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Dr. Bill Brockton - 04 - Todesstarre

Dr. Bill Brockton - 04 - Todesstarre

Titel: Dr. Bill Brockton - 04 - Todesstarre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jefferson Bass
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Schaufel mühelos hindurch, was mir verriet, dass der Grund hier locker war, doch nach ungefähr dreißig Zentimetern spürte ich mehr Widerstand: den Widerstand komprimierter, unberührter Erde. Ich hob die Schaufel und betrachtete das, was ich gerade abgetrennt hatte. Und in der Tat, zu mir hin war die Erde leichter, bröckeliger und krümeliger, und jenseits einer dünnen und unregelmäßigen, aber unverkennbaren Linie war der Boden viel dichter und dunkler, durchsetzt mit Felsbrocken und Lehm, der seit Anbeginn der Zeit unberührt dagelegen hatte.
    »Okay«, sagte ich zu Miranda, »hier ist die Kante. Wie wäre es, wenn wir uns halb um den Rand herumarbeiten und dann nach innen vorstoßen?«
    »Wie du befiehlst, Meister«, sagte sie.
    »Verzeihen Sie, Dr. Meister«, sagte Thornton. »Kann ich eine dumme Frage stellen?«
    »Dumme Fragen gibt es nicht«, sagte ich.
    »Da waren die Ausbilder in der FBI-Akademie aber ganz anderer Meinung«, sagte er. »Warum fangen Sie am Rand an zu graben? Warum stoßen Sie nicht gleich ins Zentrum vor, irgendwo da um den Stumpf herum, den Sie gerade abgesägt haben?«
    »Wenn wir direkt nach unten graben und da ist tatsächlich etwas, bröseln wir immer wieder Erde darauf«, erklärte ich. »Die Ränder des Lochs brechen ein. Und wir würden von oben auf die Knochen stoßen, da besteht immer die Gefahr, dass wir am Ende welche zerbrechen. Von der Seite herangehen bedeutet zwar ein bisschen mehr Buddelei … aber sehr viel mehr Kontrolle.«
    »Ah«, meinte er. »Können wir Ihnen irgendwie helfen?«
    »Sicher«, sagte ich. »Wenn es Ihnen nichts ausmacht, Eimer mit Erde zu hieven, könnten Sie das Erdreich wegschleppen, während wir graben.«
    »Das könnten wir wohl hinkriegen«, versetzte er.
    »Arpad«, sagte ich, »wie lange ist es her, seit Sie eine Kelle in der Hand hatten?«
    »Um Knochen auszugraben oder um Tulpen zu pflanzen?«
    »Um Knochen auszugraben.«
    »Nicht so lange, dass ich die Rückenschmerzen vergessen hätte«, sagte er. »Vielleicht zehn, zwölf Jahre.«
    »Dann wird’s Zeit, dass Sie Ihre Fähigkeiten auffrischen«, sagte ich und reichte ihm eine Kelle.
    Ich war rund sechzig Zentimeter vom Rand des Kraters entfernt und etwa fünfundvierzig Zentimeter unterhalb der Ebene von Laub und Ästen, die Miranda und ich weggeharkt hatten, als meine Kelle auf etwas Festes stieß. Mit der dreieckigen Spitze kratzte ich an der Erde unter dem Objekt, auf das ich gestoßen war, und als sich die Erde löste, konnte ich nach und nach das distale Ende – am Ellbogen – eines Humerus, eines Oberarmknochens, ausmachen. »Heureka!«, sagte ich wie vorhin Arpad. Ich grub noch ein wenig weiter und beförderte die medialen Enden von Radius und Ulna ans Tageslicht, den Unterarmknochen. Der Winkel des Ellbogens verriet mir, dass der Arm leicht angewinkelt war und die Hand wahrscheinlich irgendwo in der Nähe der Hüfte lag. »Das ist der rechte Arm«, sagte ich. »Der Typ liegt anscheinend mit dem Gesicht nach unten. Vorausgesetzt, es ist ein Er.« Ich kratzte noch etwas mehr Erde ab und legte das distale Ende des Unterarms frei, die losen, kieseligen Knochen des Handgelenks, die Handwurzelknochen und die Mittelhandknochen.
    Emert beugte sich vor und warf einen Blick auf die fleckigen Knochen. »Sind Sie sicher, dass das menschliche Knochen sind«, sagte er, »und dass sie nicht von einem Bär stammen? Ich habe mal die Knochen einer Bärentatze gesehen, und ich hätte schwören können, es sei eine menschliche Hand oder ein Fuß.«
    »Also, wenn die Bären in Oak Ridge nicht so clever sind, dass sie die Zeit ablesen können, bin ich mir ziemlich sicher, dass es ein Mensch ist«, sagte ich, »denn er trägt eine Herrenarmbanduhr.« Mit der Spitze der Kelle zeigte ich auf eine unter dem Handgelenk versteckte korrodierte Metallscheibe.
    »Heureka, allerdings«, sagte Thornton.
    Bevor ich dazu kam, sie darum zu bitten, verließ Miranda die Stelle, an der sie gearbeitet hatte, und kniete sich neben mich. Wir hatten das so oft gemacht, dass unsere Teamarbeit nahtlos, wortlos und fast telepathisch vonstatten ging. Ich wandte mich dem Oberarm zu und machte mich daran, in Richtung Schulter und Kopf zu graben, und Miranda arbeitete an der Hand und dann am rechten Bein hinunter weiter.
    Als ich entlang der Schulter grub, auf den Bereich zu, wo der Kopf liegen musste, bröckelte die Erde ab und entblößte die runde Oberfläche eines Schädels. Mit der Spitze der Kelle kratzte ich behutsam

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