Dr. Poptlok Luktor und das Tor des Lichts (German Edition)
nutz die Bibliothek! In ihr stehen so viele wundervolle Werke, nicht nur schwarzmagisches Zeug. Besonders die alten, verstaubten Schmöker, die beim Anfassen fast auseinanderfallen, enthalten wichtige Zauber des Schützens, Bergens und Heilens. Bevor ich gegangen bin, habe ich gepaukt wie noch nie. Sowie ich frei war und in Sicherheit, habe ich versucht, alles aufzuschreiben.“
Tarmak wollte nun endlich wissen, ob die Zettel, die er in den Büchern gefunden hatte, tatsächlich eine Botschaft an ihn waren. Wolfhard bestätigte das.
„Ich war ein bisschen egoistisch“, meinte er. „Sie waren erst sieben Jahre nach meinem vermeintlichen Tod lesbar. Du musst nämlich wissen, dass du dich sieben Jahre vor den Schwarzmagiern verbergen musst. Finden sie dich vorher, haben sie die Macht, dich zurückzuholen. Und ich wollte natürlich nicht, dass jemand vorzeitig auf mein Geheimnis stößt und womöglich zur Unzeit alles auffliegt.“
„ Sieben Jahre?“, stöhnte Tarmak. „Wo kann man sich sieben Jahre verbergen?“
„ Sobald du frei bist, reden wir darüber. Du könntest sonst versucht sein, bereits jetzt Dinge zu tun, die verraten, was du vorhast“, kam die Antwort. „Ich habe übrigens – leider erst nach meinen sieben Jahren Schutzzeit – einen Zauber gefunden, mit dem sich, bei einiger Bearbeitung, diese Zeit wahrscheinlich verkürzen lässt.“
Tarmak spielte in der Folgezeit den Kränklichen. Da er einen ordentlichen Husten bekommen hatte, nahm man ihm das auch ab. Er aß wenig, zumal Wolfhard ihm gesagt hatte, dass man durch Fasten leichter mit dem Zauber umgehen könne, da der den ganzen Menschen erfordere. Außerdem wollte er noch dünner werden, als er ohnehin schon war. Seine Todesursache sollte Nahrungsmangel sein. Das schien ihm für sich am besten zu passen. Denn er hatte oft keinen Appetit und war auch schon wegen Magenschmerzen bei einem der beiden schwarzmagischen Ärzte gewesen. Wenn er den Hof kehrte, hustete er immer wie ein Schwerkranker. Schließlich schickte ihn einer aus der Führungs mannschaft zu einem der Ärzte, der ihn krankschrieb. Jetzt hatte Tarmak genug Zeit, in der Bibliothek zu lesen, zu arbeiten, zu lernen und zu pauken. Das uralte Werk, dessen Signatur Wolfhard ihm noch an demselben Tag, an dem sie sich miteinander verbunden hatten, mitgeteilt hatte, hatte er rasch gefunden und es in einen anderen, schon vorbereiteten Einband mit einem anderen Titel gehüllt, so dass man nicht auf den ersten Blick erkennen konnte, womit er sich beschäftigte. Nachdem ihm Wolfhard die Übersetzung beigebracht hatte, konnte Tarmak den Originaltext recht leicht verstehen; dennoch versicherte er sich anhand des Wörterbuchs und der Grammatik immer wieder, dass er die Textzeilen richtig deutete. Dann lernte er den alten Zauber in seinem Originalwortlaut. Als er wieder kehren und putzen musste, beherrschte er den Zauber vollständig. Jetzt musste er daran arbeiten, dem Zauber auch Inhalt zu verleihen. In jeder freien Minute übte er, ließ erst mal ein Doppel seines Daumens entstehen, dann seiner Hand. Natürlich achtete er darauf, dass ihn niemand dabei beobachtete. Die stupide Arbeit, zu der er verdonnert worden war, kam ihm nun zugute. So konnte er sich auf das viel besser konzentrieren, was im Moment für ihn wichtig war.
Als er nach Artars Beerdigung wegen Ungehorsams in den Kerker geworfen wurde, war das Tarmak gerade recht. Er glaubte, nicht mehr viel Zeit zu haben, denn die Gefahr für seinen Sohn schien immer größer zu werden. Jetzt verweigerte er die Nahrung komplett. Kerkernahrung war auch schrecklich. Die wollte er nicht zu sich nehmen. Und er arbeitete an dem Zauber, testete, ex perimentierte und hatte bereits gute Erfolge. Er stand mit Wolfhard in reger Gedankenverbindung. Der schien an Tarmaks Befreiung genauso interessiert zu sein wie Tarmak selbst.
Da er ständig an seinen Sohn dachte – denn für den würde sie eine Rettung vor den Nachstellungen der Schwarzmagier bedeuten –, drängte sich ihm plötzlich der verrückte Wunsch auf, nachdem er wusste, wie der aussah, ihn mit der Gedankenbotschaft zu rufen. Er war so erschüttert und voll Freude zugleich, dass der ihm zuvorkam. Nie im Leben hatte er erwartet, dass die Verbindung klappte, geschweige denn dass sein Sohn den ersten Schritt tun würde. Umso größer war die Enttäuschung, dass Nymus den Kontakt sofort wieder abbrach. Aber er hatte ihn verstanden. Es musste für einen rechtschaffenen Magier schrecklich sein
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