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Dr. Sex

Dr. Sex

Titel: Dr. Sex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T. C. Boyle
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sie ihmschreiben können oder anrufen und ihm sagen, er soll das lassen. Mit freundlichen Grüsen Mrs. Hildegard Dolenz
    Sehr geehrter Herr Professor, vor zwölf Jahren habe ich Martha, die Frau meines Lebens, kennengelernt und sie auf der Stelle geheiratet. Sie ist eineunvergleichliche Frau,eine gute Köchin und unseren sechs Söhnen eine gute Mutter, usw.,und ich bin sehr zufrieden, bis auf die Tatsache, daß sie anehelichenBeziehungen nicht mehr interessiert ist und ich nicht weiß, warum. Ist das für eine Frau ihres Alters (38) natürlich? Und wenn es so ist, können Sie mir einen Rat geben, was ich dagegen tun kann ? Oder solte ich anderswo Abhilfe suchen ? Ich habe nämlich eine Witwe kennengelernt, die 54 ist und deutlich mehr Interessean geschlechtlichen Beziehungen zeigt als meineFrau.Mit freund- lichen Grüßen, Stephen Hawley, Long Beach Island, New Jersey
    Lieber Dr. Kinsey, können Sie mir sagen, warum unsere Soldaten, nachdem sie Frankreich befreit und die Nazis besiegt haben, so viele Monate da drüben bleiben mußten? Weil mein Mann,mit dem ich siebzehn Jahre verheiratet bin, hat mir nicht einmal geschrieben und ist vor zwei Wochen auf Urlaub gekommen und hat mir gesagt, daß er aus dem Haus, für das wir so geschuftet haben, auszieht, wegen irgendeiner Ex-Nazi-Schnepfe (entschuldigen Sie den Ausdruck), die sich einen einsamen Soldaten in der Fremde gekrallt hat. Ich liebe ihn. Ich will ihnzurück. Aber er sagt,er liebt sie.Danke undalles Gute. Mrs. Thomas Tuttle, Yuma, Arizona
    Lieber Doktor, ich bin ein junges Mädchen und spiele gern an mir herum, auch mit zwei anderen Mädchen aus meiner Klasse, und ich finde nicht,daß das etwas Schlimmes ist. Was meinenSie? Anonym aus Chicago Lieber Dr. Kinsey, mein Vater war mein erster Mann und er hatte einen Bruder den ich nie ausstehen konnte und der war mein zweiter. Ich bin ein Mulatenmädchen weil mein Vater ist ein Weißer und meine Mutter aus Trinnidat (schwarz) und mein Ex-Mann Horace will das ichaufn Strichgeh und ich liebe ihn immer noch aber mein Freund Naaman sagt das er mich dan umbringt und ich weiß nicht was ich tun soll Können sie mir einen Rat geben? May Trotz all des Drucks, der auf ihm lastete, beantwortete Prok jeden Brief persönlich und manchmal sehr ausführlich, doch angesichts dieses beständigen Stroms von Dummheit und Unglück stumpfte auch er mit der Zeit ab und verwies die Absender entweder auf die entsprechenden Kapitel im Band über das sexuelle Verhalten des Mannes oder riet ihnen, sich um professionelle Hilfe zu bemühen. (Zu meinem Bedauern muß ich Ihnen jedoch mitteilen, daß wir nicht therapeutisch arbeiten, und obgleich wir mit Interesse von Ihrem Problem gelesen haben, können wir Ihnen nur den Rat geben, sich an einen Fachmann zu wenden.) Dennoch – allein der Umfang der Korrespondenz, die Reisen, die Interviews, der Wunsch, mit dem Band über das sexuelle Verhalten der Frau voranzukommen, das alles forderte seinen Preis.
    Etwa drei Jahre zuvor, im Frühjahr 1945, hatte Prok den ersten Zusammenbruch erlitten, nach einer hektischen Serie von Vorträgen in der Menninger Clinic und anschließend bei einer Konferenz führender Armeeoffiziere, bei denen er sich ungeheuer ins Zeug gelegt hatte, um sie davon zu überzeugen, daß es so etwas wie abartiges sexuelles Verhalten gar nicht gab (das galt besonders für Homosexualität, das alte Schreckgespenst der Krieger), und selbst wenn es das gäbe, würde es die militärische Disziplin nicht untergraben. Man kann sich vorstellen, wie seine Botschaft bei diesen stockkonservativen Offizieren und schmallippigen Pentagon-Bürokraten ankam und wieviel Energie er dabei verbrauchte. Ich holte ihn in Indianapolis vom Bahnhof ab und erinnere mich an die Blässe, die sich sogar über die stumpfen Iriden seiner Augen gelegt hatte, an seine zusammengesunkene Haltung, die tonlose Stimme. »Bloß eine Erkältung«, sagte er, aber leider war es nicht so. Es war ein vergrößertes, arhythmisch schlagendes Herz, eine Folge des rheumatischen Fiebers in seiner Kindheit, und dies war es auch, woran er später sterben sollte, obgleich sich das damals keiner von uns vorstellen konnte – andere Leute mochten Herzprobleme haben und sterben, aber Prok doch nicht. Prok war ein Fels in der Brandung. Er war unermüdlich. Er war unser Anführer, unser Mentor, was sollten wir ohne ihn anfangen? Wir konnten es uns nicht einmal vorstellen.
    Der Arzt bezeichnete es als nervöse Erschöpfung und verordnete

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