Dr. House
Eindringlinge zu bekämpfen, die es nicht gibt.
Bei einer Differenzialdiagnose arbeiten die Ärzte mögliche Ursachen für die von den Patienten gezeigten Symptome heraus und schließen sie dann nach und nach aus, bis sie zu der Diagnose kommen, die am weitesten mit den Symptomen übereinstimmt. Die Differenzialdiagnose wird oft im Besprechungsraum vor House’ Büro abgehalten. Sie kommt in fast jeder Folge vor. Wenn sich eine Diagnose herauskristallisiert, behandelt House meist lieber als zu testen. In den 45 TV-Minuten ist nicht viel Zeit für Laboruntersuchungen. »Uns steht eine Reihe dramatischer Mittel zur Verfügung, um die Gesichte voranzutreiben«, erklärt David Foster. Gibt es eine Theorie, folgt rasch die Behandlung. »Entweder geht es dem Patienten dadurch besser oder sie ruft ein neues Symptom hervor.«
Das ist nicht allzu weit entfernt von unserer eigenen Erfahrung mit Ärzten, nur geht es hier um mehr. »Das Ausprobieren ist ein wesentlicher Bestandteil der diagnostischen Medizin. Damit sind natürlich größere Risiken verbunden. Oft machen wir es so, dass House sagt, zu behandeln gehe schneller: ›Ich könnte drei Tests machen, um meine Diagnose zu bestätigen, oder einfach behandeln.‹ Das ist alles etwas fragwürdig. Oft irren wir uns, aber wir sind selten so fahrlässig, dass jemand wegen unseres Irrtums zu Schaden kommt.«
Der Prozess ist entscheidend. »House’ Antworten dürfen nie aus der Luft gegriffen sein. Wichtig ist, dass er das Puzzle Stück für Stück zusammensetzt.« Wenn House erraten würde, was nicht stimmt, ohne bei der Differenzialdiagnose Alternativen auszuschließen, wehte in der Serie eher Ein Hauch von Himmel .
In diesem Fall hat ein Autor eine Krankheit ausgegraben und dazu eine Geschichte erfunden. Manchmal haben die Autoren auch bestimmte Charaktereigenschaften im Kopf, die sie gerne beleuchten würden und überlegen sich eine Situation, die das ermöglicht. Die beiden Executive Producers Russel Friend und Garrett Lerner, die auch ein Autorengespann bilden, gingen für die Geschichte der Folge »Erster Kontakt« von dem berühmten Bild des Fötus aus, der den Finger eines Chirurgen umklammert. Der Arzt, an den sie dachten, war natürlich House. Für einen kurzen Moment scheint House zärtliche Anwandlungen zu haben, als der Fötus seinen Finger festhält, aber natürlich zerstört er die emotionale Stimmung im Raum mit einem Kommentar: »Sorry, ich hatte vergessen, den Alien zu markieren.«
Als er »Selig sind die geistig Armen« schrieb, suchte David Hoselton nach etwas, das »das Hirn effektiv verlangsamt«. Er hätte Alkohol nehmen können, aber das wäre etwas zu langweilig gewesen für Dr. House . Hustensirup war da die ideale Lösung: ein einfaches Hausmittel, das jeder in seinem Medizinschränkchen hat, aber auch – und das ist eine weniger bekannte Tatsache – eine der Hauptquellen von Medikamentenmissbrauch. Die Gefahr, die von alltäglichen Dingen ausgeht, eignet sich gut für eine aufrüttelnde Geschichte.
David Foster las für »Wie eine Nadel im Heuhaufen« im New England Journal of Medicine über all die Probleme, die das Schlucken eines Zahnstocherbehälters verursachen kann. Es passte perfekt. »Ich habe ein wenig nachgeforscht: Das passiert recht häufig. Kaum zu glauben, aber wahr. Ich fand, dass es eine gute Idee für unsere Sendung war und sich für eine Romeo-und-Julia-Geschichte mit dem Zahnstocher als zentralem Element eignete.« Foster schrieb darüber, wie House bei einem Mann Diabetes diagnostiziert, nur weil er unbehaarte Hände hat, seine Schuhe zu eng geschnürt sind und er Doughnut-Krümel auf dem Hemd hat (»Leben wider Willen«). Im ersten Ent-wurf
dieser Szene stellte House die Diagnose mit konventionelleren Mitteln als dem reinen Betrachten. David Foster erzählt, David Shore habe ihn gebeten, House solle die Diagnose auf ungewöhnlichere Weise stellen. Foster dachte zuerst, das wäre unmöglich, aber dann überlegte er sich Indizien, die House weiterhelfen konnten.
Mit Liebe zum Detail, 1: Labormaterial.
Den Autoren ist klar, dass es Menschen gibt, die tatsächlich an den Krankheiten leiden, die bei Dr. House als dramatische Mittel dienen. Diese Leute sind manchmal froh, dass ihre Krankheit überhaupt erwähnt und in das Zentrum der Aufmerksamkeit gerückt wird, besonders, wenn es sich um ein eher unbekanntes Leiden handelt. Bei einer bekannteren Krankheit kann es helfen, über den eigenen Fall zu sprechen. Wenn
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