Dr. House
ansatzweise. Sein amerikanischer Akzent ist einwandfrei. Dazu spielt er eine sehr komplexe Figur, die auch noch am Stock geht. Und dann die medizinischen Begriffe! Seine Rolle ist wirklich anspruchsvoll. Seine britische Herkunft erweitert das Ganze nur noch um eine weitere Dimension. Und trotz alledem ist er brillant.«
Um Darsteller zu finden, verwendet das Castingteam Aufnahmen älterer Vorsprechen und in langen Fernseh- und Filmstunden entstandene Notizen. Die Verfügbarkeit der Schauspieler wird immer wieder überprüft. Eine Fernsehsaison dauerte früher so lange wie ein Schuljahr: von September bis in den Frühsommer. Mittlerweile läuft die Programmgestaltung aber das ganze Jahr durch und Schauspieler können jederzeit engagiert werden. Die Agenturen preisen ihre Klienten permanent an: brieflich, per Postkarte, E-Mail, telefonisch, oder wenn sie jemanden von einer Serie zufällig im Café treffen. »Ich mag es,
wenn sie den Marktschreier machen«, sagt Stephanie. »›Der hat in einer anderen Serie schon mal einen Priester gespielt.‹ Nicht zu fassen. Ich wusste gar nicht, dass der nur Priester spielen kann.« Dazu, sich auf Agenten zu verlassen, hat Amy Lippens ihre eigene Meinung: »Ob es unsere Arbeit vereinfachen würde? Ja. Würden wir dann unser Bestes geben? Nein.«
Katie Jacobs ist oft eine gute Quelle für Besetzungsvorschläge. »Katie vergisst keinen einzigen Schauspieler«, erzählt Janelle Scuderi. Sie merkt sich ein Gesicht und überlegt später, wo man es unterbringen könnte. Als es um die Besetzung für »Drei Beine« ging, fragte Jacobs, wer nochmal dieser tolle Schauspieler war, der für Chase vorgesprochen hatte. Der solle doch nochmal vorbeikommen. So bekam Andrew Keegan die Rolle des Medizinstudenten, der House in den Hörsaal-Szenen Kontra gibt.
»Für die Folge mit Mos Def erstellten wir eine Liste von Leuten. Russ und G [Russel Friend und Garrett Lerner] wollten jemanden, der sich dafür eignete, mehr gehört als gesehen zu werden. Es musste also jemand mit einer markanten Stimme sein. Wir fanden genau den Richtigen, einen Typen, der sein Leben damit verbringt, über die Musik Geschichten zu erzählen und dann Filmstar wird.«
– STEPHANIE LAFFIN
Die Castingbüros gehören zu den ältesten und kleinsten auf dem Studiogelände, und die Vorsprechen finden in ziemlich engen Räumen statt. Man stellt sich vielleicht vor, dort herrsche eine angespannte Wettkampfatmosphäre, doch ganz im Gegenteil: Vor kurzem wurde eine Gruppe älterer Herren im Wartesaal so laut, dass sie zur Ruhe ermahnt werden mussten. Sie gingen schon seit dreißig Jahren zusammen zu Castings, und immer, wenn sie sich sahen, gab es ein großes Hallo. »Die Schauspieler sind ganz unterschiedlich«, weiß Amy. »Manche
möchten gerne reden, andere gehen lieber nach draußen, um ungestört zu sein.«
Wenn sie aufgerufen werden, versammeln sich die Schauspieler in dem Raum, in dem sie vorsprechen sollen. Dabei werden sie gefilmt. Das Castingteam schaut sich diese Aufnahmen später an, weil die Kamera Details einfängt, die einem sonst entgehen. Manchmal wird an Ort und Stelle eine Entscheidung getroffen, manchmal dauert es vielleicht einen Tag. Zeit spielt eine große Rolle. Auch wenn die Produzenten oder das Castingteam den Eindruck haben, sie rennt davon, fangen sie trotzdem wieder von vorn an und machen bis zur letzten Sekunde weiter. Aus dieser Quelle können sie immer wieder schöpfen, denn, wie Stephanie Laffin es ausdrückt: »L. A. ist die Stadt der Schauspieler.«
Castingchefs entwickeln ein Auge, ein Gefühl für den Schauspieler. Nur selten bitten sie die Kollegen von anderen Serien um Hilfe – es sei denn, sie suchen nach etwas sehr Speziellem, einem Schauspieler, der Mandarin spricht oder einem schwerhörigen Jugendlichen. Es ist unerlässlich, dass die Serie einen individuellen Charakter bekommt und nicht aussieht wie alles andere im Fernsehen. »Wir geben uns viel Mühe, etwas Besonderes daraus zu machen«, sagt Stephanie Laffin. Man sollte vermeiden, dass die Zuschauer denselben Schauspieler in verschiedenen Serien sehen. Amy Lippens dazu: »Wir versuchen, immer frische Gesichter dabei zu haben und uns von anderen zu unterscheiden – sowohl, was das Aussehen angeht als auch die Stimmen.«
Wonach wählen sie die Darsteller also aus? Der Schauspieler muss glaubwürdig sein, egal, ob als Arzt, Patient oder Air-Force-Pilot. Er muss unter Umständen in der Lage sein, »alveoläres Rhabdomyosarkom«
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