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Dr. Gordon verliebt

Dr. Gordon verliebt

Titel: Dr. Gordon verliebt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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Gordon!»
    «Allerdings.»
    «Ich hab Sie gleich im ersten Augenblick erkannt.» Als ich erstaunt dreinblickte, fügte sie hinzu: «Sie sehen Ihrem Vater ja so ähnlich! Er hat meine Kleine untersucht, als wir heuer beim Botariertreffen drunten waren.»
    «Wirklich? Äußerst interessant.»
    «Mein Mann kennt Ihren Vater seit den Tagen, da er in London an der Technik studierte, wissen Sie. Sie hatten massenhaft gemeinsame Freunde unter den Studenten.» Da ich die Gesellschaft kannte, deren sich mein Vater im St. Swithin erfreute, schien mir dies nicht gerade eine überwältigende Empfehlung zu sein. «Sie sollen meine kleine Cynthia untersuchen», fuhr Mrs. Porson fort. «Das arme Kind ist so überaus empfindlich veranlagt.»
    Ich folgte ihr angstvoll über die Treppe. Nun stand offensichtlich die klinische Ehre meiner Familie auf dem Spiel, und ich war in der Behandlung von Kindern nicht sehr erfahren. «Cynthia ist ein außerordentlich zartbesaitetes Kind», flüsterte mir Mrs. Porson zu, bevor sie die Schlafzimmertür öffnete. «Sie werden sie doch recht schonungsvoll behandeln, nicht wahr, Doktor Gordon? Hier ist der Onkel Doktor, Schätzchen», verkündete sie beim Eintreten. «Mutti wird dir schön die Kissen aufrichten, damit du’s recht behaglich hast.»
    Cynthia entpuppte sich als ein blasses, dunkelhaariges, duckmäuserisches, aber hübsches Mädel; sie saß in einem geblümten Nachthemd aufrecht im Bett und war etwa zwanzig Jahre alt.
    «Guten Morgen», sagte ich, indem ich meine Überraschung zu verbergen trachtete. «Wo fehlt’s denn?»
    «Sie hat wieder einmal einen ihrer Fieberanfälle, Doktor», erklärte die Mutter hinter mir. «Ich hab heute morgen ihre Temperatur gemessen; sie betrug siebenunddreißig fünf. Da sagte ich:
    «Schön. Nun, Miss Porson, haben Sie irgendwelche besondere Symptome?»
    «Grade über den Augen hat sie Kopfschmerzen gehabt, und Ohrensausen.»
    «Haben Sie öfters solche Anfälle?»
    «Ja, Doktor», erwiderte die Mutter wie aus der Pistole geschossen. «Ungefähr alle sechs Wochen. Sie ist aber auch so zart, nicht wahr, Schätzchen?»
    «Gar nicht», murmelte Cynthia, und ihre Unterlippe schob sich kaum merklich vor.
    «Doch, doch, Schätzchen.» Mutti drohte ihr scherzhaft-vorwurfsvoll mit dem Finger. «Mutti weiß es besser, Schätzchen.»
    «Physisch fehlt Cynthia nicht das geringste», sagte ich später zu Mrs. Porson, als ich unten bei ihr eine Tasse Kaffee trank. «Ihre Temperatur ist nach meinem Thermometer vollkommen normal.»
    «Aber ich weiß, wie vorsichtig man bei Cynthias Zartheit sein muß, vor allem jetzt, wo die Nächte so kühl werden.»
    «Gewiß. Hat sie einen Beruf?»
    «Ach nein, Doktor! Sie ist mir eine solche Hilfe im Haushalt.»
    «Aha.» Nun wurde meine Diagnose klar. Wie Dr. Farquarson es manchmal auszudrücken beliebte, ist es nicht immer nur dem Geburtshelfer Vorbehalten, den Nabelstrang durchzutrennen.
    «Wissen Sie, meiner Meinung nach würde ihr allgemeines Wohlbefinden durch irgendwelche äußere Interessen gewinnen.»
    «Aber das arme Kind ist doch ein so scheues Wesen.»
    «Hat sie Freunde?»
    Die Mutter blickte mich erstaunt an. «Aber... ach nein, Doktor. Keinen einzigen.» Schnell fügte sie hinzu: «Womit natürlich nicht gesagt ist, daß sie sich für das andere Geschlecht nicht interessiert.»
    «Das habe ich nicht einen Moment lang vorausgesetzt», erwiderte ich lächelnd. «Ich werde sie morgen wieder besuchen, wenn ich darf.»
    «Sie müssen wirklich einmal mit uns Abendbrot essen, Doktor
    Gordon», lud mich Mrs. Porson im Haustor ein. «Wie wär’s mit nächster Woche?»
    Ich war durchaus nicht erpicht, mich in das Privatleben meiner Patienten verwickeln zu lassen, doch ich sagte zu — teils wegen der Familienbande und teils deswegen, weil dieser Abend ohne Krypta und Mr. Tuppy verlaufen würde. Ich hoffte, daß es Cynthia inzwischen glücken würde, einen präsentablen jungen Mann zu ergattern, der sie ins Kino ausführte; denn Mädel, die regelmäßig Verabredungen mit jungen Männern haben, pflegen nicht regelmäßig Kopfschmerzen zu bekommen.
    Das Abendessen erwies sich als eine trübselige Angelegenheit. Mr. Porson, der so etwas wie ein Eisenwarenhändler war, sprach nur über Geschäftliches, Mrs. Porson nur über die Gesundheit ihrer Tochter und Cynthia über gar nichts.
    Nach der Mahlzeit fand ich mich plötzlich allein mit ihr im Salon. Sie schien ein

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