UND JAPAN IN DEN VERGANGENEN FÜNFZIG JAHREN ENTWICKELT HAT, hieß es weiter. FREUNDSCHAFT, DIE UMSO BEDEUTSAMER IST WEGEN DES SCHRECKLICHEN KONFLIKTS DES ZWEITEN WELTKRIEGS, BEI DESSEN BEEN-DIGUNG OAK RIDGE EINE WICHTIGE ROLLE GESPIELT HAT. Besonders beeindruckten mich jedoch die abschließenden Worte auf dem Schild: DARÜBER HINAUS STEHT DIESE GLOCKE FÜR UNSERE SEHNSUCHT UND UNSER BESTREBEN, UNS FÜR WOHLERGEHEN, GERECHTIGKEIT UND FRIEDEN FÜR ALLE MENSCHEN AUF ERDEN EINZUSETZEN. Oak Ridge hat sich ganz schön entwickelt, überlegte ich und wandte meine Schritte der Stadtbücherei zu.
    Wie ihr Pendant, die Stadthalle, war die Bücherei ein modernes Gebäude – wohl in den 1970er Jahren erbaut – aus Schüttbeton, von Lichtgarden gekrönt. Die Verschalung hatte aus grob zugesägten senkrechten Schalbrettern bestanden, deren Maserung im Beton noch sichtbar war. Vielleicht lag es nur an meiner nachdenklichen Stimmung, doch mir gefiel die Vorstellung, dass der Beitrag des Holzes – kurz, aber wichtig – in der Außenhaut des Gebäudes für die Nachwelt erhalten war.
    Drinnen blieb ich am Ausleihtisch stehen, um nach dem Raum für Regionalgeschichte zu fragen. »Ja, der Oak-Ridge-Raum«, sagte die junge Frau an dem Tisch. »Der ist gleich da hinten.« Sie zeigte in eine hintere Ecke des Gebäudes. Ich dankte ihr und ging in die angegebene Richtung.
    Der Raum war vom

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