Dr. Sex
lassen? Jetzt bin ich schon mal da – könnten Sie nicht eine Ausnahme machen, nur dieses eine Mal?«
Ich war drauf und dran aufzustehen – warum sollte sich Prok, der ohnehin schon so viel auf den Schultern trug, auch noch mit solchen Leuten herumschlagen? Ich hätte den Mann zur Tür hinausschieben können, ich hätte ihn zur Not auch in der Mitte durchbrechen können, aber Prok war der Chef, wie immer, und er war unnachgiebig wie immer.
»Aber wir beide wissen doch, daß das nicht fair wäre, meinen Sie nicht auch?« sagte er. Ich konnte sein Gesicht nicht sehen, aber ich konnte es mir vorstellen. Er überragte den kleinen braunen Mann, er hatte alles unter Kontrolle, und zwar subtil, ganz subtil – der stählerne Blick, die Maske der Indifferenz. »Aber ich verstehe, was Sie meinen. Und Sie haben ja recht. Da Sie nun schon mal hier sind, können wir Ihre Sexgeschichte ebensogut jetzt gleich aufzeichnen – dann ist das, wenn Sie das nächste Mal kommen, bereits erledigt.« Prok wandte sich zu mir. Mrs. Matthews fuhr fort zu schreiben, Corcoran versuchte, ein Grinsen zu unterdrücken, und Rutledge rutschte auf seinem Stuhl hin und her. »Milk, würdest du das übernehmen?«
Und so geschah es. Prok ließ die Reporter in zwei Wellen kommen, zuerst die der Zeitschriften, im August, dann die der Zeitungen, im September, noch während er die letzten Korrekturen am Manuskript vornahm. Wir stellten einen Konferenztisch in einen Raum auf der anderen Seite des Korridors, aus dem wir einen von Proks Kollegen vom Institut für Zoologie vertrieben (gegen seinen Protest, aber mit der schriftlichen Erlaubnis von President Wells), und Prok schob die Reporter hinein wie einen Haufen Sportler in den Teambus. Zunächst hielt er ihnen einen Vortrag über das, was wir zum Segen der Menschheit herausgefunden hatten, sodann führte er sie durch die Räumlichkeiten, wobei sie Gelegenheit hatten, mit uns, seinen hervorragenden und peniblen Mitarbeitern, zu sprechen, und appellierte schließlich an sie, uns ihre Sexgeschichten zu geben, nicht nur als Beitrag zu unserem Projekt, sondern auch, um sich ein Bild von unseren Methoden zu machen. Mehr als die Hälfte folgte diesem Appell, und wir waren recht beschäftigt und zeichneten in aller Eile ihre Geschichten auf, während ihre Kollegen, in der Hoffnung auf ein bißchen Lokalkolorit, sich in der Stadt umsahen. Sie können sich vorstellen, welch ein Gedränge in den Bars und Kneipen herrschte.
Bevor sie wieder abreisten, überreichte Prok jedem von ihnen ein Exemplar der Druckfahnen und ließ sie – hier offenbarte sich sein Genie – einen aus dreizehn Paragraphen bestehenden Vertrag unterschreiben, in dem sie sich verpflichteten, ihren Bericht oder irgendwelche Statistiken frühestens in der Dezembernummer ihrer jeweiligen Presseorgane zu veröffentlichen und uns alle Artikel vor Erscheinen vorzulegen, damit wir sie auf Fehler und Irrtümer durchsehen konnten. Das diente natürlich dem Zweck, etwaige negative Kritik zu dämpfen und zugleich die Presse für unsere Zwecke einzuspannen. Es gab eine Flut hymnischer Artikel, und sie erschienen allesamt in jenem entscheidenden Zeitraum vor dem Erstverkaufstag des Buchs. Wir ertrugen die sensationslüsternen Schlagzeilen – daran war eben nichts zu ändern –, aber alles in allem bewirkten diese Artikel mehr, als wir erhofft hatten. Mit einem Mal hörte uns das ganze Land, die ganze Welt.
Der Rest ist Geschichte.
Alles gut und schön. Wir waren berühmt – oder jedenfalls Prok war es –, aber während wir zuvor relativ unbeachtet hatten arbei- ten können, taten wir nun alles im Rampenlicht der Öffentlichkeit. Und während Prok früher Entspannung in der Arbeit gefunden hatte, bei der Gartenarbeit, beim Gallensammeln, bei den mäandernden Exkursionen auf der Suche nach Geschichten und taxonomischen Ausnahmen, wurde er jetzt von seinem eigenen Erfolg getrieben und manipuliert und in hundert verschiedene Richtungen gezerrt. Mit einem Mal gab es Scharen von oft prominenten Besuchern, er wurde um Vorträge gebeten und ständig interviewt, und es kamen Briefe, Tausende aus aller Welt, einer herzzerreißender als der andere. Prok war jetzt ein Guru, und Gurus hatten von morgens bis abends an ihrem Schreibtisch zu sitzen und für das Heil ihrer Schäfchen zu sorgen.
Lieber Dr. Kinsey, mein Mann willim Bett unnatürlicheSachen mit mir machen wie zum Beispiel michda unten küssen. Aber ich finde das nicht schön undsündigund ich hoffe das
Weitere Kostenlose Bücher