Dr. Poptlok Luktor und das Tor des Lichts (German Edition)
genauere Vorstellung von ihm haben wirst. Komm, lass den Kopf nicht hängen! Das kannst du schon noch abwarten.“
„ Ja, du machst mir ja zumindest Hoffnung“, seufzte Nymus.
„ Rodubert hat mir eingeschärft, dafür zu sorgen, dass du den neuen Zauber 'Gedankenbotschaft' lernst. Hast du dich bereits damit beschäftigt?“
„ Ja, gestern schon. Aber ich hab' ja niemanden, mit dem ich üben kann. Und überhaupt ist er bei mir ganz sinnlos, weil ich ihn gar nicht anwenden kann. Meine Großmutter und meine Mutter sind ja keine Hexen“, entgegnete Nymus. „Ach, du glaubst, ich soll den Zauber lernen, damit ich mit meinem Vater reden kann?“
Lacrima wiegte ihren Kopf. „Daran hat Rodubert vermutlich nicht gedacht. Denn dein Vater müsste den Zauber auch beherrschen, und das ist nicht wahrscheinlich. Nein, es geht darum, dass du mit deinem künfigen Paten diese Möglichkeit zum Gedankenaustausch nutzen kannst.“
„Dann habe ich ja noch lange Zeit!“, rief Nymus. „Herzelind hat was von ein paar Wochen gesagt.“
„ Täusch dich da mal nicht!“, widersprach Lacrima. „Es gibt bereits drei, die sich das Patenamt vorstellen können.“
Nymus starrte sie mit offenem Mund an. „Wer?“
„Darüber darf ich mit dir erst nach der Beerdigung reden, falls das dann überhaupt noch nötig ist“, sagte Lacrima.
„ Wer entscheidet, welcher der drei es wird?“, wollte Nymus wissen.
„ In erster Linie du. Denn du musst ihm vertrauen können. Natürlich werden Rodubert und Herzelind in Vertretung des Ältestenrates auch mitentscheiden, denn die Person muss zuverlässig sein, was zum Glück auf alle drei zutrifft“, erklärte ihm Lacrima.
In dieser Nacht schlief Nymus abermals sehr unruhig. Die Trauer über Großvaters Tod mischte sich mit der Sehnsucht nach dem unbekannten Vater. Er befühlte seinen Zauberumhang, den er wieder über die Bettdecke gebreitet hatte, und stellte sich vor, wie sein Vater als Junge wohl ausgesehen hatte. Bestimmt hatte der dieselben grauen Augen mit den auffallend dunklen Augenbrauen wie er selbst, denn Nymus kannte keinen in der Familie, der solche Augen gehabt hätte. Die musste er also vom Vater geerbt haben. Über derartige Gedanken schwebte er in einen Traum hinüber, der an der Stelle weiterzuführen schien, an dem der Traum von heute Morgen aufgehört hatte:
Nymus hatte sich in ein Mäuschen verwandelt. Er wunderte sich darüber, weil er das eigentlich gar nicht konnte. Jedenfalls entwischte er den grinsenden Leuten am Tor und hetzte auf ein großes Gebäude zu, dessen Portal geöffnet war. Auch der Mann, der fröstelnd in der Mitte gestanden war, eilte in das Bauwerk. In der Mitte eines großen quadratischen Saals, dessen Stuhlreihen in mehreren Etagen nach oben verliefen – ähnlich wie in einem Theater –, lagen acht lange, in rote Tücher gehüllte Gegenstände um einen mächtigen Stuhl, der eigentlich schon mehr ein Thron aus schwarzem, poliertem Holz war. Die Samtauflage zeigte dasselbe Blutrot wie die Tücher. Ein breitgebauter, etwas dicklicher Mann in einem schwarzen Mantel schickte sich an, den Platz darauf einzunehmen. Auf einmal erkannte Nymus, dass auch die Plätze auf den Stühlen rundum belegt waren. Überall saßen Menschen in schwarzen Mänteln oder Umhängen und starrten auf den hereingekommenen, fröstelnden Mann, der zögernd in die Mitte trat und einen Hustenanfall unterdrückte. Jetzt konnte Nymus das Gesicht dessen sehen, der auf dem Thron saß: Die grauen, struppigen Haare waren kurz geschnitten, so dass sie standen und seine tief gefurchte Stirn freigaben. An den Schläfen richteten sich die dichten Augenbrauen weit nach oben. Die Geierschnabelnase zeigte auf einen kleinen Mund, unter dem ein breites, eckiges Kinn, das sauber rasiert war, das Gesicht kantig erscheinen ließ.
Streng musterte er den Eingetretenen. „Leg Rechenschaft ab!“
Der andere verbeugte sich. Dann straffte er seinen Körper und begann: „Die beiden standen unter einem besonderen Schutz. Wir hatten keine Chance. Unsere ausgesandten Flüche sind zu uns zurückgekehrt. Ich habe das sehr schnell gemerkt und habe aufgehört zu kämpfen. Die anderen acht Kameraden wollten das nicht einsehen. Sie haben es mit ihrem Leben bezahlt. Es tut mir leid, werter Oberster, nichts Besseres berichten zu können.“
„ Und du hast also überlebt, als einziger!“ Der Tonfall des Obersten klang drohend, zumal er einzelne Worte stark akzentuierte.
„ Ich habe keinen Sinn darin gesehen,
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