Dr. Poptlok Luktor und das Tor des Lichts (German Edition)
auch mein Leben zu opfern.“
„ Aber du hast in unserem Namen die beiden Flüche zurückgenommen. Mit welchem Recht?“, donnerte der Oberste.
„ Ich glaubte, sie seien eine persönliche Sache Xekons gewesen, sozusagen ein persönlicher Racheakt an der Familie. Nachdem er gefallen war, sah ich keinen Anlass mehr, die Flüche um jeden Preis aufrecht zu erhalten“, war die Antwort des Berichterstatters.
„ Der Preis wäre dein Leben gewesen.“
Der andere zuckte mit den Schultern. „Möglich. Ich fand es wichtiger, die acht Leichen hierher zu transportieren.“ Er wies mit der Hand auf die acht länglichen Gegenstände am Boden.
„So so! Das hast du wichtiger gefunden.“ Der Oberste überlegte eine Weile. Dann verzog er seine schmalen Lippen zu einem fiesen Grinsen. „Hör meine Entscheidung: Dein Verhalten entspricht nicht dem, was wir von Schwarzmagiern erwarten. Dafür wirst du folgendermaßen bestraft: Als Stellvertreter Xekons hättest du jetzt, nach dessen Tod, sein Amt übernehmen können. Ich werde es dir nicht geben. Du wirst außerdem aus dem Wächterrat ausgeschlossen. Und deine sonstige Arbeit wird bis auf Weiteres ruhen. Stattdessen kannst du dich mit dem Besen bewaffnen und für Sauberkeit und Ordnung im Hof sorgen. Das ist der erste Teil deiner Strafe. Den zweiten werde ich mir noch überlegen.“
Der Berichterstatter stand einen Moment starr. Dann verneigte er sich und verließ hoch erhobenen Hauptes den Raum. Nymus erschrak, als er dessen Gesicht endlich sah: Der Mann hatte große, dunkelgraue Augen, über die sich, wie weit ausgebreitete Vogelflügel, markante, schwarze Augenbrauen schwangen!
Schweißgebadet erwachte Nymus. Er rannte ans Fenster und riss es auf. Luft! Er brauchte Luft! Lange stand er da und starrte in die schwarze Nacht hinaus. Kein Mond, kein blinkender Stern, die tröstendes Licht in das Dunkel hineingestrahlt hätten. Nur die fahlen Straßenlaternen.
Manche Menschen hielten Träume für „Schäume“, also für dummes Zeug, das man nicht weiter zu beachten brauchte. Vielleicht hatte er wirklich nur die Informationen, die er über Lacrima, Poptlok und dessen Kampf gegen die Schwarzmagier hatte, in einer Nachtmahr verarbeitet und mit seiner Furcht vor den Schwarzmagiern und mit seiner Sehnsucht nach seinem Vater gemischt. Aber dieser Traum war so intensiv! Andererseits wollte er nicht glauben, was er in dem Traum gesehen hatte: Der Mann hatte die gleichen Augen wie er selbst gehabt. Nein, es durfte nicht wahr sein, was sich da langsam, aber unaufhaltsam, wie ein zäher Lavastrom, in seine Gedanken schlich! Fort damit, fort!
Endlich merkte Nymus, wie sehr er fror. Der nasse Schlafanzug tat ein Übriges. Nymus zog ihn aus und schlüpfte zurück unter die warme Zudecke. Den Umhang, der von seinem Vater stammte, ließ er auf den Boden gleiten. Erst gegen Morgen fiel er nochmal in einen leichten Schlaf, der jedoch von immer stärker werdenden Halsschmerzen gestört wurde.
Auf der Beerdigung
Der Montag war genauso verregnet wie der Sonntag. Lacrima freute sich darüber, denn unter den schwarzen Regenschirmen hatte man noch einen zusätzlichen Schutz vor neugierigen Blicken. Sie schärfte Nymus zum wiederholten Mal ein, unter gar keinen Umständen seine Mädchenrolle aufzugeben. Nymus war so müde, dass es ihm egal war.
Lacrima hatte noch schnell seinen durchnässten Schlafanzug gewaschen und mit einem Zauber getrocknet, bevor sie Nymus geholfen hatte, seine Sachen zusammenzupacken. Sie hatte ihn besorgt gefragt, ob er schlecht geträumt habe, aber Nymus hatte nicht darüber reden wollen. Sonst hätte er wieder über die Rolle des Mannes nachdenken müssen, dessen Augen seinen eigenen glichen, und das war für ihn im Moment mehr als unerträglich.
Jetzt saßen sie in dem blauen Kombi der Familie König, der dank einem Zauberspruch von Lacrima zu einem cremeweißen, am linken Kotflügel eingedellten Fahrzeug geworden war; seine Autonummer sah zudem seltsam verschwommen aus. Regine und Nymus hatten auf den Rücksitzen Platz genommen, Lacrima vorn neben Marita König. Regines Bruder Jakob war zu einem Schulkameraden gegangen. Da Regine spät von der Schule heimgekommen war, hatte sie erst jetzt, im Auto, Zeit, Nymus die Haare schön mädchenhaft zu frisieren.
„ Das mit deinem Wirbel dahinten bekomme ich heute nicht recht hin. Der lässt sich diesmal gar nicht überdecken“, stellte Regine unzufrieden fest.
„ Lass ihn doch! Das macht doch nichts!“,
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