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Dr. Bill Brockton - 04 - Todesstarre

Dr. Bill Brockton - 04 - Todesstarre

Titel: Dr. Bill Brockton - 04 - Todesstarre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jefferson Bass
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einen kleinen Bunker an diesem abgeschiedenen Hang geflossen. Plötzlich kam mir ein riesiges Vergrößerungsglas in den Sinn, das die Sonnenstrahlen zu einem winzigen Punkt aus Licht, Hitze und Energie bündelte. Das Uran-235, das unter den wachsamen Augen in diesem Betonturm gelagert worden war, war so ein Brennpunkt gewesen. Hier war der Geist Atomenergie in winzige Flaschen gezwängt worden, um ihn später mit verheerender Kraft zu entfesseln.
    Ich sah Miranda an; ich hätte ihr gern erzählt, was mir gerade durch den Kopf ging – welche Ehrfurcht, Demut und Aufregung mich plötzlich erfasst hatten –, doch ich war mir nicht sicher, ob ich es in Worte hätte fassen können. Einen Moment betrachtete sie mich aufmerksam, dann richtete sie den Blick wieder auf den fleckigen Beton mit den schmutzigen Fenstern und rostigen Schießscharten. »Ja«, sagte sie. »Verdammt unglaublich, was?«
    »Verdammt unglaublich«, stimmte ich ihr zu. Hinter uns hupte jemand kurz. Ich nahm den Fuß von der Bremse und kehrte in die Gegenwart zurück, zurück zu der Fahrzeugkarawane und zurück zu der anstehenden Aufgabe: ein unbekanntes und unvermutetes Opfer des Manhattan-Projekts zu suchen.

28
    Die Schotterstraße folgte dem Flussbett noch rund hundert Meter, dann überquerte sie einen Bachdurchlass und erklomm den gegenüberliegenden Hang. Je weiter sie anstieg, desto schmaler wurde die Straße; der Schotter ging allmählich in Waldboden über, und der Waldboden verschwand bald unter einer Schicht aus Laub und halb verrotteten Ästen. Es schien, als wäre der Weg seit Jahren nicht befahren worden.
    Wir hatten mehrere Serpentinen überwunden und waren hoch über das Silo geklettert, als die Prozession stoppte. Kurz heulte eine Sirene auf, vermutlich ein Signal dafür, dass wir unser Ziel erreicht hatten. Ich parkte den Pick-up, zog die Handbremse an und stieg aus. Vor uns blockierte der gewaltige, moosbewachsene Stamm einer Eiche den zerfurchten Weg.
    Auf der rechten Seite fiel der Hügel steil ab, fast senkrecht. Ich schaute hinunter und sah das Dach des TWRA-Gebäudes und daneben das achteckige Dach des wehrhaften Silos. Aus diesem Blickwinkel konnte ich die Fenster oben am Turm nicht erkennen – und das bedeutete, dass die Wachleute jemanden, der 1945 hier oben gestanden hatte, nicht hatten sehen können. Ich spürte einen frischen Adrenalinschub, als mir klar wurde, dass wir in der Nähe der Stelle waren, wo vor rund sechzig Jahren eine Leiche begraben worden war. In der Nähe der Stelle, wo womöglich immer noch menschliche Knochen verborgen lagen und darauf warteten, gefunden zu werden.
    Ich ging zurück zum Wagen und öffnete die Tür. »Kann sein, dass wir schon genau da sind, wo wir hin müssen«, sagte ich. »Können Sie mir das Foto geben?« Miranda griff in den braunen Umschlag, der neben der Mittelkonsole steckte. Ohne die Scheune als Anhaltspunkt war es schwierig, doch der Blickwinkel auf das Silo – von oben, von einer Stelle, die wie eine Felsbank oder Felsplatte erschien – kam dem, was ich gerade entdeckt hatte, bemerkenswert nah.
    Emert und Dewar stiegen aus dem Streifenwagen, beide mit einem Abzug des Fotos in der Hand. Roy stieg aus dem F-150 und beäugte die Fotos mit sichtlichem Interesse, also reichte ich ihm meinen Abzug. Er machte große Augen, als er die Leiche sah, dann drehte er den Kopf, um das Tal unter uns abzusuchen. Auf seinem Gesicht breitete sich ein Lächeln aus. »Das wird interessant«, sagte er. »Viel lustiger, als zu fragen: ›Welche ist die kleinste Zeile, die Sie lesen können?‹ oder ›Mit welcher ist es besser, mit der ersten oder der zweiten?‹«
    »Und auch besser, als Klausuren zu korrigieren«, sagte ich.
    Thornton gesellte sich als Letzter zu uns. Statt des Fotos hielt er den Starbucks-Becher in der Hand. Er tippte Miranda auf die Schulter und nahm ihr wortlos den Abzug aus der Hand. »Fühlen Sie sich ganz wie zu Hause«, sagte sie.
    »Danke«, meinte er, schaute rasch auf das Silo, dann auf das Foto und gab es ihr zurück. Dann sah er die Gruppe an. »Und jetzt?«
    Ich richtete den Blick auf Arpad. Arpad sah Roy an. »Ich dachte, Roy und Cherokee könnten vielleicht das Gebiet absuchen, schauen, ob der Hund irgendwo Interesse zeigt, um einzugrenzen, wo wir die Sonde einsetzen.«
    »Klar«, sagte Roy. »Er fühlt sich verarscht, wenn er nicht rausspringen und ein bisschen schnüffeln darf.« Roy bückte sich und hob ein vertrocknetes Blatt auf. Dann hob er den Arm auf

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