Dr. med. Erika Werner
Staatsanwaltes. »Sagte ich es nicht? Es ist völlig sinnlos, darüber auch nur zu sprechen. Wenn ich nun den Antrag auf Wiederaufnahme stellen würde mit der Begründung, der wirkliche Täter sei Professor Bornholm –«
»Sie fliegen aus der Staatsanwaltschaft hinaus. Das kann ich ihnen ohne Prophetismus voraussagen! Das ist absurd!«
»Aber es ist die Wahrheit!«
»Beweise!« schnaufte der Erste Staatsanwalt.
»Ich habe sie nicht! Nicht greifbar, nicht verbrieft … ich habe zwei interne Geständnisse, die mir aber weggeschworen werden.«
»Wer hat gestanden?«
»Professor Bornholm und Professor Rahtenau …«
»Der auch?« Der Erste Staatsanwalt spürte, wie er zu schwitzen begann. »Was haben sie gestanden?«
»Es wäre blödsinnig von mir, Ihnen das zu erzählen! Es würde mir keiner glauben! Jeder – auch Sie – würde zu mir sagen: Beweise! Erzählen kann jeder, das verrückteste Zeug – aber die Wahrheit nachweisen … Ich kann es nicht, weil ich ganz allein bin und weil ich wirklich der einzige bin, der sie weiß! Bis auf die unschuldig verurteilte Ärztin … aber ihr glaubt sowieso keiner, sie muß ja beweisen, daß sie unschuldig ist! Und darum bin ich hier, Herr Staatsanwalt … um von Ihnen einen Rat zu hören: Was soll ich tun?«
»Nichts!«
»Das ist mehr als wenig.«
»Oder in der Stille arbeiten. Die Beweise sammeln. Ich könnte ja sagen: Gut, die Staatsanwaltschaft schaltet sich ein, sie sammelt mit. Aber das kann ich nicht. Ich kann auf eine solche vage Verdächtigung hin nicht zwei prominente Herren verhören und überwachen lassen! Wie soll ich das begründen? Der Generalstaatsanwalt hielte mich für verrückt! Und noch etwas … Da es Ihnen und mir nicht möglich sein wird, Beweise einer Schuld Professor Bornholms zu bringen, kann man den Spieß umdrehen, und ich müßte auf eine Anzeige Bornholms hin Sie wegen Verleumdung anklagen. Und diese Anzeige wäre dann sogar beweiskräftig! Denn Sie hängen – ohne es beweisen zu können – einem berühmten Mann ein schweres Verbrechen an! Es ist ein Teufelskreis, lieber Plattner … springen Sie schnell hinaus, ehe Sie sich darin festrennen!«
Nach einer Stunde fuhr Dr. Plattner nach Hause. Seine letzte Hürde hatte er angesprungen und war wieder gestolpert. Gründlich sogar. Er hatte auf dem Weg mitbekommen, daß der Erste Staatsanwalt ohne schlüssige Beweise keinerlei Ermittlungen aufnehmen würde.
Der berühmte Name war der beste Schutz Bornholms. Ein Name, den Erika Werner geschaffen hatte, indem sie für ihn unschuldig ins Zuchthaus ging.
»Zum Kotzen ist's!« sagte Dr. Plattner laut.
Einen letzten Weg hatte sich Dr. Plattner noch aufgespart. Nicht zu Erika Werner … das hatte noch immer Zeit.
Am nächsten Abend besuchte er Bruno Herwarth.
Der Architekt saß in seinem Büro und zeichnete. Dr. Plattner setzte sich dem großen Reißbrett gegenüber und schielte zu der Zeichnung hinüber.
»Schöner Kasten!« sagte er. »Bungalow-Villa in Winkelform. Mit Swimming-pool! Muß 'n reicher Krauter sein, der das bestellt.«
»Warum?« Bruno Herwarth legte den spitzen Bleistift zur Seite und strich sich über die müden, angestrengten, rotumränderten Augen. Er sah immer aus, als habe er vor kurzem geweint. »Mit einem guten Steuerberater kann sich so 'n Ding jeder dritte Wirtschaftswunderdeutsche leisten.«
»Ich nicht. Ich bin Rechtsanwalt. Akademiker.«
»Allerdings, das ist faul! Man müßte Gemüsegroßhändler sein oder Käseimporteur oder Schraubenfabrikant …«
Sie lachten sich an, der junge, forsche Anwalt und der müde, vom Leben zu Boden getretene, alte Architekt. Und sie fanden sich gleich sympathisch. Warum, das wußten sie nicht.
»Soll ich Ihr Büro umbauen?« fragte Bruno Herwarth.
»Nein, mein Leben!«
Bruno Herwarth verlor das Lächeln. Kritisch betrachtete er den Besucher. Nein, er war nicht verrückt. Er war ein junger, fröhlicher Mann mit blauen, offenen Augen und einem runden Kopf mit Bürstenhaarschnitt.
»Das kann unter Umständen viel Eisenträger kosten!« sagte er langsam.
»Bei mir nicht. Ich brauche nur billigstes Material. Papier, Logik, Geist, Nachdenken, Erinnern … Sie sehen, Massenware! Ich bin der neue Anwalt der Ärztin Doktor Erika Werner.«
»Der neue …« Bruno Herwarth sprang auf. Er schob das Reißbrett zur Seite. »Was soll das heißen?«
»Ich weiß, daß Erika Werner unschuldig ist!«
»Das weiß ich auch! Aber keiner glaubt es mir.«
»Und Sie kennen den Täter?!« rief
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