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Dr. Gordon verliebt

Dr. Gordon verliebt

Titel: Dr. Gordon verliebt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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schon erfaßt? Jedenfalls werden du und ich, Richard, bis zur Wiederherstellung des alten Knaben — die, wie ich aufrichtig hoffe, nicht lange auf sich warten lassen wird — eine der brillantesten medizinischen Kooperationen seit Stokes und Adams bilden.»
    «Oder seit Burke und Hare», verbesserte ich. «Aber erzähl mir lieber über Irland. Wie hat dir Dublin gefallen?»
    «Wie Cheltenham, außer daß seine Briefkästchen grün gestrichen sind. Aber es wimmelt dort von den nettesten Kerlen, die Whisky mit Soda saufen, sich die Seele aus dem Leib reden für nichts und wieder nichts und dir erzählen, wie gemein die Engländer die Großmutter ihrer Tante behandelt haben.»
    «Aber geh doch, Grim! So benimmt sich die Bühnenfigur eines Iren.»
    «Mein Heber Junge», sagte er nachdrücklich, «alle Iren benehmen sich wie die Bühnenfiguren von Iren.»
    «Aber wie steht’s mit den irischen Ärzten? Schließlich sind die doch, gleich nach den Rennpferden, die beliebtesten Ausfuhrartikel? Wie fandest du deine Berufskollegen dort drüben?»
    «Ach, meine Berufskollegen! Außerhalb Dublins ging’s schon ein bißchen altmodischer zu. Ich mietete ein Auto, fuhr nach Ennisworthy in County Wexford und sicherte mir ein Zimmer in Bennetts Hotel, während ich mich auf die Suche nach meiner Praxis begab. Schließlich stöberte ich sie in einem Wirtshaus dieses Dorfes auf, dessen Ansichtskarte ich dir schickte.»
    «Doktor O’Dooley, willst du sagen?»
    «Nein, die Praxis. Sie bestand nur aus einem einzigen Patienten. War ein alter Knabe namens Major McGuinness; kann mir allerdings nicht vorstellen, wann der seinen Majorsrang erworben hat, außer in den Feldzügen gegen Napoleon.»
    «Das kann man wohl als eine Vergeudung ärztlicher Energie bezeichnen, nein?» fragte ich erstaunt. «Was war denn mit O’Dooleys Vater und diesem Polacken, von dem du sprachst?»
    «Der eine war tot und der andere mit dem Stubenmädel des Hotels durchgebrannt und Besitzer eines Eisladens in Widdow geworden. Der junge Paddy hingegen bezog seine Einkünfte aus einer Brauerei oder was Ähnlichem und war seit Monaten nicht mehr gesehen worden. Der Major war der einzige übriggebliebene Patient. Er war so rund wie ein Fußball, und da er sich seit seiner Pubertät in Whisky eingepökelt hatte, litt er an Bronchitis, Arthritis und Prostatahypertrophie; und ich glaub, ein bißchen Tabes war auch noch mit im Spiel. Er war recht froh, mich zu sehen.»
    «Das kann ich mir vorstellen.»
    «Gewiß», sagte Grimsdyke teilnahmsvoll. «Er konnte sein Dinner nicht essen. Hatte Zahnschmerzen.»
    Ich bestellte noch etwas zu trinken, und Grimsdyke fuhr fort: «Meine erste Operation war ein überwältigender Erfolg. Unter der beruhigenden Einwirkung von Powers Gold Label, den wir beide dringend nötig hatten, entfernte ich den anstoßerregenden Backenzahn. Verdammt geschickt noch dazu, meiner Meinung nach.»
    «Womit? Mit einem Korkenzieher?»
    «Nein, Paddys gesamtes Arbeitsgerät befand sich in des Majors riesigem Haus, einer Art Wandelhalle, wo sich Paddy schon vor einigen Jahren niedergelassen hatte — es war, als würde man in der Albert Hall wohnen. Ich übersiedelte also auch dorthin. War ganz einfach. Man suchte sich ein paar Decken zusammen und kochte sich seine eigenen Mahlzeiten, wenn man irgendeinen Brennstoff auftreiben konnte — das war das Ganze. Ein Dutzend anderer Leute schien dasselbe zu tun, und einige davon waren recht eigenartige Figuren, das muß man schon sagen. Fortwährend stieß man an allen Ecken und Enden auf neue Erscheinungen. Sehr gut schienen sie einander nicht zu kennen, aber gewöhnlich trieb sich irgendwo ein Whisky herum, der stark zum gegenseitigen Verständnis beitrug. Der Major war ein fröhlicher alter Geselle, obwohl die Engländer offenbar auch die Großmutter seiner Tante gemein behandelt hatten. Ich richtete es mir bei ihm recht gemütlich ein.»
    Da es Grimsdyke gar nicht ähnlich sah, einen Posten aufzugeben, der keine Arbeit und freie Getränke bot, fragte ich ihn, warum er denn weggegangen sei.
    «Die Praxis erlosch», erklärte er schlicht. «Eines Abends hatte der Alte noch mehr als sonst gehoben und bekam den Wahn, er ritte im Grand National, und das Treppengeländer sei das große Hindernis. Das hat sogar in diesem Haushalt beträchtliches Aufsehen erregt. Bald war das ganze Dorf bei uns versammelt. Und dann setzten wir uns zusammen, um die ernste Angelegenheit des Leichenbegängnisses zu besprechen. Du hast doch

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